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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Viertes Buch. Geschichte der Teutschen
und andere Gallische Nationen, Valerius Asiaticus, Stadthalter in Belgica,
Iunius Blaesus,
Stadthalter in Gallia Lugdunensi, und endlich die
Armee, so in Britannien stund, fielen ihm zu. Bey Veranstaltung des
Zuges nach Jtalien ward beschlossen, daß Fabius Valens durch Gallien gehen,
und über die Alpes Cotias eindringen; Caecina den nächsten Weg durchs Land
der Helvetier nehmen sollte*. Unter beyden Armeen befunden sich Teutsche Trup-
pen2. Jnsonderheit werden die guten Dienste gerühmet, so die Tungren, und
Batavier geleistet3.

XL. Die Armeen funden einen gantz andern Feind, als wieder den sie
Vitellii Ar-
mee schläget
Othonem.
ausgezogen. Denn, so bald Galba die Nachricht erhalten, daß die Truppen am
Rheine schwührig wären, hatte er, in Hoffnung seinen Thron zu befestigen, Pi-
sonem Licinium,
an Sohnes statt, angenommen. M. Saluius Otho aber,
der so viel zu seiner Erhebung beygetragen, daß er dachte, Galba wäre ihm diese
Ehre zur Erkentlichkeit schuldig gewesen, erregete solchen Tumult, daß er zum
+ 15. Ian. A.
CHR.
69.
Käiser ausgeruffen, Galba hingegen, und Piso, an eben + demselbigen Tage umge-
bracht wurden. Er zog nunmehr des Vitellii Armeen entgegen, und es kam bey
Bedriac1 zum Haupt-Treffen, da Othonis Heer aufs Haupt geschlagen
ward, worauf er sich aus Verzweiffelung selber das Leben nahm2. Vitellius
war indessen selbst von Cöln mit der übrigen Armee aufgebrochen, und erfuhr un-
terwegens, zu Tull, den glücklichen Fortgang seiner Waffen. Zu Lion fand er
die Häupter von beyden Parteyen, und theilete daselbst in öffentlichem Gepränge
seinem Sohne, den Beynamen, Germanicus, mit3. Als er nach Jtalien ge-
kommen, theilete er die Armee, schickete unter andern auch die Cohortes Batauo-
rum,
und die Hülffs-Völcker, so in Gallien waren aufgebracht worden, wieder
über die Alpen zurücke4; behielte aber einen Theil von Teutschen bey sich. Er
nahm seinen Weg über Cremona, und besuchte die Ebene bey Bedriac, von da
er den Dolch, damit sich Otto umgebracht, nach Cöln in eben den Martis-Tem-
pel, zum Andencken schickete5. Er langete zu Rom im Julio an, da denn die Teut-
schen, in ihren schrecklichen Thier-Häuten und ungeheuern Waffen, nicht
wenig Aufsehens machten6. Vitellius aber hatte nicht allein zu der Tapfferkeit der
Teutschen, sondern auch zu ihrem Aberglauben ein grosses Vertrauen. Denn

un-
[Beginn Spaltensatz] der Römer angeführet. tacitvs L. I. c. 12. Et
Treueros quidem, ut socios, securi adierunt.
* tacitvs Hist. L. I. c. 51-70.
2 tacitvs Hist. L. I. c. 64. Addita utrique
Germanorum auxilia.
3 tacitvs Hist. L. II. c. 15. Tungrarum
cohortium praefecti, sustentata diu acie, telis obru-
untur.
idem c. 27. Cohortes Batauorum,
quas bello Neronis, a quarta decima legione digressas,
cum Britanniam peterent, audito Vitellii motu, in
ciuitate Lingonum, Fabio Valenti adiunctas, retuli-
mus, superbe agebant; ut cuiusque legionis tentoria
accessissent, coereitos a se quarta decimanos, abla-
tam Neroni Italiam, atque omnem belli fortunam in
[Spaltenumbruch] ipsorum manu sitam, iactantes.
1 §. XL. 1. Vicus inter Cremonam & Veronam.
2 Circa d. 19. April. cum 95 dies imperasset.
svetonivs in Otton. c.
11.
3 tacitvs Hist. L. II. c. 59. Perlatumque
filium suum, paludamento opertum, sinu retinens,
Germanicum appellauit, cinxitque fortunae princi-
pulis insigniis.
4 tacitvs L. II. c. 76. conf. §. XLV. n. 1.
5 svetonivs in Vitell. 10. Pugionem-
que, quo se is occiderat, in Agrippinensem coloniam
misit, Marti dedicandum.
6 tacitvs l. c. c. 88. In urbe trepidatum,
praecurrentibus passim militibus. Forum maxime

[Ende Spaltensatz]
petebant,

Viertes Buch. Geſchichte der Teutſchen
und andere Galliſche Nationen, Valerius Aſiaticus, Stadthalter in Belgica,
Iunius Blaeſus,
Stadthalter in Gallia Lugdunenſi, und endlich die
Armee, ſo in Britannien ſtund, fielen ihm zu. Bey Veranſtaltung des
Zuges nach Jtalien ward beſchloſſen, daß Fabius Valens durch Gallien gehen,
und uͤber die Alpes Cotias eindringen; Caecina den naͤchſten Weg durchs Land
der Helvetier nehmen ſollte*. Unter beyden Armeen befunden ſich Teutſche Trup-
pen2. Jnſonderheit werden die guten Dienſte geruͤhmet, ſo die Tungren, und
Batavier geleiſtet3.

XL. Die Armeen funden einen gantz andern Feind, als wieder den ſie
Vitellii Ar-
mee ſchlaͤget
Othonem.
ausgezogen. Denn, ſo bald Galba die Nachricht erhalten, daß die Truppen am
Rheine ſchwuͤhrig waͤren, hatte er, in Hoffnung ſeinen Thron zu befeſtigen, Pi-
ſonem Licinium,
an Sohnes ſtatt, angenommen. M. Saluius Otho aber,
der ſo viel zu ſeiner Erhebung beygetragen, daß er dachte, Galba waͤre ihm dieſe
Ehre zur Erkentlichkeit ſchuldig geweſen, erregete ſolchen Tumult, daß er zum
† 15. Ian. A.
CHR.
69.
Kaͤiſer ausgeruffen, Galba hingegen, und Piſo, an eben † demſelbigen Tage umge-
bracht wurden. Er zog nunmehr des Vitellii Armeen entgegen, und es kam bey
Bedriac1 zum Haupt-Treffen, da Othonis Heer aufs Haupt geſchlagen
ward, worauf er ſich aus Verzweiffelung ſelber das Leben nahm2. Vitellius
war indeſſen ſelbſt von Coͤln mit der uͤbrigen Armee aufgebrochen, und erfuhr un-
terwegens, zu Tull, den gluͤcklichen Fortgang ſeiner Waffen. Zu Lion fand er
die Haͤupter von beyden Parteyen, und theilete daſelbſt in oͤffentlichem Gepraͤnge
ſeinem Sohne, den Beynamen, Germanicus, mit3. Als er nach Jtalien ge-
kommen, theilete er die Armee, ſchickete unter andern auch die Cohortes Batauo-
rum,
und die Huͤlffs-Voͤlcker, ſo in Gallien waren aufgebracht worden, wieder
uͤber die Alpen zuruͤcke4; behielte aber einen Theil von Teutſchen bey ſich. Er
nahm ſeinen Weg uͤber Cremona, und beſuchte die Ebene bey Bedriac, von da
er den Dolch, damit ſich Otto umgebracht, nach Coͤln in eben den Martis-Tem-
pel, zum Andencken ſchickete5. Er langete zu Rom im Julio an, da denn die Teut-
ſchen, in ihren ſchrecklichen Thier-Haͤuten und ungeheuern Waffen, nicht
wenig Aufſehens machten6. Vitellius aber hatte nicht allein zu der Tapfferkeit der
Teutſchen, ſondern auch zu ihrem Aberglauben ein groſſes Vertrauen. Denn

un-
[Beginn Spaltensatz] der Roͤmer angefuͤhret. tacitvs L. I. c. 12. Et
Treueros quidem, ut ſocios, ſecuri adierunt.
* tacitvs Hiſt. L. I. c. 51-70.
2 tacitvs Hiſt. L. I. c. 64. Addita utrique
Germanorum auxilia.
3 tacitvs Hiſt. L. II. c. 15. Tungrarum
cohortium praefecti, ſuſtentata diu acie, telis obru-
untur.
idem c. 27. Cohortes Batauorum,
quas bello Neronis, a quarta decima legione digreſſas,
cum Britanniam peterent, audito Vitellii motu, in
ciuitate Lingonum, Fabio Valenti adiunctas, retuli-
mus, ſuperbe agebant; ut cuiusque legionis tentoria
acceſſiſſent, coëreitos a ſe quarta decimanos, abla-
tam Neroni Italiam, atque omnem belli fortunam in
[Spaltenumbruch] ipſorum manu ſitam, iactantes.
1 §. XL. 1. Vicus inter Cremonam & Veronam.
2 Circa d. 19. April. cum 95 dies imperaſſet.
svetonivs in Otton. c.
11.
3 tacitvs Hiſt. L. II. c. 59. Perlatumque
filium ſuum, paludamento opertum, ſinu retinens,
Germanicum appellauit, cinxitque fortunae princi-
pulis inſigniis.
4 tacitvs L. II. c. 76. conf. §. XLV. n. 1.
5 svetonivs in Vitell. 10. Pugionem-
que, quo ſe is occiderat, in Agrippinenſem coloniam
miſit, Marti dedicandum.
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[118/0152] Viertes Buch. Geſchichte der Teutſchen und andere Galliſche Nationen, Valerius Aſiaticus, Stadthalter in Belgica, Iunius Blaeſus, Stadthalter in Gallia Lugdunenſi, und endlich die Armee, ſo in Britannien ſtund, fielen ihm zu. Bey Veranſtaltung des Zuges nach Jtalien ward beſchloſſen, daß Fabius Valens durch Gallien gehen, und uͤber die Alpes Cotias eindringen; Caecina den naͤchſten Weg durchs Land der Helvetier nehmen ſollte *. Unter beyden Armeen befunden ſich Teutſche Trup- pen 2. Jnſonderheit werden die guten Dienſte geruͤhmet, ſo die Tungren, und Batavier geleiſtet 3. XL. Die Armeen funden einen gantz andern Feind, als wieder den ſie ausgezogen. Denn, ſo bald Galba die Nachricht erhalten, daß die Truppen am Rheine ſchwuͤhrig waͤren, hatte er, in Hoffnung ſeinen Thron zu befeſtigen, Pi- ſonem Licinium, an Sohnes ſtatt, angenommen. M. Saluius Otho aber, der ſo viel zu ſeiner Erhebung beygetragen, daß er dachte, Galba waͤre ihm dieſe Ehre zur Erkentlichkeit ſchuldig geweſen, erregete ſolchen Tumult, daß er zum Kaͤiſer ausgeruffen, Galba hingegen, und Piſo, an eben † demſelbigen Tage umge- bracht wurden. Er zog nunmehr des Vitellii Armeen entgegen, und es kam bey Bedriac 1 zum Haupt-Treffen, da Othonis Heer aufs Haupt geſchlagen ward, worauf er ſich aus Verzweiffelung ſelber das Leben nahm 2. Vitellius war indeſſen ſelbſt von Coͤln mit der uͤbrigen Armee aufgebrochen, und erfuhr un- terwegens, zu Tull, den gluͤcklichen Fortgang ſeiner Waffen. Zu Lion fand er die Haͤupter von beyden Parteyen, und theilete daſelbſt in oͤffentlichem Gepraͤnge ſeinem Sohne, den Beynamen, Germanicus, mit 3. Als er nach Jtalien ge- kommen, theilete er die Armee, ſchickete unter andern auch die Cohortes Batauo- rum, und die Huͤlffs-Voͤlcker, ſo in Gallien waren aufgebracht worden, wieder uͤber die Alpen zuruͤcke 4; behielte aber einen Theil von Teutſchen bey ſich. Er nahm ſeinen Weg uͤber Cremona, und beſuchte die Ebene bey Bedriac, von da er den Dolch, damit ſich Otto umgebracht, nach Coͤln in eben den Martis-Tem- pel, zum Andencken ſchickete 5. Er langete zu Rom im Julio an, da denn die Teut- ſchen, in ihren ſchrecklichen Thier-Haͤuten und ungeheuern Waffen, nicht wenig Aufſehens machten 6. Vitellius aber hatte nicht allein zu der Tapfferkeit der Teutſchen, ſondern auch zu ihrem Aberglauben ein groſſes Vertrauen. Denn un- 1 Vitellii Ar- mee ſchlaͤget Othonem. † 15. Ian. A. CHR. 69. * tacitvs Hiſt. L. I. c. 51-70. 2 tacitvs Hiſt. L. I. c. 64. Addita utrique Germanorum auxilia. 3 tacitvs Hiſt. L. II. c. 15. Tungrarum cohortium praefecti, ſuſtentata diu acie, telis obru- untur. idem c. 27. Cohortes Batauorum, quas bello Neronis, a quarta decima legione digreſſas, cum Britanniam peterent, audito Vitellii motu, in ciuitate Lingonum, Fabio Valenti adiunctas, retuli- mus, ſuperbe agebant; ut cuiusque legionis tentoria acceſſiſſent, coëreitos a ſe quarta decimanos, abla- tam Neroni Italiam, atque omnem belli fortunam in ipſorum manu ſitam, iactantes. 1 §. XL. 1. Vicus inter Cremonam & Veronam. 2 Circa d. 19. April. cum 95 dies imperaſſet. svetonivs in Otton. c. 11. 3 tacitvs Hiſt. L. II. c. 59. Perlatumque filium ſuum, paludamento opertum, ſinu retinens, Germanicum appellauit, cinxitque fortunae princi- pulis inſigniis. 4 tacitvs L. II. c. 76. conf. §. XLV. n. 1. 5 svetonivs in Vitell. 10. Pugionem- que, quo ſe is occiderat, in Agrippinenſem coloniam miſit, Marti dedicandum. 6 tacitvs l. c. c. 88. In urbe trepidatum, praecurrentibus paſſim militibus. Forum maxime petebant, 1 der Roͤmer angefuͤhret. tacitvs L. I. c. 12. Et Treueros quidem, ut ſocios, ſecuri adierunt.

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/152>, abgerufen am 22.11.2024.