einer Sehne geschnellt. Seine lange Mähne wehte mir wie eine Fahne um das Knie. In einer Minute konnte mich der Melek mit keinem Gewehr mehr erreichen. Jetzt am hellen Tage war es noch ein ganz anderes Jagen als damals in dunkler Nacht vom Thale der Stufen nach dem Lager der Haddedihn zurück. Ich erreichte die erste Krümmung des Thales, als eben die Meinigen hinter der zweiten verschwanden. Da kam mir ein Gedanke. Ich machte mich so leicht wie möglich in dem Sattel, und der Hengst schoß dahin, daß sogar der Windhund weit da- hinter blieb. In drei Minuten hatte ich die Gefährten erreicht, die ihre Pferde auf das möglichste anstrengten.
"Reitet schneller!" rief ich. "Nur kurze Zeit noch schneller. Ich werde den Melek irre führen."
"Wie so?" fragte der Bey.
"Das kümmert euch nicht. Habe keine Zeit, es zu erklären. Aber heut abend treffen wir uns in Gumri."
Ich hielt mein Pferd an, während sie fortgaloppier- ten. Bald waren sie hinter einer neuen Krümmung ver- schwunden. Ich ritt zur vorigen zurück und sah die Ver- folger weit oben, den Melek ihnen allen voran. Ich rechnete mir den Augenblick, in welchem sie meinen jetzigen Standort erreichen mußten, aufs ungefähre aus und kehrte langsam wieder um, setzte mein Pferd in Trab und dann abermals in Galopp. Der Windhund erreichte mich wieder, und bald erschienen auch die Verfolger, welche mich erblickten und natürlich glaubten, daß ich die Ge- fährten noch gar nicht erreicht habe, aber genau den Weg einschlagen werde, auf dem sie fortgeritten waren.
Wieder kam ein kleines Wasser aus einem Seiten- thale hervor, und ich bog in dieses Thal ein. Es war sehr steinig und hatte sehr wenig Pflanzenwuchs. Ich mußte hier langsamer reiten und sah sehr bald, daß der
einer Sehne geſchnellt. Seine lange Mähne wehte mir wie eine Fahne um das Knie. In einer Minute konnte mich der Melek mit keinem Gewehr mehr erreichen. Jetzt am hellen Tage war es noch ein ganz anderes Jagen als damals in dunkler Nacht vom Thale der Stufen nach dem Lager der Haddedihn zurück. Ich erreichte die erſte Krümmung des Thales, als eben die Meinigen hinter der zweiten verſchwanden. Da kam mir ein Gedanke. Ich machte mich ſo leicht wie möglich in dem Sattel, und der Hengſt ſchoß dahin, daß ſogar der Windhund weit da- hinter blieb. In drei Minuten hatte ich die Gefährten erreicht, die ihre Pferde auf das möglichſte anſtrengten.
„Reitet ſchneller!“ rief ich. „Nur kurze Zeit noch ſchneller. Ich werde den Melek irre führen.“
„Wie ſo?“ fragte der Bey.
„Das kümmert euch nicht. Habe keine Zeit, es zu erklären. Aber heut abend treffen wir uns in Gumri.“
Ich hielt mein Pferd an, während ſie fortgaloppier- ten. Bald waren ſie hinter einer neuen Krümmung ver- ſchwunden. Ich ritt zur vorigen zurück und ſah die Ver- folger weit oben, den Melek ihnen allen voran. Ich rechnete mir den Augenblick, in welchem ſie meinen jetzigen Standort erreichen mußten, aufs ungefähre aus und kehrte langſam wieder um, ſetzte mein Pferd in Trab und dann abermals in Galopp. Der Windhund erreichte mich wieder, und bald erſchienen auch die Verfolger, welche mich erblickten und natürlich glaubten, daß ich die Ge- fährten noch gar nicht erreicht habe, aber genau den Weg einſchlagen werde, auf dem ſie fortgeritten waren.
Wieder kam ein kleines Waſſer aus einem Seiten- thale hervor, und ich bog in dieſes Thal ein. Es war ſehr ſteinig und hatte ſehr wenig Pflanzenwuchs. Ich mußte hier langſamer reiten und ſah ſehr bald, daß der
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einer Sehne geſchnellt. Seine lange Mähne wehte mir
wie eine Fahne um das Knie. In einer Minute konnte
mich der Melek mit keinem Gewehr mehr erreichen. Jetzt
am hellen Tage war es noch ein ganz anderes Jagen als
damals in dunkler Nacht vom Thale der Stufen nach
dem Lager der Haddedihn zurück. Ich erreichte die erſte
Krümmung des Thales, als eben die Meinigen hinter der
zweiten verſchwanden. Da kam mir ein Gedanke. Ich
machte mich ſo leicht wie möglich in dem Sattel, und der
Hengſt ſchoß dahin, daß ſogar der Windhund weit da-
hinter blieb. In drei Minuten hatte ich die Gefährten
erreicht, die ihre Pferde auf das möglichſte anſtrengten.
„Reitet ſchneller!“ rief ich. „Nur kurze Zeit noch
ſchneller. Ich werde den Melek irre führen.“
„Wie ſo?“ fragte der Bey.
„Das kümmert euch nicht. Habe keine Zeit, es zu
erklären. Aber heut abend treffen wir uns in Gumri.“
Ich hielt mein Pferd an, während ſie fortgaloppier-
ten. Bald waren ſie hinter einer neuen Krümmung ver-
ſchwunden. Ich ritt zur vorigen zurück und ſah die Ver-
folger weit oben, den Melek ihnen allen voran. Ich
rechnete mir den Augenblick, in welchem ſie meinen jetzigen
Standort erreichen mußten, aufs ungefähre aus und
kehrte langſam wieder um, ſetzte mein Pferd in Trab und
dann abermals in Galopp. Der Windhund erreichte mich
wieder, und bald erſchienen auch die Verfolger, welche
mich erblickten und natürlich glaubten, daß ich die Ge-
fährten noch gar nicht erreicht habe, aber genau den Weg
einſchlagen werde, auf dem ſie fortgeritten waren.
Wieder kam ein kleines Waſſer aus einem Seiten-
thale hervor, und ich bog in dieſes Thal ein. Es war
ſehr ſteinig und hatte ſehr wenig Pflanzenwuchs. Ich
mußte hier langſamer reiten und ſah ſehr bald, daß der
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/498>, abgerufen am 23.12.2024.
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