zum Diebe zu machen? Wärest du nicht ein Weib, so würde ich dich -- -- --"
"Halt, Halef, zanke nicht, denn ich bin da und werde ein gerechtes Urteil sprechen! Mersinah, du behauptest, daß dieser Halef Omar die beiden Arten des Kaffees untereinander gemengt hat?"
"Ja, Emir!"
"So hat er das Seinige zu diesem schwierigen Rechts- falle beigetragen. Nun thue du auch das Deinige und lies die Sorten wieder auseinander! Ich werde bald nach- sehen, ob es geschehen ist, und dann mein Urteil sprechen."
Sie öffnete den Mund, um mir mitzuteilen, daß sie gesonnen sei, Einspruch oder Nichtigkeitsbeschwerde zu er- heben, doch Halef kam ihr zuvor:
"Das muß aber schnell geschehen, denn wir brauchen den Kaffee sehr notwendig!"
"Warum?" fragte ich.
"Du hast ja Gäste oben!"
"Wen?"
"Drei Kurden, welche auf dich warten. Derjenige, welcher dich bereits besuchte, ist dabei."
"So hole einstweilen rasch andern Kaffee!"
Ich stieg hastig die Treppe empor, denn die zwei andern Kurden konnten doch wohl nur die beiden Ge- fangenen sein. Diese Vermutung bestätigte sich. Als ich eintrat, erhoben sie sich, und Dohub sprach:
"Hier ist der Emir, der euch gerettet hat! O Effendi, der Mutesselim hat deine Worte gelesen und mir den Vater und den Bruder zurückgegeben!"
"Sagtest du ihm, daß du bald nach Mossul gehen würdest?"
"Ja. Dein Rat war gut, denn der Kommandant wurde sofort freundlicher, und als ich ihm deinen Brief
zum Diebe zu machen? Wäreſt du nicht ein Weib, ſo würde ich dich — — —“
„Halt, Halef, zanke nicht, denn ich bin da und werde ein gerechtes Urteil ſprechen! Merſinah, du behaupteſt, daß dieſer Halef Omar die beiden Arten des Kaffees untereinander gemengt hat?“
„Ja, Emir!“
„So hat er das Seinige zu dieſem ſchwierigen Rechts- falle beigetragen. Nun thue du auch das Deinige und lies die Sorten wieder auseinander! Ich werde bald nach- ſehen, ob es geſchehen iſt, und dann mein Urteil ſprechen.“
Sie öffnete den Mund, um mir mitzuteilen, daß ſie geſonnen ſei, Einſpruch oder Nichtigkeitsbeſchwerde zu er- heben, doch Halef kam ihr zuvor:
„Das muß aber ſchnell geſchehen, denn wir brauchen den Kaffee ſehr notwendig!“
„Warum?“ fragte ich.
„Du haſt ja Gäſte oben!“
„Wen?“
„Drei Kurden, welche auf dich warten. Derjenige, welcher dich bereits beſuchte, iſt dabei.“
„So hole einſtweilen raſch andern Kaffee!“
Ich ſtieg haſtig die Treppe empor, denn die zwei andern Kurden konnten doch wohl nur die beiden Ge- fangenen ſein. Dieſe Vermutung beſtätigte ſich. Als ich eintrat, erhoben ſie ſich, und Dohub ſprach:
„Hier iſt der Emir, der euch gerettet hat! O Effendi, der Muteſſelim hat deine Worte geleſen und mir den Vater und den Bruder zurückgegeben!“
„Sagteſt du ihm, daß du bald nach Moſſul gehen würdeſt?“
„Ja. Dein Rat war gut, denn der Kommandant wurde ſofort freundlicher, und als ich ihm deinen Brief
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0228"n="214"/>
zum Diebe zu machen? Wäreſt du nicht ein Weib, ſo<lb/>
würde ich dich ———“</p><lb/><p>„Halt, Halef, zanke nicht, denn ich bin da und werde<lb/>
ein gerechtes Urteil ſprechen! Merſinah, du behaupteſt,<lb/>
daß dieſer Halef Omar die beiden Arten des Kaffees<lb/>
untereinander gemengt hat?“</p><lb/><p>„Ja, Emir!“</p><lb/><p>„So hat er das Seinige zu dieſem ſchwierigen Rechts-<lb/>
falle beigetragen. Nun thue du auch das Deinige und<lb/>
lies die Sorten wieder auseinander! Ich werde bald nach-<lb/>ſehen, ob es geſchehen iſt, und dann mein Urteil ſprechen.“</p><lb/><p>Sie öffnete den Mund, um mir mitzuteilen, daß ſie<lb/>
geſonnen ſei, Einſpruch oder Nichtigkeitsbeſchwerde zu er-<lb/>
heben, doch Halef kam ihr zuvor:</p><lb/><p>„Das muß aber ſchnell geſchehen, denn wir brauchen<lb/>
den Kaffee ſehr notwendig!“</p><lb/><p>„Warum?“ fragte ich.</p><lb/><p>„Du haſt ja Gäſte oben!“</p><lb/><p>„Wen?“</p><lb/><p>„Drei Kurden, welche auf dich warten. Derjenige,<lb/>
welcher dich bereits beſuchte, iſt dabei.“</p><lb/><p>„So hole einſtweilen raſch andern Kaffee!“</p><lb/><p>Ich ſtieg haſtig die Treppe empor, denn die zwei<lb/>
andern Kurden konnten doch wohl nur die beiden Ge-<lb/>
fangenen ſein. Dieſe Vermutung beſtätigte ſich. Als ich<lb/>
eintrat, erhoben ſie ſich, und Dohub ſprach:</p><lb/><p>„Hier iſt der Emir, der euch gerettet hat! O Effendi,<lb/>
der Muteſſelim hat deine Worte geleſen und mir den<lb/>
Vater und den Bruder zurückgegeben!“</p><lb/><p>„Sagteſt du ihm, daß du bald nach Moſſul gehen<lb/>
würdeſt?“</p><lb/><p>„Ja. Dein Rat war gut, denn der Kommandant<lb/>
wurde ſofort freundlicher, und als ich ihm deinen Brief<lb/></p></div></body></text></TEI>
[214/0228]
zum Diebe zu machen? Wäreſt du nicht ein Weib, ſo
würde ich dich — — —“
„Halt, Halef, zanke nicht, denn ich bin da und werde
ein gerechtes Urteil ſprechen! Merſinah, du behaupteſt,
daß dieſer Halef Omar die beiden Arten des Kaffees
untereinander gemengt hat?“
„Ja, Emir!“
„So hat er das Seinige zu dieſem ſchwierigen Rechts-
falle beigetragen. Nun thue du auch das Deinige und
lies die Sorten wieder auseinander! Ich werde bald nach-
ſehen, ob es geſchehen iſt, und dann mein Urteil ſprechen.“
Sie öffnete den Mund, um mir mitzuteilen, daß ſie
geſonnen ſei, Einſpruch oder Nichtigkeitsbeſchwerde zu er-
heben, doch Halef kam ihr zuvor:
„Das muß aber ſchnell geſchehen, denn wir brauchen
den Kaffee ſehr notwendig!“
„Warum?“ fragte ich.
„Du haſt ja Gäſte oben!“
„Wen?“
„Drei Kurden, welche auf dich warten. Derjenige,
welcher dich bereits beſuchte, iſt dabei.“
„So hole einſtweilen raſch andern Kaffee!“
Ich ſtieg haſtig die Treppe empor, denn die zwei
andern Kurden konnten doch wohl nur die beiden Ge-
fangenen ſein. Dieſe Vermutung beſtätigte ſich. Als ich
eintrat, erhoben ſie ſich, und Dohub ſprach:
„Hier iſt der Emir, der euch gerettet hat! O Effendi,
der Muteſſelim hat deine Worte geleſen und mir den
Vater und den Bruder zurückgegeben!“
„Sagteſt du ihm, daß du bald nach Moſſul gehen
würdeſt?“
„Ja. Dein Rat war gut, denn der Kommandant
wurde ſofort freundlicher, und als ich ihm deinen Brief
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/228>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.