Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881.Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. erscheint auch, daß die Spitzen des Beamtenheeres, vor Allemdie Ministerposten, für welche man wirklich Männer nicht blos von hervorragendem, sondern auch von originellem Geiste braucht, keineswegs auf dem Wege des regulären Avancements, sondern durch einen frischen Griff hinein in die verschiedensten Altersklassen, Rangstufen und sogar Berufsklassen besetzt zu werden pflegen. Dies gilt selbst für die höchsten Stellen beim Heere, obgleich hier ein mechanisches Vorrücken wegen der Er- haltung der Disciplin und eines guten kameradschaftlichen Tons die denkbar größte Berechtigung besitzt. -- Also die Wohlthaten dieser abweichenden Organisation beim Be- ginn der Docenten- und Beamtencarriere liegen hier offenbar zu Tage. Wie geht es nun aber weiter? -- Der bestallte Privat- Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. erſcheint auch, daß die Spitzen des Beamtenheeres, vor Allemdie Miniſterpoſten, für welche man wirklich Männer nicht blos von hervorragendem, ſondern auch von originellem Geiſte braucht, keineswegs auf dem Wege des regulären Avancements, ſondern durch einen friſchen Griff hinein in die verſchiedenſten Altersklaſſen, Rangſtufen und ſogar Berufsklaſſen beſetzt zu werden pflegen. Dies gilt ſelbſt für die höchſten Stellen beim Heere, obgleich hier ein mechaniſches Vorrücken wegen der Er- haltung der Disciplin und eines guten kameradſchaftlichen Tons die denkbar größte Berechtigung beſitzt. — Alſo die Wohlthaten dieſer abweichenden Organiſation beim Be- ginn der Docenten- und Beamtencarrière liegen hier offenbar zu Tage. Wie geht es nun aber weiter? — Der beſtallte Privat- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="169 [9]"/><lb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt.</hi></fw> erſcheint auch, daß die Spitzen des Beamtenheeres, vor Allem<lb/> die Miniſterpoſten, für welche man wirklich Männer nicht blos<lb/> von hervorragendem, ſondern auch von originellem Geiſte<lb/> braucht, keineswegs auf dem Wege des regulären Avancements,<lb/> ſondern durch einen friſchen Griff hinein in die verſchiedenſten<lb/> Altersklaſſen, Rangſtufen und ſogar Berufsklaſſen beſetzt zu<lb/> werden pflegen. Dies gilt ſelbſt für die höchſten Stellen beim<lb/> Heere, obgleich hier ein mechaniſches Vorrücken wegen der Er-<lb/> haltung der Disciplin und eines guten kameradſchaftlichen<lb/> Tons die denkbar größte Berechtigung beſitzt. — Alſo<lb/> die Wohlthaten dieſer abweichenden Organiſation beim Be-<lb/> ginn der Docenten- und Beamtencarri<hi rendition="#aq">è</hi>re liegen hier offenbar<lb/> zu Tage.</p><lb/> <p>Wie geht es nun aber weiter? — Der beſtallte Privat-<lb/> docent hat das Recht Collegien zu leſen nach ſeinem Gut-<lb/> dünken. Er ſteht rechtlich dem Studirenden gegenüber wie<lb/> ein ordentlicher Univerſitätslehrer. Jener hat die freie Wahl,<lb/> auch wo für den künftigen Staatsdiener Studienzwang beſteht,<lb/> ſich ſeine Ausbildung bei dem „Docenten auf eigene Rechnung<lb/> und Gefahr‟ oder bei dem vom Staate angeſtellten zu holen.<lb/> Auch die Collegienhonorare ſind in beiden Fällen dieſelben.<lb/> An den wenigen, namentlich preußiſchen Univerſitäten, wo dem<lb/> Privatdocenten dieſes Recht der freien Concurrenz verkümmert<lb/> iſt, tritt charakteriſtiſch genug der Anfang einer Staatsfürſorge<lb/> für denſelben ein, in der Weiſe etwa, daß man ihnen für<lb/> Leiſtungen in beſtimmter Richtung Remunerationen zuſichert.<lb/> Auch iſt daſelbſt eine Jnitiative für Schaffung eines Standes<lb/> von Staatsdocenten, wie ſie z. B. die ruſſiſchen Univerſitäten<lb/> ganz regelmäßig beſitzen, am deutlichſten fühlbar. Es handelt<lb/> ſich hier eben ganz allgemein um eine Abſchwächung des ultra-<lb/> liberaliſtiſchen Princips, welche ja für Preußen im ſchlimmen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [169 [9]/0011]
Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt.
erſcheint auch, daß die Spitzen des Beamtenheeres, vor Allem
die Miniſterpoſten, für welche man wirklich Männer nicht blos
von hervorragendem, ſondern auch von originellem Geiſte
braucht, keineswegs auf dem Wege des regulären Avancements,
ſondern durch einen friſchen Griff hinein in die verſchiedenſten
Altersklaſſen, Rangſtufen und ſogar Berufsklaſſen beſetzt zu
werden pflegen. Dies gilt ſelbſt für die höchſten Stellen beim
Heere, obgleich hier ein mechaniſches Vorrücken wegen der Er-
haltung der Disciplin und eines guten kameradſchaftlichen
Tons die denkbar größte Berechtigung beſitzt. — Alſo
die Wohlthaten dieſer abweichenden Organiſation beim Be-
ginn der Docenten- und Beamtencarrière liegen hier offenbar
zu Tage.
Wie geht es nun aber weiter? — Der beſtallte Privat-
docent hat das Recht Collegien zu leſen nach ſeinem Gut-
dünken. Er ſteht rechtlich dem Studirenden gegenüber wie
ein ordentlicher Univerſitätslehrer. Jener hat die freie Wahl,
auch wo für den künftigen Staatsdiener Studienzwang beſteht,
ſich ſeine Ausbildung bei dem „Docenten auf eigene Rechnung
und Gefahr‟ oder bei dem vom Staate angeſtellten zu holen.
Auch die Collegienhonorare ſind in beiden Fällen dieſelben.
An den wenigen, namentlich preußiſchen Univerſitäten, wo dem
Privatdocenten dieſes Recht der freien Concurrenz verkümmert
iſt, tritt charakteriſtiſch genug der Anfang einer Staatsfürſorge
für denſelben ein, in der Weiſe etwa, daß man ihnen für
Leiſtungen in beſtimmter Richtung Remunerationen zuſichert.
Auch iſt daſelbſt eine Jnitiative für Schaffung eines Standes
von Staatsdocenten, wie ſie z. B. die ruſſiſchen Univerſitäten
ganz regelmäßig beſitzen, am deutlichſten fühlbar. Es handelt
ſich hier eben ganz allgemein um eine Abſchwächung des ultra-
liberaliſtiſchen Princips, welche ja für Preußen im ſchlimmen,
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