unserem Saale speisen täglich zu unserer Rechten zwölf Erzbischöfe und zu unserer Linken zwanzig Bischöfe, außer- dem noch der Patriarch von Sankt Thomas, der Proto- papas von Salmas und der Archiprotopapas von Susa, in welcher Stadt der Thron unseres Ruhmes und unser kaiserlicher Palast sich befindet. Aebte, der Zahl nach mit den Tagen des Jahres im Einklange, verwalten das geistliche Amt vor uns in unserer Kapelle. Unser Mund- schenk ist ein Primas und König; unser Haushofmeister ist ein Erzbischof und ein König; unser Kammerherr ist ein Bischof und ein König; unser Marschall ist ein Archi- mandrit und ein König, und unser Küchenmeister ist ein Abt und ein König; wir aber nehmen einen niedrigeren Rang und einen demütigeren Namen an, auf daß wir unsere große Demut zeigen." -- --
So lautet im Auszuge ein Brief, den der berühmte, aber geschichtlich vielleicht doch fragliche Tartarenkönig Presbyter Johann an den griechischen Kaiser geschrie- ben hat oder doch geschrieben haben soll. Mag der Brief untergeschoben sein oder nicht, er enthält neben verschie- denen belustigenden Merkwürdigkeiten, die ihren Grund in den falschen Anschauungen früherer Jahrhunderte haben, doch auch Thatsachen und Einzelheiten, welche von Marco Polo, Sir John Mandeville und andern Reisenden oder Forschern bestätigt worden sind, und ich wurde lebhaft an ihn erinnert, als ich jetzt auf der östlichen Höhe von Scheik Adi hielt und einen Blick nach Morgen richtete, wo sich die Berge von Surgh, Zibar, Hair, Tura Ghara, Baz, Dschelu, Tkhoma, Karitha und Tijari erhoben.
In den Thälern, welche zwischen ihnen liegen, wohnen die letzten jener christlichen Sektierer, denen dieser Tar- tarenkönig angehörte. Zu seiner Zeit waren sie mächtig und einflußreich; die Sitze ihrer Metropolitanen lagen
unſerem Saale ſpeiſen täglich zu unſerer Rechten zwölf Erzbiſchöfe und zu unſerer Linken zwanzig Biſchöfe, außer- dem noch der Patriarch von Sankt Thomas, der Proto- papas von Salmas und der Archiprotopapas von Suſa, in welcher Stadt der Thron unſeres Ruhmes und unſer kaiſerlicher Palaſt ſich befindet. Aebte, der Zahl nach mit den Tagen des Jahres im Einklange, verwalten das geiſtliche Amt vor uns in unſerer Kapelle. Unſer Mund- ſchenk iſt ein Primas und König; unſer Haushofmeiſter iſt ein Erzbiſchof und ein König; unſer Kammerherr iſt ein Biſchof und ein König; unſer Marſchall iſt ein Archi- mandrit und ein König, und unſer Küchenmeiſter iſt ein Abt und ein König; wir aber nehmen einen niedrigeren Rang und einen demütigeren Namen an, auf daß wir unſere große Demut zeigen.“ — —
So lautet im Auszuge ein Brief, den der berühmte, aber geſchichtlich vielleicht doch fragliche Tartarenkönig Presbyter Johann an den griechiſchen Kaiſer geſchrie- ben hat oder doch geſchrieben haben ſoll. Mag der Brief untergeſchoben ſein oder nicht, er enthält neben verſchie- denen beluſtigenden Merkwürdigkeiten, die ihren Grund in den falſchen Anſchauungen früherer Jahrhunderte haben, doch auch Thatſachen und Einzelheiten, welche von Marco Polo, Sir John Mandeville und andern Reiſenden oder Forſchern beſtätigt worden ſind, und ich wurde lebhaft an ihn erinnert, als ich jetzt auf der öſtlichen Höhe von Scheik Adi hielt und einen Blick nach Morgen richtete, wo ſich die Berge von Surgh, Zibar, Haïr, Tura Ghara, Baz, Dſchelu, Tkhoma, Karitha und Tijari erhoben.
In den Thälern, welche zwiſchen ihnen liegen, wohnen die letzten jener chriſtlichen Sektierer, denen dieſer Tar- tarenkönig angehörte. Zu ſeiner Zeit waren ſie mächtig und einflußreich; die Sitze ihrer Metropolitanen lagen
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unſerem Saale ſpeiſen täglich zu unſerer Rechten zwölf
Erzbiſchöfe und zu unſerer Linken zwanzig Biſchöfe, außer-
dem noch der Patriarch von Sankt Thomas, der Proto-
papas von Salmas und der Archiprotopapas von Suſa,
in welcher Stadt der Thron unſeres Ruhmes und unſer
kaiſerlicher Palaſt ſich befindet. Aebte, der Zahl nach
mit den Tagen des Jahres im Einklange, verwalten das
geiſtliche Amt vor uns in unſerer Kapelle. Unſer Mund-
ſchenk iſt ein Primas und König; unſer Haushofmeiſter
iſt ein Erzbiſchof und ein König; unſer Kammerherr iſt
ein Biſchof und ein König; unſer Marſchall iſt ein Archi-
mandrit und ein König, und unſer Küchenmeiſter iſt ein
Abt und ein König; wir aber nehmen einen niedrigeren
Rang und einen demütigeren Namen an, auf daß wir
unſere große Demut zeigen.“ — —
So lautet im Auszuge ein Brief, den der berühmte,
aber geſchichtlich vielleicht doch fragliche Tartarenkönig
Presbyter Johann an den griechiſchen Kaiſer geſchrie-
ben hat oder doch geſchrieben haben ſoll. Mag der Brief
untergeſchoben ſein oder nicht, er enthält neben verſchie-
denen beluſtigenden Merkwürdigkeiten, die ihren Grund
in den falſchen Anſchauungen früherer Jahrhunderte haben,
doch auch Thatſachen und Einzelheiten, welche von Marco
Polo, Sir John Mandeville und andern Reiſenden oder
Forſchern beſtätigt worden ſind, und ich wurde lebhaft
an ihn erinnert, als ich jetzt auf der öſtlichen Höhe von
Scheik Adi hielt und einen Blick nach Morgen richtete,
wo ſich die Berge von Surgh, Zibar, Haïr, Tura Ghara,
Baz, Dſchelu, Tkhoma, Karitha und Tijari erhoben.
In den Thälern, welche zwiſchen ihnen liegen, wohnen
die letzten jener chriſtlichen Sektierer, denen dieſer Tar-
tarenkönig angehörte. Zu ſeiner Zeit waren ſie mächtig
und einflußreich; die Sitze ihrer Metropolitanen lagen
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/126>, abgerufen am 22.12.2024.
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