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Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869.

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Das Düngerkapital.

Wenn nun, so wird von jener Seite hervorgehoben, die Dünge-
stoffe in einer solchen Periode nicht oder nur mit unsinnigem Kapital-
aufwand zu haben sind, wenn sie sich an einem Orte befinden,
aus dem ein Wiedergewinn unausführbar erscheint, so tritt un-
fehlbar eine Vertheuerung der Lebensmittel ein, die das Unglück
späterer Generationen sein wird, eine Vertheuerung, die bei Spar-
samkeit mit jenen Stoffen offenbar zu vermeiden gewesen wäre.

Manche haben das Peinliche dieser Betrachtung zu mildern ge-
sucht durch die Hoffnung, daß in Form von Vogelmistguano und
Fischguano jene Stoffe aus dem Meere wieder gewonnen werden
könnten, und daß, je reicher das Meer an Düngstoffen werde, desto
leichter und naturgemäßer eine solche Wiedergewinnung sich einstel-
len würde.

So beruhigend es sein mag, sich ohne Weiteres einer solchen
Hoffnung hinzugeben, so schwer dürfte es sein, die Berechtigung zu
der Nothwendigkeit eines solchen Verhaltens zu erweisen. Wenn
wir auch zu allen Zeiten im Stande sein werden, Düngestoffe in
der angedeuteten Weise dem Meere abzugewinnen, und wenn auch
eine solche Gewinnung um so rentabler werden wird, je mehr sich
ein Mangel an Düngerkapital geltend macht, so fragt es sich dennoch,
ob nicht trotzdem jene gefürchtete Kalamität in ferneliegenden Zeiten ein-
treten wird, weil die Reproduktionskosten des Düngerkapitals sehr
viel bedeutender sein werden, als die Kosten, die zur Erhaltung
desselben aufzuwenden gewesen wären. Hierin liegt offenbar der
Kern der ganzen Frage.

Von jener Seite, von der die Pflicht des gewissenhaften Wie-
derersatzes, der Erhaltung der Bodenkraft auf's Leidenschaftlichste
behauptet wird, ignorirt man auch hier wieder in gewohnter Weise
die wirthschaftliche Seite der Frage. Man nimmt ohne weitere
Debatte an, daß die Erhaltung des Düngerkapitals auf unsern

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Das Düngerkapital.

Wenn nun, ſo wird von jener Seite hervorgehoben, die Dünge-
ſtoffe in einer ſolchen Periode nicht oder nur mit unſinnigem Kapital-
aufwand zu haben ſind, wenn ſie ſich an einem Orte befinden,
aus dem ein Wiedergewinn unausführbar erſcheint, ſo tritt un-
fehlbar eine Vertheuerung der Lebensmittel ein, die das Unglück
ſpäterer Generationen ſein wird, eine Vertheuerung, die bei Spar-
ſamkeit mit jenen Stoffen offenbar zu vermeiden geweſen wäre.

Manche haben das Peinliche dieſer Betrachtung zu mildern ge-
ſucht durch die Hoffnung, daß in Form von Vogelmiſtguano und
Fiſchguano jene Stoffe aus dem Meere wieder gewonnen werden
könnten, und daß, je reicher das Meer an Düngſtoffen werde, deſto
leichter und naturgemäßer eine ſolche Wiedergewinnung ſich einſtel-
len würde.

So beruhigend es ſein mag, ſich ohne Weiteres einer ſolchen
Hoffnung hinzugeben, ſo ſchwer dürfte es ſein, die Berechtigung zu
der Nothwendigkeit eines ſolchen Verhaltens zu erweiſen. Wenn
wir auch zu allen Zeiten im Stande ſein werden, Düngeſtoffe in
der angedeuteten Weiſe dem Meere abzugewinnen, und wenn auch
eine ſolche Gewinnung um ſo rentabler werden wird, je mehr ſich
ein Mangel an Düngerkapital geltend macht, ſo fragt es ſich dennoch,
ob nicht trotzdem jene gefürchtete Kalamität in ferneliegenden Zeiten ein-
treten wird, weil die Reproduktionskoſten des Düngerkapitals ſehr
viel bedeutender ſein werden, als die Koſten, die zur Erhaltung
deſſelben aufzuwenden geweſen wären. Hierin liegt offenbar der
Kern der ganzen Frage.

Von jener Seite, von der die Pflicht des gewiſſenhaften Wie-
dererſatzes, der Erhaltung der Bodenkraft auf’s Leidenſchaftlichſte
behauptet wird, ignorirt man auch hier wieder in gewohnter Weiſe
die wirthſchaftliche Seite der Frage. Man nimmt ohne weitere
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[51/0061] Das Düngerkapital. Wenn nun, ſo wird von jener Seite hervorgehoben, die Dünge- ſtoffe in einer ſolchen Periode nicht oder nur mit unſinnigem Kapital- aufwand zu haben ſind, wenn ſie ſich an einem Orte befinden, aus dem ein Wiedergewinn unausführbar erſcheint, ſo tritt un- fehlbar eine Vertheuerung der Lebensmittel ein, die das Unglück ſpäterer Generationen ſein wird, eine Vertheuerung, die bei Spar- ſamkeit mit jenen Stoffen offenbar zu vermeiden geweſen wäre. Manche haben das Peinliche dieſer Betrachtung zu mildern ge- ſucht durch die Hoffnung, daß in Form von Vogelmiſtguano und Fiſchguano jene Stoffe aus dem Meere wieder gewonnen werden könnten, und daß, je reicher das Meer an Düngſtoffen werde, deſto leichter und naturgemäßer eine ſolche Wiedergewinnung ſich einſtel- len würde. So beruhigend es ſein mag, ſich ohne Weiteres einer ſolchen Hoffnung hinzugeben, ſo ſchwer dürfte es ſein, die Berechtigung zu der Nothwendigkeit eines ſolchen Verhaltens zu erweiſen. Wenn wir auch zu allen Zeiten im Stande ſein werden, Düngeſtoffe in der angedeuteten Weiſe dem Meere abzugewinnen, und wenn auch eine ſolche Gewinnung um ſo rentabler werden wird, je mehr ſich ein Mangel an Düngerkapital geltend macht, ſo fragt es ſich dennoch, ob nicht trotzdem jene gefürchtete Kalamität in ferneliegenden Zeiten ein- treten wird, weil die Reproduktionskoſten des Düngerkapitals ſehr viel bedeutender ſein werden, als die Koſten, die zur Erhaltung deſſelben aufzuwenden geweſen wären. Hierin liegt offenbar der Kern der ganzen Frage. Von jener Seite, von der die Pflicht des gewiſſenhaften Wie- dererſatzes, der Erhaltung der Bodenkraft auf’s Leidenſchaftlichſte behauptet wird, ignorirt man auch hier wieder in gewohnter Weiſe die wirthſchaftliche Seite der Frage. Man nimmt ohne weitere Debatte an, daß die Erhaltung des Düngerkapitals auf unſern 4 *

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_duengerkapital_1869/61>, abgerufen am 24.11.2024.