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Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881.

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A. Mayer:
auf's Jnnigste verwachsen sind. Es mag im Hinblick darauf
entschuldigt sein, wenn wir uns im Positiven auf einige An-
dentungen beschränken. Die Sache ist doch verloren, wenn
nicht eine bessere Kraft sich ihrer annimmt und sich ihr ganz
widmet.

Zunächst müßte die Organisation unserer Universitäten
eine solche sein, daß jedem wissenschaftlich bedeutenden Menschen
die Aussicht eröffnet wäre, gleichviel wie es mit dem Lehr-
bedarf steht, seinen bescheidenen Platz wenigstens als bezahlter
außerordentlicher Professor, selbstverständlich mit Staatsdiener-
eigenschaft, zu erhalten. Es dürfte nicht mehr vorkommen, daß
Männer von einem Rufe, daß sie von auswärtigen Akademien
als correspondirende Mitglieder gewählt werden, lebenslang
als Privatdocenten, nämlich als sogen. charakterisirte Extra-
ordinarii bei uns sitzen bleiben. Man setze für die außer-
ordentlichen Professoren ein Gehalt fest, von dem eine an-
ständige Familie mit einigem Zuschuß durch Colleggelder oder
literarische Einnahmen zur Noth zu existiren vermag, also viel-
leicht 3000 Mark für kleinere und mittlere Universitäten. Man
mache bei der Erhebung auf diesen Rang keine weiteren Be-
zahlungsunterschiede, höchstens gewähre man eine Anciennitäts-,
Wohnungs- oder Theuerungszulage nach durchaus feststehenden
Normen.

Mit der Erhebung eines Privatdocenten zu dieser Rang-
klasse sei ausgedrückt: Der Mann hat das Zeug zu einem
Professor; ist aber kein Ordinariat frei, so muß er sich eben
mit der etwas bescheideneren Stellung außerhalb der Fakultät
begnügen, die ihm aber Berufsehre und eine kleine Existenz
sichert. Die Wahl zum Extraordinarius darf dann ferner
nicht mehr in der zweckwidrigen Weise vor sich gehen, daß die
Hauptentscheidung praktisch in die Hand des concurrirenden


A. Mayer:
auf’s Jnnigſte verwachſen ſind. Es mag im Hinblick darauf
entſchuldigt ſein, wenn wir uns im Poſitiven auf einige An-
dentungen beſchränken. Die Sache iſt doch verloren, wenn
nicht eine beſſere Kraft ſich ihrer annimmt und ſich ihr ganz
widmet.

Zunächſt müßte die Organiſation unſerer Univerſitäten
eine ſolche ſein, daß jedem wiſſenſchaftlich bedeutenden Menſchen
die Ausſicht eröffnet wäre, gleichviel wie es mit dem Lehr-
bedarf ſteht, ſeinen beſcheidenen Platz wenigſtens als bezahlter
außerordentlicher Profeſſor, ſelbſtverſtändlich mit Staatsdiener-
eigenſchaft, zu erhalten. Es dürfte nicht mehr vorkommen, daß
Männer von einem Rufe, daß ſie von auswärtigen Akademien
als correſpondirende Mitglieder gewählt werden, lebenslang
als Privatdocenten, nämlich als ſogen. charakteriſirte Extra-
ordinarii bei uns ſitzen bleiben. Man ſetze für die außer-
ordentlichen Profeſſoren ein Gehalt feſt, von dem eine an-
ſtändige Familie mit einigem Zuſchuß durch Colleggelder oder
literariſche Einnahmen zur Noth zu exiſtiren vermag, alſo viel-
leicht 3000 Mark für kleinere und mittlere Univerſitäten. Man
mache bei der Erhebung auf dieſen Rang keine weiteren Be-
zahlungsunterſchiede, höchſtens gewähre man eine Anciennitäts-,
Wohnungs- oder Theuerungszulage nach durchaus feſtſtehenden
Normen.

Mit der Erhebung eines Privatdocenten zu dieſer Rang-
klaſſe ſei ausgedrückt: Der Mann hat das Zeug zu einem
Profeſſor; iſt aber kein Ordinariat frei, ſo muß er ſich eben
mit der etwas beſcheideneren Stellung außerhalb der Fakultät
begnügen, die ihm aber Berufsehre und eine kleine Exiſtenz
ſichert. Die Wahl zum Extraordinarius darf dann ferner
nicht mehr in der zweckwidrigen Weiſe vor ſich gehen, daß die
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[194 [34]/0036] A. Mayer: auf’s Jnnigſte verwachſen ſind. Es mag im Hinblick darauf entſchuldigt ſein, wenn wir uns im Poſitiven auf einige An- dentungen beſchränken. Die Sache iſt doch verloren, wenn nicht eine beſſere Kraft ſich ihrer annimmt und ſich ihr ganz widmet. Zunächſt müßte die Organiſation unſerer Univerſitäten eine ſolche ſein, daß jedem wiſſenſchaftlich bedeutenden Menſchen die Ausſicht eröffnet wäre, gleichviel wie es mit dem Lehr- bedarf ſteht, ſeinen beſcheidenen Platz wenigſtens als bezahlter außerordentlicher Profeſſor, ſelbſtverſtändlich mit Staatsdiener- eigenſchaft, zu erhalten. Es dürfte nicht mehr vorkommen, daß Männer von einem Rufe, daß ſie von auswärtigen Akademien als correſpondirende Mitglieder gewählt werden, lebenslang als Privatdocenten, nämlich als ſogen. charakteriſirte Extra- ordinarii bei uns ſitzen bleiben. Man ſetze für die außer- ordentlichen Profeſſoren ein Gehalt feſt, von dem eine an- ſtändige Familie mit einigem Zuſchuß durch Colleggelder oder literariſche Einnahmen zur Noth zu exiſtiren vermag, alſo viel- leicht 3000 Mark für kleinere und mittlere Univerſitäten. Man mache bei der Erhebung auf dieſen Rang keine weiteren Be- zahlungsunterſchiede, höchſtens gewähre man eine Anciennitäts-, Wohnungs- oder Theuerungszulage nach durchaus feſtſtehenden Normen. Mit der Erhebung eines Privatdocenten zu dieſer Rang- klaſſe ſei ausgedrückt: Der Mann hat das Zeug zu einem Profeſſor; iſt aber kein Ordinariat frei, ſo muß er ſich eben mit der etwas beſcheideneren Stellung außerhalb der Fakultät begnügen, die ihm aber Berufsehre und eine kleine Exiſtenz ſichert. Die Wahl zum Extraordinarius darf dann ferner nicht mehr in der zweckwidrigen Weiſe vor ſich gehen, daß die Hauptentſcheidung praktiſch in die Hand des concurrirenden

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881, S. 194 [34]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_kapitalismus_1881/36>, abgerufen am 21.11.2024.