XII. Die Behauptung daß d y : d x = 2 a x : 1 nie in völliger Schärfe wahr seyn könne, so lange dy, dx noch angebbare Werthe haben, hat zwar ihre völlige Richtigkeit. Allein in der Differenzialrechnung verlangt man auch nicht daß d y, d x noch angebbare Werthe (etwa wie Wolfs Sandkörner in Vergleichung eines Berges. M. s. dessen Anfangsgr. d. Math. IV. Theil. Differenzialrechnung §. 6.) haben sol- len. Sie sollen kleiner als jede angebbare Grösse seyn. Da dies möglich ist zu gedenken, so klein auch d y, d x seyn mögen, unbekümmert wie groß sie an und für sich selbst sind, wenn sie nur nicht völlige Nullen oder Nichtse sind, so enthält die Proportion d y : d x = 2 a x : 1 auch nicht den geringsten Widerspruch, weil es gewiß ist, daß die Gränze des Verhältnis- ses 2 a x + a D x : 1 bey unendlich fortdau- render Abnahme von D x, kein anderes als 2 a x : 1 seyn kann. Hätte man um die unend- liche Annäherung von 2 a x + a D x zu dem Wer- the 2 a x anzudeuten, ein eigenes Zeichen etwa wie (§. 1. XXX.) eingeführt, so würde nie je- mand gegen einen Ausdruck wie dy : dx 2ax : 1 etwas zu erinnern gefunden haben.
XIII.
Erſter Theil. Erſtes Kapitel.
XII. Die Behauptung daß d y : d x = 2 a x : 1 nie in voͤlliger Schaͤrfe wahr ſeyn koͤnne, ſo lange dy, dx noch angebbare Werthe haben, hat zwar ihre voͤllige Richtigkeit. Allein in der Differenzialrechnung verlangt man auch nicht daß d y, d x noch angebbare Werthe (etwa wie Wolfs Sandkoͤrner in Vergleichung eines Berges. M. ſ. deſſen Anfangsgr. d. Math. IV. Theil. Differenzialrechnung §. 6.) haben ſol- len. Sie ſollen kleiner als jede angebbare Groͤſſe ſeyn. Da dies moͤglich iſt zu gedenken, ſo klein auch d y, d x ſeyn moͤgen, unbekuͤmmert wie groß ſie an und fuͤr ſich ſelbſt ſind, wenn ſie nur nicht voͤllige Nullen oder Nichtſe ſind, ſo enthaͤlt die Proportion d y : d x = 2 a x : 1 auch nicht den geringſten Widerſpruch, weil es gewiß iſt, daß die Graͤnze des Verhaͤltniſ- ſes 2 a x + a Δ x : 1 bey unendlich fortdau- render Abnahme von Δ x, kein anderes als 2 a x : 1 ſeyn kann. Haͤtte man um die unend- liche Annaͤherung von 2 a x + a Δ x zu dem Wer- the 2 a x anzudeuten, ein eigenes Zeichen etwa wie (§. 1. XXX.) eingefuͤhrt, ſo wuͤrde nie je- mand gegen einen Ausdruck wie dy : dx ≡ 2ax : 1 etwas zu erinnern gefunden haben.
XIII.
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Erſter Theil. Erſtes Kapitel.
XII. Die Behauptung daß d y : d x
= 2 a x : 1 nie in voͤlliger Schaͤrfe wahr ſeyn
koͤnne, ſo lange dy, dx noch angebbare Werthe
haben, hat zwar ihre voͤllige Richtigkeit. Allein
in der Differenzialrechnung verlangt man auch
nicht daß d y, d x noch angebbare Werthe (etwa
wie Wolfs Sandkoͤrner in Vergleichung eines
Berges. M. ſ. deſſen Anfangsgr. d. Math.
IV. Theil. Differenzialrechnung §. 6.) haben ſol-
len. Sie ſollen kleiner als jede angebbare Groͤſſe
ſeyn. Da dies moͤglich iſt zu gedenken, ſo klein
auch d y, d x ſeyn moͤgen, unbekuͤmmert wie
groß ſie an und fuͤr ſich ſelbſt ſind, wenn ſie
nur nicht voͤllige Nullen oder Nichtſe ſind, ſo
enthaͤlt die Proportion d y : d x = 2 a x : 1
auch nicht den geringſten Widerſpruch, weil es
gewiß iſt, daß die Graͤnze des Verhaͤltniſ-
ſes 2 a x + a Δ x : 1 bey unendlich fortdau-
render Abnahme von Δ x, kein anderes als
2 a x : 1 ſeyn kann. Haͤtte man um die unend-
liche Annaͤherung von 2 a x + a Δ x zu dem Wer-
the 2 a x anzudeuten, ein eigenes Zeichen etwa
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Mayer, Johann Tobias: Vollständiger Lehrbegriff der höhern Analysis. Bd. 1. Göttingen, 1818, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818/84>, abgerufen am 21.11.2024.
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