Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869.Das Düngerkapital und der Raubbau. chen Ort Kanalisation oder sonst ein System ein, bei welchem jeneStoffe für die Landwirthschaft verloren gehen. An Orten dagegen, wo eine sehr intensive Kultur z. B. Tabaksbau herrscht, wird auf der andern Seite der menschliche Dünger von den Landwirthen so hoch bezahlt, daß der Stadtbewohner mit Freuden die Unbequemlichkeit der Aufbewahrung auf sich nimmt, und unter diesen Umständen kommen also wenigstens die festen menschlichen Excremente der Land- wirthschaft zu Gute, einfach deßhalb, weil die Düngung mit den- selben rentabel ist. So veranlassen auch hier die immer wirkenden wirthschaftlichen Gesetze die Anwendung eines produktiven Kapitals an dem Ort, wo es am Meisten neue Güter hervorzubringen ver- mag, und das Düngerkapital dient in den beiden Fällen entweder bei der landwirthschaftlichen Produktion, oder (wenn es verloren geht) zur Bequemlichkeit der Stadtbewohner, -- eine Ausdrucks- weise, die trotz ihres etwas paradoxen Klangs nach dem Vorher- gehenden leicht verstanden werden wird. Selbstverständlich ist es dann ein wirthschaftlicher Mißgriff, 5) Mosselmann, Compt. rend. Vol. 56. p. 1261.
Das Düngerkapital und der Raubbau. chen Ort Kanaliſation oder ſonſt ein Syſtem ein, bei welchem jeneStoffe für die Landwirthſchaft verloren gehen. An Orten dagegen, wo eine ſehr intenſive Kultur z. B. Tabaksbau herrſcht, wird auf der andern Seite der menſchliche Dünger von den Landwirthen ſo hoch bezahlt, daß der Stadtbewohner mit Freuden die Unbequemlichkeit der Aufbewahrung auf ſich nimmt, und unter dieſen Umſtänden kommen alſo wenigſtens die feſten menſchlichen Excremente der Land- wirthſchaft zu Gute, einfach deßhalb, weil die Düngung mit den- ſelben rentabel iſt. So veranlaſſen auch hier die immer wirkenden wirthſchaftlichen Geſetze die Anwendung eines produktiven Kapitals an dem Ort, wo es am Meiſten neue Güter hervorzubringen ver- mag, und das Düngerkapital dient in den beiden Fällen entweder bei der landwirthſchaftlichen Produktion, oder (wenn es verloren geht) zur Bequemlichkeit der Stadtbewohner, — eine Ausdrucks- weiſe, die trotz ihres etwas paradoxen Klangs nach dem Vorher- gehenden leicht verſtanden werden wird. Selbſtverſtändlich iſt es dann ein wirthſchaftlicher Mißgriff, 5) Mosselmann, Compt. rend. Vol. 56. p. 1261.
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Das Düngerkapital und der Raubbau.
chen Ort Kanaliſation oder ſonſt ein Syſtem ein, bei welchem jene
Stoffe für die Landwirthſchaft verloren gehen. An Orten dagegen,
wo eine ſehr intenſive Kultur z. B. Tabaksbau herrſcht, wird auf der
andern Seite der menſchliche Dünger von den Landwirthen ſo hoch
bezahlt, daß der Stadtbewohner mit Freuden die Unbequemlichkeit
der Aufbewahrung auf ſich nimmt, und unter dieſen Umſtänden
kommen alſo wenigſtens die feſten menſchlichen Excremente der Land-
wirthſchaft zu Gute, einfach deßhalb, weil die Düngung mit den-
ſelben rentabel iſt. So veranlaſſen auch hier die immer wirkenden
wirthſchaftlichen Geſetze die Anwendung eines produktiven Kapitals
an dem Ort, wo es am Meiſten neue Güter hervorzubringen ver-
mag, und das Düngerkapital dient in den beiden Fällen entweder
bei der landwirthſchaftlichen Produktion, oder (wenn es verloren
geht) zur Bequemlichkeit der Stadtbewohner, — eine Ausdrucks-
weiſe, die trotz ihres etwas paradoxen Klangs nach dem Vorher-
gehenden leicht verſtanden werden wird.
Selbſtverſtändlich iſt es dann ein wirthſchaftlicher Mißgriff,
wenn man Stoffen, die wie die flüſſigen Excremente allerdings
ein geringes Düngerkapital in ſich bergen, aber in der Regel bei
ihrem Transport auf den Acker eine weit größere Güterzerſtörung
verurſachen, als ſie neue Güter hervorzubringen fähig ſind, wenn
man ſolchen Stoffen durchaus die Rückkehr in die Felder, denen ſie
urſprünglich allerdings entnommen ſind, ermöglichen will, wie dies
z. B. in für die meiſten Verhältniſſe ſehr unpraktiſcher Weiſe
durch das Moſſelmann’ſche 5) Verfahren geſchieht. Glücklicher Weiſe
iſt der Bauer im Allgemeinen praktiſch genug, um ſich dergleichen
Stoffe, die ſeinem Beutel weit mehr nehmen, als ſie ſeinen Acker
zu bereichern fähig ſind, nicht aufdrängen zu laſſen.
5) Mosselmann, Compt. rend. Vol. 56. p. 1261.
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