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Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881.

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A. Mayer:
Grunde liegenden Anschauungen, die dann wohl durch den
Vergleich gewürzt werden, daß ein Regiment Soldaten dem
Staat mehr koste als eine ganze Universität, keineswegs bei-
pflichten. So lange dem Gelehrtenstande der schöne Jdealis-
mus nicht verloren geht, der die einzige haltbare Triebfeder
seines segensreichen Wirkens ist, wird er sich auch mit einem
mäßigen bürgerlichen Einkommen begnügen können; er wird
dies können im Hinblick auf die tiefe innere Befriedigung, die
ihm vor allen anderen Ständen zu Theil wird. -- Was soll
der scheele Seitenblick nach dem Verdienste kaufmännischer
Stellungen? Wozu der Ehrgeiz, bei großen Diners den Glanz
einer ausgesuchten Küche zu entfalten, damit um so sicherer
der geistige Austausch bei solchen Gelagen auf das gemeine
Niveau ungebildeter Menschen herabsinke? Hier gilt in Wahr-
heit das vielfach mißbrauchte Wort: Man kann nicht Gott
dienen und dem Mammon.

Und was denn gar die Luxusbauten von modernen Jn-
stituten betrifft, so sind sie mit nichten der Maßstab einer
allgemein vorzunehmenden Ausstattung. Es ist nicht blos ein
psychologisches Gesetz, daß allzu große Erleichterung des Schaf-
fens die Energie desselben erschlaffen macht, und daß vollends
großer Luxus geradezu entnervt; es ist auch geradezu stati-
stisch nachweisbar, daß die großen neuerbauten Laboratorien
die Produktionsfähigkeit keineswegs gehoben gaben, nament-
lich dann nicht, wenn fürstliche Amtswohnungen die bessere
Hälfte des Baus in Anspruch nehmen. Es wird z. B. Nie-
mand die Behauptung mit Glück zu vertheidigen im Stande
sein, daß heute in den chemischen Palästen zu Leipzig oder
Bonn mehr geleistet wird als in den anspruchslosen Jnstituten
Göttingens, Straßburgs, Tübingens, Heidelbergs; auch nicht
die, daß einzelne Chemiker nach Versetzung in die glänzende


A. Mayer:
Grunde liegenden Anſchauungen, die dann wohl durch den
Vergleich gewürzt werden, daß ein Regiment Soldaten dem
Staat mehr koſte als eine ganze Univerſität, keineswegs bei-
pflichten. So lange dem Gelehrtenſtande der ſchöne Jdealis-
mus nicht verloren geht, der die einzige haltbare Triebfeder
ſeines ſegensreichen Wirkens iſt, wird er ſich auch mit einem
mäßigen bürgerlichen Einkommen begnügen können; er wird
dies können im Hinblick auf die tiefe innere Befriedigung, die
ihm vor allen anderen Ständen zu Theil wird. — Was ſoll
der ſcheele Seitenblick nach dem Verdienſte kaufmänniſcher
Stellungen? Wozu der Ehrgeiz, bei großen Diners den Glanz
einer ausgeſuchten Küche zu entfalten, damit um ſo ſicherer
der geiſtige Austauſch bei ſolchen Gelagen auf das gemeine
Niveau ungebildeter Menſchen herabſinke? Hier gilt in Wahr-
heit das vielfach mißbrauchte Wort: Man kann nicht Gott
dienen und dem Mammon.

Und was denn gar die Luxusbauten von modernen Jn-
ſtituten betrifft, ſo ſind ſie mit nichten der Maßſtab einer
allgemein vorzunehmenden Ausſtattung. Es iſt nicht blos ein
pſychologiſches Geſetz, daß allzu große Erleichterung des Schaf-
fens die Energie desſelben erſchlaffen macht, und daß vollends
großer Luxus geradezu entnervt; es iſt auch geradezu ſtati-
ſtiſch nachweisbar, daß die großen neuerbauten Laboratorien
die Produktionsfähigkeit keineswegs gehoben gaben, nament-
lich dann nicht, wenn fürſtliche Amtswohnungen die beſſere
Hälfte des Baus in Anſpruch nehmen. Es wird z. B. Nie-
mand die Behauptung mit Glück zu vertheidigen im Stande
ſein, daß heute in den chemiſchen Paläſten zu Leipzig oder
Bonn mehr geleiſtet wird als in den anſpruchsloſen Jnſtituten
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[190 [30]/0032] A. Mayer: Grunde liegenden Anſchauungen, die dann wohl durch den Vergleich gewürzt werden, daß ein Regiment Soldaten dem Staat mehr koſte als eine ganze Univerſität, keineswegs bei- pflichten. So lange dem Gelehrtenſtande der ſchöne Jdealis- mus nicht verloren geht, der die einzige haltbare Triebfeder ſeines ſegensreichen Wirkens iſt, wird er ſich auch mit einem mäßigen bürgerlichen Einkommen begnügen können; er wird dies können im Hinblick auf die tiefe innere Befriedigung, die ihm vor allen anderen Ständen zu Theil wird. — Was ſoll der ſcheele Seitenblick nach dem Verdienſte kaufmänniſcher Stellungen? Wozu der Ehrgeiz, bei großen Diners den Glanz einer ausgeſuchten Küche zu entfalten, damit um ſo ſicherer der geiſtige Austauſch bei ſolchen Gelagen auf das gemeine Niveau ungebildeter Menſchen herabſinke? Hier gilt in Wahr- heit das vielfach mißbrauchte Wort: Man kann nicht Gott dienen und dem Mammon. Und was denn gar die Luxusbauten von modernen Jn- ſtituten betrifft, ſo ſind ſie mit nichten der Maßſtab einer allgemein vorzunehmenden Ausſtattung. Es iſt nicht blos ein pſychologiſches Geſetz, daß allzu große Erleichterung des Schaf- fens die Energie desſelben erſchlaffen macht, und daß vollends großer Luxus geradezu entnervt; es iſt auch geradezu ſtati- ſtiſch nachweisbar, daß die großen neuerbauten Laboratorien die Produktionsfähigkeit keineswegs gehoben gaben, nament- lich dann nicht, wenn fürſtliche Amtswohnungen die beſſere Hälfte des Baus in Anſpruch nehmen. Es wird z. B. Nie- mand die Behauptung mit Glück zu vertheidigen im Stande ſein, daß heute in den chemiſchen Paläſten zu Leipzig oder Bonn mehr geleiſtet wird als in den anſpruchsloſen Jnſtituten Göttingens, Straßburgs, Tübingens, Heidelbergs; auch nicht die, daß einzelne Chemiker nach Verſetzung in die glänzende

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881, S. 190 [30]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_kapitalismus_1881/32>, abgerufen am 24.11.2024.