Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.Zehndtes Buch. Geschichte der Teutschen, etc. erfreuen hatte. Hieraus ist entsprungen, daß die Könige in den Landes-Versammlungen sich Raths erholet: und die Bischöffe, die um diese Zeit an den Staats-Händeln grossen Theil nahmen, die erste Stimme bey solchen Zusammenkünfften erhalten. Die Verehrung, so die Teutschen vor ihre Heyd- nische Priester gehabt, machte, daß sie desto williger den Lehrern des Chri- stenthums dergleichen Vorzüge zustunden. Da sie die Städte nicht liebeten, weil sie zu denen Künsten und Hanthierungen, die in selbigen getrieben wer- den, nicht gewohnt waren, und das eroberte Land zu erhalten immer fertig zum Kriege seyn mußten; liessen sie meistens die Städte ihren alten Einwoh- nern, bestätigten auch ihre Verfassungen, und setzten nur Grafen, oder andere Beamten ein, sie in Gehorsam zu erhalten. Sie selbst blieben im Felde, und theileten das Land nach den Diensten ein, so ein ieder Besitzer davon leisten sollte. Von solcher ihrer Einrichtung entspringen die Lehen, die Verfassung des Adels, der Ritterlichen Würden, Ubungen und Spiele; welches alles von den Ge- wohnheiten der alten Römer sehr unterschieden. Sie erhielten ziemlich lange ihre Sprache, sowohl als ihre Sitten und Kleidung, und die Römer, so ihr Glück unter den Teutschen machen wollten, musten sich darzu bequemen1. Wo sie stärcker an Anzahl gewesen, als die alten Einwohner, hat auch ihre Spra- che die Oberhand behalten, wie zum Exempel die Angel-Sächsische in Bri- tannien, die Fränckische in Belgica. Jn andern Ländern aber, wo die An- zahl der alten Einwohner stärcker war, als die Uberwinder, bequemeten sich die letztern mit der Zeit zu der Landes-Sprache, mischten aber viel von der Art ihrer Mutter-Sprache, und deren Wörtern ein. Also erkennet al- trede2, daß die Sprache in Spanien durch die Teutschen, insonderheit die Gothen, in etwas, doch nicht so sehr, als nachmals durch die Saracenen, vermischet worden. Welche Bewandtniß es auch mit der Jtaliänischen und Frantzösischen Sprache hat. Mit den Gesetzen ist es fast eben so gegangen: Jn einigen Ländern sind die Teutschen alleine in Gang gekommen: in andern behielten zwar die Landsassen die Römischen, aber selbige wurden doch auch in vielen Stücken durch die Teutsche Gewohnheiten unterbrochen. Jhre Mode von Kleidung hat fast durchgehends die alte Römische verdrungen. Am meisten aber muß man sich wundern, daß ihre Kriegs-Manier für der Römischen, sowohl was die Einrichtung der Armeen, als die Arten zu kriegen und die Waffen anbetrifft, den Preiß behalten, und man die Ursprünge des heutigen Krieges-Wesen in vielen Stücken in den ältesten Kriegen der Teutschen antrifft. Register 1 [Beginn Spaltensatz]
§. XLII. 1. S. z. E. was von den Burgun- [Spaltenumbruch] dern oben §. XXII. und von den Vanda- len §. XXXV. angemercket worden. 2 altrede c. XI. p. 66.[Ende Spaltensatz]
Zehndtes Buch. Geſchichte der Teutſchen, ꝛc. erfreuen hatte. Hieraus iſt entſprungen, daß die Koͤnige in den Landes-Verſammlungen ſich Raths erholet: und die Biſchoͤffe, die um dieſe Zeit an den Staats-Haͤndeln groſſen Theil nahmen, die erſte Stimme bey ſolchen Zuſammenkuͤnfften erhalten. Die Verehrung, ſo die Teutſchen vor ihre Heyd- niſche Prieſter gehabt, machte, daß ſie deſto williger den Lehrern des Chri- ſtenthums dergleichen Vorzuͤge zuſtunden. Da ſie die Staͤdte nicht liebeten, weil ſie zu denen Kuͤnſten und Hanthierungen, die in ſelbigen getrieben wer- den, nicht gewohnt waren, und das eroberte Land zu erhalten immer fertig zum Kriege ſeyn mußten; lieſſen ſie meiſtens die Staͤdte ihren alten Einwoh- nern, beſtaͤtigten auch ihre Verfaſſungen, und ſetzten nur Grafen, oder andere Beamten ein, ſie in Gehorſam zu erhalten. Sie ſelbſt blieben im Felde, und theileten das Land nach den Dienſten ein, ſo ein ieder Beſitzer davon leiſten ſollte. Von ſolcher ihrer Einrichtung entſpringen die Lehen, die Verfaſſung des Adels, der Ritterlichen Wuͤrden, Ubungen und Spiele; welches alles von den Ge- wohnheiten der alten Roͤmer ſehr unterſchieden. Sie erhielten ziemlich lange ihre Sprache, ſowohl als ihre Sitten und Kleidung, und die Roͤmer, ſo ihr Gluͤck unter den Teutſchen machen wollten, muſten ſich darzu bequemen1. Wo ſie ſtaͤrcker an Anzahl geweſen, als die alten Einwohner, hat auch ihre Spra- che die Oberhand behalten, wie zum Exempel die Angel-Saͤchſiſche in Bri- tannien, die Fraͤnckiſche in Belgica. Jn andern Laͤndern aber, wo die An- zahl der alten Einwohner ſtaͤrcker war, als die Uberwinder, bequemeten ſich die letztern mit der Zeit zu der Landes-Sprache, miſchten aber viel von der Art ihrer Mutter-Sprache, und deren Woͤrtern ein. Alſo erkennet al- trede2, daß die Sprache in Spanien durch die Teutſchen, inſonderheit die Gothen, in etwas, doch nicht ſo ſehr, als nachmals durch die Saracenen, vermiſchet worden. Welche Bewandtniß es auch mit der Jtaliaͤniſchen und Frantzoͤſiſchen Sprache hat. Mit den Geſetzen iſt es faſt eben ſo gegangen: Jn einigen Laͤndern ſind die Teutſchen alleine in Gang gekommen: in andern behielten zwar die Landſaſſen die Roͤmiſchen, aber ſelbige wurden doch auch in vielen Stuͤcken durch die Teutſche Gewohnheiten unterbrochen. Jhre Mode von Kleidung hat faſt durchgehends die alte Roͤmiſche verdrungen. Am meiſten aber muß man ſich wundern, daß ihre Kriegs-Manier fuͤr der Roͤmiſchen, ſowohl was die Einrichtung der Armeen, als die Arten zu kriegen und die Waffen anbetrifft, den Preiß behalten, und man die Urſpruͤnge des heutigen Krieges-Weſen in vielen Stuͤcken in den aͤlteſten Kriegen der Teutſchen antrifft. Regiſter 1 [Beginn Spaltensatz]
§. XLII. 1. S. z. E. was von den Burgun- [Spaltenumbruch] dern oben §. XXII. und von den Vanda- len §. XXXV. angemercket worden. 2 altrede c. XI. p. 66.[Ende Spaltensatz]
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Zehndtes Buch. Geſchichte der Teutſchen, ꝛc.
erfreuen hatte. Hieraus iſt entſprungen, daß die Koͤnige in den Landes-
Verſammlungen ſich Raths erholet: und die Biſchoͤffe, die um dieſe Zeit an
den Staats-Haͤndeln groſſen Theil nahmen, die erſte Stimme bey ſolchen
Zuſammenkuͤnfften erhalten. Die Verehrung, ſo die Teutſchen vor ihre Heyd-
niſche Prieſter gehabt, machte, daß ſie deſto williger den Lehrern des Chri-
ſtenthums dergleichen Vorzuͤge zuſtunden. Da ſie die Staͤdte nicht liebeten,
weil ſie zu denen Kuͤnſten und Hanthierungen, die in ſelbigen getrieben wer-
den, nicht gewohnt waren, und das eroberte Land zu erhalten immer fertig
zum Kriege ſeyn mußten; lieſſen ſie meiſtens die Staͤdte ihren alten Einwoh-
nern, beſtaͤtigten auch ihre Verfaſſungen, und ſetzten nur Grafen, oder andere
Beamten ein, ſie in Gehorſam zu erhalten. Sie ſelbſt blieben im Felde, und
theileten das Land nach den Dienſten ein, ſo ein ieder Beſitzer davon leiſten ſollte.
Von ſolcher ihrer Einrichtung entſpringen die Lehen, die Verfaſſung des Adels,
der Ritterlichen Wuͤrden, Ubungen und Spiele; welches alles von den Ge-
wohnheiten der alten Roͤmer ſehr unterſchieden. Sie erhielten ziemlich lange
ihre Sprache, ſowohl als ihre Sitten und Kleidung, und die Roͤmer, ſo ihr
Gluͤck unter den Teutſchen machen wollten, muſten ſich darzu bequemen 1. Wo
ſie ſtaͤrcker an Anzahl geweſen, als die alten Einwohner, hat auch ihre Spra-
che die Oberhand behalten, wie zum Exempel die Angel-Saͤchſiſche in Bri-
tannien, die Fraͤnckiſche in Belgica. Jn andern Laͤndern aber, wo die An-
zahl der alten Einwohner ſtaͤrcker war, als die Uberwinder, bequemeten ſich
die letztern mit der Zeit zu der Landes-Sprache, miſchten aber viel von der
Art ihrer Mutter-Sprache, und deren Woͤrtern ein. Alſo erkennet al-
trede 2, daß die Sprache in Spanien durch die Teutſchen, inſonderheit
die Gothen, in etwas, doch nicht ſo ſehr, als nachmals durch die Saracenen,
vermiſchet worden. Welche Bewandtniß es auch mit der Jtaliaͤniſchen und
Frantzoͤſiſchen Sprache hat. Mit den Geſetzen iſt es faſt eben ſo gegangen:
Jn einigen Laͤndern ſind die Teutſchen alleine in Gang gekommen: in andern
behielten zwar die Landſaſſen die Roͤmiſchen, aber ſelbige wurden doch auch in
vielen Stuͤcken durch die Teutſche Gewohnheiten unterbrochen. Jhre Mode von
Kleidung hat faſt durchgehends die alte Roͤmiſche verdrungen. Am meiſten
aber muß man ſich wundern, daß ihre Kriegs-Manier fuͤr der Roͤmiſchen, ſowohl
was die Einrichtung der Armeen, als die Arten zu kriegen und die Waffen
anbetrifft, den Preiß behalten, und man die Urſpruͤnge des heutigen
Krieges-Weſen in vielen Stuͤcken in den aͤlteſten
Kriegen der Teutſchen antrifft.
Regiſter
1
§. XLII. 1. S. z. E. was von den Burgun-
dern oben §. XXII. und von den Vanda-
len §. XXXV. angemercket worden.
2 altrede c. XI. p. 66.
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