"Herr, es ist ein Basch Tschausch *) draußen," mel- dete er.
"Was will er?"
"Er kommt aus Mossul und sagt, daß seine Bot- schaft wichtig sei."
"Schicke ihn herein!"
Der Unteroffizier trat ein und übergab dem Kom- mandanten ein mit einem großen Siegel versehenes Schrei- ben; es war das Siegel des Anatoli Kafi Askeri; ich er- kannte es sogleich. Er erbrach es und las. Dann gab er dem Manne den Bescheid, morgen früh die Antwort abzuholen.
"Herr, weißt du, was es ist?" fragte er mich dann, als der Soldat fort war.
"Ein Schreiben des Oberrichters von Anatolien?"
"Ja. Er schreibt mir von der Absetzung des Mutes- sarif und des Makredsch. Diesen letzteren soll ich, sobald er sich hier je erblicken lasse, sofort noch Mossul senden. Ich werde ihn morgen diesem Basch Tschausch mitgeben. Soll ich in meinem Schreiben etwas von dir erwähnen?"
"Nein. Ich werde selbst schreiben. Aber sende nur eine genügende Bedeckung mit!"
"Daran soll es nicht fehlen, besonders da noch ein anderer wichtiger Gefangener mitgehen soll."
Ich erschrak.
"Welcher?"
"Der Araber. Der Anatoli Kasi Askeri befiehlt es mir und sagt, daß der Sohn des Scheik als Geisel nach Stambul gesandt werden solle."
"Wann geht der Transport ab?"
"Am Vormittage. Ich werde jetzt gleich das Schreiben beginnen."
*) Sergeant-Major.
II. 19
„Herr, es iſt ein Baſch Tſchauſch *) draußen,“ mel- dete er.
„Was will er?“
„Er kommt aus Moſſul und ſagt, daß ſeine Bot- ſchaft wichtig ſei.“
„Schicke ihn herein!“
Der Unteroffizier trat ein und übergab dem Kom- mandanten ein mit einem großen Siegel verſehenes Schrei- ben; es war das Siegel des Anatoli Kafi Askeri; ich er- kannte es ſogleich. Er erbrach es und las. Dann gab er dem Manne den Beſcheid, morgen früh die Antwort abzuholen.
„Herr, weißt du, was es iſt?“ fragte er mich dann, als der Soldat fort war.
„Ein Schreiben des Oberrichters von Anatolien?“
„Ja. Er ſchreibt mir von der Abſetzung des Muteſ- ſarif und des Makredſch. Dieſen letzteren ſoll ich, ſobald er ſich hier je erblicken laſſe, ſofort noch Moſſul ſenden. Ich werde ihn morgen dieſem Baſch Tſchauſch mitgeben. Soll ich in meinem Schreiben etwas von dir erwähnen?“
„Nein. Ich werde ſelbſt ſchreiben. Aber ſende nur eine genügende Bedeckung mit!“
„Daran ſoll es nicht fehlen, beſonders da noch ein anderer wichtiger Gefangener mitgehen ſoll.“
Ich erſchrak.
„Welcher?“
„Der Araber. Der Anatoli Kaſi Askeri befiehlt es mir und ſagt, daß der Sohn des Scheik als Geiſel nach Stambul geſandt werden ſolle.“
„Wann geht der Transport ab?“
„Am Vormittage. Ich werde jetzt gleich das Schreiben beginnen.“
*) Sergeant-Major.
II. 19
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0303"n="289"/><p>„Herr, es iſt ein Baſch Tſchauſch <noteplace="foot"n="*)">Sergeant-Major.</note> draußen,“ mel-<lb/>
dete er.</p><lb/><p>„Was will er?“</p><lb/><p>„Er kommt aus Moſſul und ſagt, daß ſeine Bot-<lb/>ſchaft wichtig ſei.“</p><lb/><p>„Schicke ihn herein!“</p><lb/><p>Der Unteroffizier trat ein und übergab dem Kom-<lb/>
mandanten ein mit einem großen Siegel verſehenes Schrei-<lb/>
ben; es war das Siegel des Anatoli Kafi Askeri; ich er-<lb/>
kannte es ſogleich. Er erbrach es und las. Dann gab<lb/>
er dem Manne den Beſcheid, morgen früh die Antwort<lb/>
abzuholen.</p><lb/><p>„Herr, weißt du, was es iſt?“ fragte er mich dann,<lb/>
als der Soldat fort war.</p><lb/><p>„Ein Schreiben des Oberrichters von Anatolien?“</p><lb/><p>„Ja. Er ſchreibt mir von der Abſetzung des Muteſ-<lb/>ſarif und des Makredſch. Dieſen letzteren ſoll ich, ſobald<lb/>
er ſich hier je erblicken laſſe, ſofort noch Moſſul ſenden.<lb/>
Ich werde ihn morgen dieſem Baſch Tſchauſch mitgeben.<lb/>
Soll ich in meinem Schreiben etwas von dir erwähnen?“</p><lb/><p>„Nein. Ich werde ſelbſt ſchreiben. Aber ſende nur<lb/>
eine genügende Bedeckung mit!“</p><lb/><p>„Daran ſoll es nicht fehlen, beſonders da noch ein<lb/>
anderer wichtiger Gefangener mitgehen ſoll.“</p><lb/><p>Ich erſchrak.</p><lb/><p>„Welcher?“</p><lb/><p>„Der Araber. Der Anatoli Kaſi Askeri befiehlt es<lb/>
mir und ſagt, daß der Sohn des Scheik als Geiſel nach<lb/>
Stambul geſandt werden ſolle.“</p><lb/><p>„Wann geht der Transport ab?“</p><lb/><p>„Am Vormittage. Ich werde jetzt gleich das Schreiben<lb/>
beginnen.“</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">II. 19</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[289/0303]
„Herr, es iſt ein Baſch Tſchauſch *) draußen,“ mel-
dete er.
„Was will er?“
„Er kommt aus Moſſul und ſagt, daß ſeine Bot-
ſchaft wichtig ſei.“
„Schicke ihn herein!“
Der Unteroffizier trat ein und übergab dem Kom-
mandanten ein mit einem großen Siegel verſehenes Schrei-
ben; es war das Siegel des Anatoli Kafi Askeri; ich er-
kannte es ſogleich. Er erbrach es und las. Dann gab
er dem Manne den Beſcheid, morgen früh die Antwort
abzuholen.
„Herr, weißt du, was es iſt?“ fragte er mich dann,
als der Soldat fort war.
„Ein Schreiben des Oberrichters von Anatolien?“
„Ja. Er ſchreibt mir von der Abſetzung des Muteſ-
ſarif und des Makredſch. Dieſen letzteren ſoll ich, ſobald
er ſich hier je erblicken laſſe, ſofort noch Moſſul ſenden.
Ich werde ihn morgen dieſem Baſch Tſchauſch mitgeben.
Soll ich in meinem Schreiben etwas von dir erwähnen?“
„Nein. Ich werde ſelbſt ſchreiben. Aber ſende nur
eine genügende Bedeckung mit!“
„Daran ſoll es nicht fehlen, beſonders da noch ein
anderer wichtiger Gefangener mitgehen ſoll.“
Ich erſchrak.
„Welcher?“
„Der Araber. Der Anatoli Kaſi Askeri befiehlt es
mir und ſagt, daß der Sohn des Scheik als Geiſel nach
Stambul geſandt werden ſolle.“
„Wann geht der Transport ab?“
„Am Vormittage. Ich werde jetzt gleich das Schreiben
beginnen.“
*) Sergeant-Major.
II. 19
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/303>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.