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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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bis auf QVINTILII VARI Niederlage.
Verlust gehalten haben. M. Lollius schickete einige Reuterey wieder sie aus, die
sie aber aus einem Hinterhalte überfielen, und zerstreueten. Sie verfolgeten die
Flüchtlinge biß in Lollii Haupt-Quartier, und jagten ihn selbst in die Flucht3.
Die Schande war von Seiten der Römer grösser, als der Verlust4, und beydes
dienete Augusto zum Fürwand a. 738.+ nach Gallien zu gehen. Weil er aber sei-+ L. Domitio
Aenobarbo
P. Cornelio
Scipione
Coss.

ne Gemahlin, Liviam, zu Rom ließ, hingegen die schöne Terentia, so an den
Maecenas verheyrathet war, mit ihm reisen muste, so hielten viele davor, der Krieg
diene diesem Zuge nur zum Deck-Mantel, und die Liebe habe daran den meisten
Theil. Augustus hatte in der That für Maecenatis Gemahlin, so viel Zärtlich-
keit, als Hochachtung und Vertraulichkeit er vor ihren Mann bezeigete. Maece-
nas
hingegen, liebte ebenfalls seine Gemahlin, muste aber die Eyffersucht, so ihn um
alle sein Glücke hätte bringen können, unterdrücken. Aber Livia, Augusti Gemahlin,
war nicht so gelassen, und Augustus suchte, bey aller seiner Gewalt, die übele
Nachrede bey dem Volcke so behutsam zu vermeiden, als wenn er sein Glück, erst
durch seine Aufführung, hätte machen sollen. Jm übrigen mag dieses Gerüchte
Grund gehabt haben, oder nicht; so ist einmahl diese Reise dem Staat gar vor-
theilhafft gewesen.

IX. Die Sigambren zogen sich zurücke, so bald sie von Augusti AnkunfftAugustus
macht mit
den Sigam-
bren Frieden.

höreten, und liessen um Frieden bitten, den sie auch gegen eine gewisse Anzahl Geis-
sel erhielten 1. Weil aber Augustus den Teutschen nicht trauen dorffte, und Gal-
lien selbst, über dem Geitz des Procuratoris Licinii, voll Mißvergnügen war; blieb
er dieses und das folgende Jahr daselbst, und suchte den Zustand der dasigen Pro-
vintzen besser einzurichten: mit den daselbst freyen Völckern, feste Bündnisse;
und wieder die Teutschen, so diesseit des Rheins wohneten, gute Anstalt, zu ma-
chen. Unter andern Mitteln, deren er sich zu Beruhigung des Römischen Galliens
bedienete, legete er hin und wieder Colonien darinnen an2, und Bvcherivs
muthmasset, daß so wie Trier in Gallien, + also auch das ietzige Speyer, und+ Augusta
Trevirorum.

Worms in Germanien, damahls nach Augusti Namen, Augusta Nemetum,
Augusta Vangionum,
genennet worden. Zum wenigsten kan man aus ta-
cito
gantz deutlich abnehmen, daß Augustus, wenn er sonst in Gallien gewe-

sen,
[Beginn Spaltensatz] crucem egerant. acron. ad od. Horatii
L. IV. c.
2. hat den Umstand angemercket, daß die
Sigambren zwantzig Hauptleute, so bey ihnen hätten
Geld einfordern sollen, ans Creutz gehefftet. Ob es
ein versprochener Tribut, oder eine Geld-Presserey ge-
wesen, ist ungewiß. Das letzte sollte man fast vermu-
then aus dem Character, den velleivs L. II.
c.
97. von lollio macht. Accepta in Germa-
nia clades sub legato, M. Lollio, homine in omnia, pe-
cuniae, quam recti faciendi cupidiore, & inter uiti-
orum dissimulationem, uitiosissimo. Amissaque Legi-
onis Vaquila reuocauit, ab urbe in Gallias, Caesarem.
velleivs l. c. in not. 1.
3 dio l. c. fähret also fort: Mox equitatum Ro-
manorum, contra se missum, per insidias circumucne-
[Spaltenumbruch] rant. Et a fugientibus, usque ad Lollium praese-
ctum, praeter opinionem suam pertracti, hunc quo-
que uicerant.
4 svetonivs in Aug. 23. Graues igno-
minias, cladesque duas omnino, nec alibi, quam in
Germania accepit, Lollianam, & Varianam. Sed
Lollianam maioris infamiae, quam detrimenti.
1 §. IX. 1. dio p. 535. B. Barbari enim, quum Lollium
arma parare, Augustum exercitum adducere, audi-
rent; in suam terram regressi, obsidibus datis, pa-
cem acceperunt.
2 Von dieser Zeit schreibt dio p. 537. D. Mul-
tas Augustus in Galliam, multas in Hispaniam co-
lonias, deduxit.

[Ende Spaltensatz]
3. ta-
H 3

bis auf QVINTILII VARI Niederlage.
Verluſt gehalten haben. M. Lollius ſchickete einige Reuterey wieder ſie aus, die
ſie aber aus einem Hinterhalte uͤberfielen, und zerſtreueten. Sie verfolgeten die
Fluͤchtlinge biß in Lollii Haupt-Quartier, und jagten ihn ſelbſt in die Flucht3.
Die Schande war von Seiten der Roͤmer groͤſſer, als der Verluſt4, und beydes
dienete Auguſto zum Fuͤrwand a. 738.† nach Gallien zu gehen. Weil er aber ſei-L. Domitio
Aenobarbo
P. Cornelio
Scipione
Coſſ.

ne Gemahlin, Liviam, zu Rom ließ, hingegen die ſchoͤne Terentia, ſo an den
Maecenas verheyrathet war, mit ihm reiſen muſte, ſo hielten viele davor, der Krieg
diene dieſem Zuge nur zum Deck-Mantel, und die Liebe habe daran den meiſten
Theil. Auguſtus hatte in der That fuͤr Maecenatis Gemahlin, ſo viel Zaͤrtlich-
keit, als Hochachtung und Vertraulichkeit er vor ihren Mann bezeigete. Maece-
nas
hingegen, liebte ebenfalls ſeine Gemahlin, muſte aber die Eyfferſucht, ſo ihn um
alle ſein Gluͤcke haͤtte bringen koͤñen, unterdruͤcken. Aber Livia, Auguſti Gemahlin,
war nicht ſo gelaſſen, und Auguſtus ſuchte, bey aller ſeiner Gewalt, die uͤbele
Nachrede bey dem Volcke ſo behutſam zu vermeiden, als wenn er ſein Gluͤck, erſt
durch ſeine Auffuͤhrung, haͤtte machen ſollen. Jm uͤbrigen mag dieſes Geruͤchte
Grund gehabt haben, oder nicht; ſo iſt einmahl dieſe Reiſe dem Staat gar vor-
theilhafft geweſen.

IX. Die Sigambren zogen ſich zuruͤcke, ſo bald ſie von Auguſti AnkunfftAuguſtus
macht mit
den Sigam-
bren Frieden.

hoͤreten, und lieſſen um Frieden bitten, den ſie auch gegen eine gewiſſe Anzahl Geiſ-
ſel erhielten 1. Weil aber Auguſtus den Teutſchen nicht trauen dorffte, und Gal-
lien ſelbſt, uͤber dem Geitz des Procuratoris Licinii, voll Mißvergnuͤgen war; blieb
er dieſes und das folgende Jahr daſelbſt, und ſuchte den Zuſtand der daſigen Pro-
vintzen beſſer einzurichten: mit den daſelbſt freyen Voͤlckern, feſte Buͤndniſſe;
und wieder die Teutſchen, ſo dieſſeit des Rheins wohneten, gute Anſtalt, zu ma-
chen. Unter andern Mitteln, deren er ſich zu Beruhigung des Roͤmiſchen Galliens
bedienete, legete er hin und wieder Colonien darinnen an2, und Bvcherivs
muthmaſſet, daß ſo wie Trier in Gallien, † alſo auch das ietzige Speyer, undAuguſta
Trevirorum.

Worms in Germanien, damahls nach Auguſti Namen, Auguſta Nemetum,
Auguſta Vangionum,
genennet worden. Zum wenigſten kan man aus ta-
cito
gantz deutlich abnehmen, daß Auguſtus, wenn er ſonſt in Gallien gewe-

ſen,
[Beginn Spaltensatz] crucem egerant. acron. ad od. Horatii
L. IV. c.
2. hat den Umſtand angemercket, daß die
Sigambren zwantzig Hauptleute, ſo bey ihnen haͤtten
Geld einfordern ſollen, ans Creutz gehefftet. Ob es
ein verſprochener Tribut, oder eine Geld-Preſſerey ge-
weſen, iſt ungewiß. Das letzte ſollte man faſt vermu-
then aus dem Character, den velleivs L. II.
c.
97. von lollio macht. Accepta in Germa-
nia clades ſub legato, M. Lollio, homine in omnia, pe-
cuniae, quam recti faciendi cupidiore, & inter uiti-
orum diſſimulationem, uitioſiſſimo. Amiſſaque Legi-
onis Vaquila reuocauit, ab urbe in Gallias, Caeſarem.
velleivs l. c. in not. 1.
3 dio l. c. faͤhret alſo fort: Mox equitatum Ro-
manorum, contra ſe miſſum, per inſidias circumucne-
[Spaltenumbruch] rant. Et a fugientibus, usque ad Lollium praeſe-
ctum, praeter opinionem ſuam pertracti, hunc quo-
que uicerant.
4 svetonivs in Aug. 23. Graues igno-
minias, cladesque duas omnino, nec alibi, quam in
Germania accepit, Lollianam, & Varianam. Sed
Lollianam maioris infamiae, quam detrimenti.
1 §. IX. 1. dio p. 535. B. Barbari enim, quum Lollium
arma parare, Auguſtum exercitum adducere, audi-
rent; in ſuam terram regreſſi, obſidibus datis, pa-
cem acceperunt.
2 Von dieſer Zeit ſchreibt dio p. 537. D. Mul-
tas Auguſtus in Galliam, multas in Hiſpaniam co-
lonias, deduxit.

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[61/0095] bis auf QVINTILII VARI Niederlage. Verluſt gehalten haben. M. Lollius ſchickete einige Reuterey wieder ſie aus, die ſie aber aus einem Hinterhalte uͤberfielen, und zerſtreueten. Sie verfolgeten die Fluͤchtlinge biß in Lollii Haupt-Quartier, und jagten ihn ſelbſt in die Flucht 3. Die Schande war von Seiten der Roͤmer groͤſſer, als der Verluſt 4, und beydes dienete Auguſto zum Fuͤrwand a. 738.† nach Gallien zu gehen. Weil er aber ſei- ne Gemahlin, Liviam, zu Rom ließ, hingegen die ſchoͤne Terentia, ſo an den Maecenas verheyrathet war, mit ihm reiſen muſte, ſo hielten viele davor, der Krieg diene dieſem Zuge nur zum Deck-Mantel, und die Liebe habe daran den meiſten Theil. Auguſtus hatte in der That fuͤr Maecenatis Gemahlin, ſo viel Zaͤrtlich- keit, als Hochachtung und Vertraulichkeit er vor ihren Mann bezeigete. Maece- nas hingegen, liebte ebenfalls ſeine Gemahlin, muſte aber die Eyfferſucht, ſo ihn um alle ſein Gluͤcke haͤtte bringen koͤñen, unterdruͤcken. Aber Livia, Auguſti Gemahlin, war nicht ſo gelaſſen, und Auguſtus ſuchte, bey aller ſeiner Gewalt, die uͤbele Nachrede bey dem Volcke ſo behutſam zu vermeiden, als wenn er ſein Gluͤck, erſt durch ſeine Auffuͤhrung, haͤtte machen ſollen. Jm uͤbrigen mag dieſes Geruͤchte Grund gehabt haben, oder nicht; ſo iſt einmahl dieſe Reiſe dem Staat gar vor- theilhafft geweſen. † L. Domitio Aenobarbo P. Cornelio Scipione Coſſ. IX. Die Sigambren zogen ſich zuruͤcke, ſo bald ſie von Auguſti Ankunfft hoͤreten, und lieſſen um Frieden bitten, den ſie auch gegen eine gewiſſe Anzahl Geiſ- ſel erhielten 1. Weil aber Auguſtus den Teutſchen nicht trauen dorffte, und Gal- lien ſelbſt, uͤber dem Geitz des Procuratoris Licinii, voll Mißvergnuͤgen war; blieb er dieſes und das folgende Jahr daſelbſt, und ſuchte den Zuſtand der daſigen Pro- vintzen beſſer einzurichten: mit den daſelbſt freyen Voͤlckern, feſte Buͤndniſſe; und wieder die Teutſchen, ſo dieſſeit des Rheins wohneten, gute Anſtalt, zu ma- chen. Unter andern Mitteln, deren er ſich zu Beruhigung des Roͤmiſchen Galliens bedienete, legete er hin und wieder Colonien darinnen an 2, und Bvcherivs muthmaſſet, daß ſo wie Trier in Gallien, † alſo auch das ietzige Speyer, und Worms in Germanien, damahls nach Auguſti Namen, Auguſta Nemetum, Auguſta Vangionum, genennet worden. Zum wenigſten kan man aus ta- cito gantz deutlich abnehmen, daß Auguſtus, wenn er ſonſt in Gallien gewe- ſen, 1 2 Auguſtus macht mit den Sigam- bren Frieden. † Auguſta Trevirorum. 3 dio l. c. faͤhret alſo fort: Mox equitatum Ro- manorum, contra ſe miſſum, per inſidias circumucne- rant. Et a fugientibus, usque ad Lollium praeſe- ctum, praeter opinionem ſuam pertracti, hunc quo- que uicerant. 4 svetonivs in Aug. 23. Graues igno- minias, cladesque duas omnino, nec alibi, quam in Germania accepit, Lollianam, & Varianam. Sed Lollianam maioris infamiae, quam detrimenti. 1 §. IX. 1. dio p. 535. B. Barbari enim, quum Lollium arma parare, Auguſtum exercitum adducere, audi- rent; in ſuam terram regreſſi, obſidibus datis, pa- cem acceperunt. 2 Von dieſer Zeit ſchreibt dio p. 537. D. Mul- tas Auguſtus in Galliam, multas in Hiſpaniam co- lonias, deduxit. 3. ta- 1 crucem egerant. acron. ad od. Horatii L. IV. c. 2. hat den Umſtand angemercket, daß die Sigambren zwantzig Hauptleute, ſo bey ihnen haͤtten Geld einfordern ſollen, ans Creutz gehefftet. Ob es ein verſprochener Tribut, oder eine Geld-Preſſerey ge- weſen, iſt ungewiß. Das letzte ſollte man faſt vermu- then aus dem Character, den velleivs L. II. c. 97. von lollio macht. Accepta in Germa- nia clades ſub legato, M. Lollio, homine in omnia, pe- cuniae, quam recti faciendi cupidiore, & inter uiti- orum diſſimulationem, uitioſiſſimo. Amiſſaque Legi- onis Vaquila reuocauit, ab urbe in Gallias, Caeſarem. 2 velleivs l. c. in not. 1. H 3

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/95>, abgerufen am 21.11.2024.