"Nach Scheik Adi, zu den Unreinen und Unverschäm- ten, die ihr töten wolltet. Jetzt sage ich zu euch das, was ihr vorhin zu diesen beiden Männern sagtet: Ihr seid meine Gefangenen!"
Die Soldaten konnten sich den Vorgang nicht er- klären; sie standen in einem dichten Knäuel beisammen. Der Wink, den ich bei meinen letzten Worten gab, genügte. Die Dschesidi brachen hervor und umringten sie. Nicht ein einziger dachte daran, Widerstand zu leisten. Alle waren ganz verblüfft. Die Offiziere aber ahnten nun doch den wahren Sachverhalt und griffen in den Gürtel.
"Halt, keine Gegenwehr!" ermahnte ich sie, indem ich den Revolver zog. "Wer zur Waffe greift, wird augen- blicklich niedergeschossen!"
"Wer bist du?" fragte der Hauptmann.
Er schwitzte förmlich. Der brave Fallstaff dauerte mich einigermaßen, und die Don Quixote-Gestalt neben ihm gleichfalls. Um ihre Beförderung war es nun geschehen.
"Ich bin euer Freund und wünsche deshalb, daß ihr nicht von den Dschesidi niedergeschossen werdet. Gebt eure Waffen ab!"
"Aber wir brauchen sie doch!"
"Wozu?"
"Wir müssen damit die Geschütze verteidigen!"
Dieser beispiellosen Naivität war nicht zu widerstehen, ich mußte laut auflachen. Dann beruhigte ich sie:
"Seid ohne Sorgen; wir werden die Kanonen behüten!"
Es ward zwar noch einiges hin und her gesprochen, dann aber streckten sie doch die Waffen.
"Was werdet ihr mit uns thun?" fragte jetzt der be- sorgte Jüs Baschi.
"Das kommt ganz auf euer Verhalten an. Vielleicht
Er ſchüttelte den Kopf.
„Nach Scheik Adi, zu den Unreinen und Unverſchäm- ten, die ihr töten wolltet. Jetzt ſage ich zu euch das, was ihr vorhin zu dieſen beiden Männern ſagtet: Ihr ſeid meine Gefangenen!“
Die Soldaten konnten ſich den Vorgang nicht er- klären; ſie ſtanden in einem dichten Knäuel beiſammen. Der Wink, den ich bei meinen letzten Worten gab, genügte. Die Dſcheſidi brachen hervor und umringten ſie. Nicht ein einziger dachte daran, Widerſtand zu leiſten. Alle waren ganz verblüfft. Die Offiziere aber ahnten nun doch den wahren Sachverhalt und griffen in den Gürtel.
„Halt, keine Gegenwehr!“ ermahnte ich ſie, indem ich den Revolver zog. „Wer zur Waffe greift, wird augen- blicklich niedergeſchoſſen!“
„Wer biſt du?“ fragte der Hauptmann.
Er ſchwitzte förmlich. Der brave Fallſtaff dauerte mich einigermaßen, und die Don Quixote-Geſtalt neben ihm gleichfalls. Um ihre Beförderung war es nun geſchehen.
„Ich bin euer Freund und wünſche deshalb, daß ihr nicht von den Dſcheſidi niedergeſchoſſen werdet. Gebt eure Waffen ab!“
„Aber wir brauchen ſie doch!“
„Wozu?“
„Wir müſſen damit die Geſchütze verteidigen!“
Dieſer beiſpielloſen Naivität war nicht zu widerſtehen, ich mußte laut auflachen. Dann beruhigte ich ſie:
„Seid ohne Sorgen; wir werden die Kanonen behüten!“
Es ward zwar noch einiges hin und her geſprochen, dann aber ſtreckten ſie doch die Waffen.
„Was werdet ihr mit uns thun?“ fragte jetzt der be- ſorgte Jüs Baſchi.
„Das kommt ganz auf euer Verhalten an. Vielleicht
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Er ſchüttelte den Kopf.
„Nach Scheik Adi, zu den Unreinen und Unverſchäm-
ten, die ihr töten wolltet. Jetzt ſage ich zu euch das, was
ihr vorhin zu dieſen beiden Männern ſagtet: Ihr ſeid
meine Gefangenen!“
Die Soldaten konnten ſich den Vorgang nicht er-
klären; ſie ſtanden in einem dichten Knäuel beiſammen.
Der Wink, den ich bei meinen letzten Worten gab,
genügte. Die Dſcheſidi brachen hervor und umringten ſie.
Nicht ein einziger dachte daran, Widerſtand zu leiſten.
Alle waren ganz verblüfft. Die Offiziere aber ahnten nun
doch den wahren Sachverhalt und griffen in den Gürtel.
„Halt, keine Gegenwehr!“ ermahnte ich ſie, indem ich
den Revolver zog. „Wer zur Waffe greift, wird augen-
blicklich niedergeſchoſſen!“
„Wer biſt du?“ fragte der Hauptmann.
Er ſchwitzte förmlich. Der brave Fallſtaff dauerte
mich einigermaßen, und die Don Quixote-Geſtalt neben
ihm gleichfalls. Um ihre Beförderung war es nun geſchehen.
„Ich bin euer Freund und wünſche deshalb, daß ihr
nicht von den Dſcheſidi niedergeſchoſſen werdet. Gebt eure
Waffen ab!“
„Aber wir brauchen ſie doch!“
„Wozu?“
„Wir müſſen damit die Geſchütze verteidigen!“
Dieſer beiſpielloſen Naivität war nicht zu widerſtehen,
ich mußte laut auflachen. Dann beruhigte ich ſie:
„Seid ohne Sorgen; wir werden die Kanonen behüten!“
Es ward zwar noch einiges hin und her geſprochen,
dann aber ſtreckten ſie doch die Waffen.
„Was werdet ihr mit uns thun?“ fragte jetzt der be-
ſorgte Jüs Baſchi.
„Das kommt ganz auf euer Verhalten an. Vielleicht
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/48>, abgerufen am 22.12.2024.
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