"Oh, Sihdi, ehe sie uns mit den Pferden entkommen lassen, werden sie dieselben lieber töten!"
Das war allerdings wahr. Ich sann und sann, um ein Mittel zu finden, uns ohne Blutvergießen aus dieser fatalen Lage zu befreien; vergeblich! Da erbarmte sich der Engländer meiner.
"Worüber nachdenken, Sir?"
Ich sagte es ihm.
"Warum sollen wir nicht schießen, wenn sie schießen? Dann sind einige kurdische Diebe weniger! Was weiter? Könnten fortkommen, ganz gut! Ohne einen Schuß! -- Hm! Geht aber nicht!"
"Warum nicht?"
"Blamieren uns! Würde aussehen wie Flucht! Wäre skandalös!"
"Das kann uns gleichgültig sein. Ihr wißt, Sir, daß ich mich gewiß nicht zu etwas entschließen werde, was uns in Wirklichkeit blamiert. Also sagt mir Euren Plan."
"Müssen erst wissen, ob wir auch von hinten belagert werden."
"Da giebt es kein Gebäude."
"Aber vom Felde aus!"
"Nun, weiter!"
"Könnten ja ein Loch in die Mauer machen!"
"Ah, wirklich; das ist kein übler Gedanke!"
"Well! Sehr gut! Ausgezeichnet! Kommt von Master Lindsay! Yes!"
"Aber die Werkzeuge fehlen uns!"
"Habe ja meine Hacke!"
Allerdings hatte er sein ,Häcklein' stets am Sattel mit sich geführt; das Ding aber paßte wohl, um das Loch für eine Pflanze in ein Gartenbeet zu machen, nicht aber, um eine Mauer einzureißen.
„Oh, Sihdi, ehe ſie uns mit den Pferden entkommen laſſen, werden ſie dieſelben lieber töten!“
Das war allerdings wahr. Ich ſann und ſann, um ein Mittel zu finden, uns ohne Blutvergießen aus dieſer fatalen Lage zu befreien; vergeblich! Da erbarmte ſich der Engländer meiner.
„Worüber nachdenken, Sir?“
Ich ſagte es ihm.
„Warum ſollen wir nicht ſchießen, wenn ſie ſchießen? Dann ſind einige kurdiſche Diebe weniger! Was weiter? Könnten fortkommen, ganz gut! Ohne einen Schuß! — Hm! Geht aber nicht!“
„Warum nicht?“
„Blamieren uns! Würde ausſehen wie Flucht! Wäre ſkandalös!“
„Das kann uns gleichgültig ſein. Ihr wißt, Sir, daß ich mich gewiß nicht zu etwas entſchließen werde, was uns in Wirklichkeit blamiert. Alſo ſagt mir Euren Plan.“
„Müſſen erſt wiſſen, ob wir auch von hinten belagert werden.“
„Da giebt es kein Gebäude.“
„Aber vom Felde aus!“
„Nun, weiter!“
„Könnten ja ein Loch in die Mauer machen!“
„Ah, wirklich; das iſt kein übler Gedanke!“
„Well! Sehr gut! Ausgezeichnet! Kommt von Maſter Lindſay! Yes!“
„Aber die Werkzeuge fehlen uns!“
„Habe ja meine Hacke!“
Allerdings hatte er ſein ‚Häcklein‘ ſtets am Sattel mit ſich geführt; das Ding aber paßte wohl, um das Loch für eine Pflanze in ein Gartenbeet zu machen, nicht aber, um eine Mauer einzureißen.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0423"n="409"/><p>„Oh, Sihdi, ehe ſie uns mit den Pferden entkommen<lb/>
laſſen, werden ſie dieſelben lieber töten!“</p><lb/><p>Das war allerdings wahr. Ich ſann und ſann, um<lb/>
ein Mittel zu finden, uns ohne Blutvergießen aus dieſer<lb/>
fatalen Lage zu befreien; vergeblich! Da erbarmte ſich der<lb/>
Engländer meiner.</p><lb/><p>„Worüber nachdenken, Sir?“</p><lb/><p>Ich ſagte es ihm.</p><lb/><p>„Warum ſollen wir nicht ſchießen, wenn ſie ſchießen?<lb/>
Dann ſind einige kurdiſche Diebe weniger! Was weiter?<lb/>
Könnten fortkommen, ganz gut! Ohne einen Schuß! —<lb/>
Hm! Geht aber nicht!“</p><lb/><p>„Warum nicht?“</p><lb/><p>„Blamieren uns! Würde ausſehen wie Flucht! Wäre<lb/>ſkandalös!“</p><lb/><p>„Das kann uns gleichgültig ſein. Ihr wißt, Sir,<lb/>
daß ich mich gewiß nicht zu etwas entſchließen werde, was<lb/>
uns in Wirklichkeit blamiert. Alſo ſagt mir Euren Plan.“</p><lb/><p>„Müſſen erſt wiſſen, ob wir auch von hinten belagert<lb/>
werden.“</p><lb/><p>„Da giebt es kein Gebäude.“</p><lb/><p>„Aber vom Felde aus!“</p><lb/><p>„Nun, weiter!“</p><lb/><p>„Könnten ja ein Loch in die Mauer machen!“</p><lb/><p>„Ah, wirklich; das iſt kein übler Gedanke!“</p><lb/><p>„<hirendition="#aq">Well!</hi> Sehr gut! Ausgezeichnet! Kommt von Maſter<lb/>
Lindſay! <hirendition="#aq">Yes!</hi>“</p><lb/><p>„Aber die Werkzeuge fehlen uns!“</p><lb/><p>„Habe ja meine Hacke!“</p><lb/><p>Allerdings hatte er ſein ‚Häcklein‘ſtets am Sattel<lb/>
mit ſich geführt; das Ding aber paßte wohl, um das Loch<lb/>
für eine Pflanze in ein Gartenbeet zu machen, nicht aber,<lb/>
um eine Mauer einzureißen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[409/0423]
„Oh, Sihdi, ehe ſie uns mit den Pferden entkommen
laſſen, werden ſie dieſelben lieber töten!“
Das war allerdings wahr. Ich ſann und ſann, um
ein Mittel zu finden, uns ohne Blutvergießen aus dieſer
fatalen Lage zu befreien; vergeblich! Da erbarmte ſich der
Engländer meiner.
„Worüber nachdenken, Sir?“
Ich ſagte es ihm.
„Warum ſollen wir nicht ſchießen, wenn ſie ſchießen?
Dann ſind einige kurdiſche Diebe weniger! Was weiter?
Könnten fortkommen, ganz gut! Ohne einen Schuß! —
Hm! Geht aber nicht!“
„Warum nicht?“
„Blamieren uns! Würde ausſehen wie Flucht! Wäre
ſkandalös!“
„Das kann uns gleichgültig ſein. Ihr wißt, Sir,
daß ich mich gewiß nicht zu etwas entſchließen werde, was
uns in Wirklichkeit blamiert. Alſo ſagt mir Euren Plan.“
„Müſſen erſt wiſſen, ob wir auch von hinten belagert
werden.“
„Da giebt es kein Gebäude.“
„Aber vom Felde aus!“
„Nun, weiter!“
„Könnten ja ein Loch in die Mauer machen!“
„Ah, wirklich; das iſt kein übler Gedanke!“
„Well! Sehr gut! Ausgezeichnet! Kommt von Maſter
Lindſay! Yes!“
„Aber die Werkzeuge fehlen uns!“
„Habe ja meine Hacke!“
Allerdings hatte er ſein ‚Häcklein‘ ſtets am Sattel
mit ſich geführt; das Ding aber paßte wohl, um das Loch
für eine Pflanze in ein Gartenbeet zu machen, nicht aber,
um eine Mauer einzureißen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/423>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.