Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881.Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. Gutachten ausarbeiten mußte. Und dann, denke ich, ist eswohl auch der Mühe werth, junge verdiente Kräfte auf ihrem Lebenswege zu befördern, ja es ist dies oft für alte über- arbeitete und unproduktive Köpfe das einzige Mittel, noch indirekt für die Wissenschaft etwas zu thun. Gestattet es die kostbare Zeit der gelehrten Herren ihnen doch auch bei Doctor- examinas in gänzlich fremden Fächern anwesend zu sein, aus Gründen freilich, die mit jenen des tauben Mitgliedes der französischen Akademie, der trotzdem bei jeder Sitzung seinen Fauteuil einnahm, identisch sein dürften. Von Seiten der Regierungen wird vielleicht befürchtet, Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. Gutachten ausarbeiten mußte. Und dann, denke ich, iſt eswohl auch der Mühe werth, junge verdiente Kräfte auf ihrem Lebenswege zu befördern, ja es iſt dies oft für alte über- arbeitete und unproduktive Köpfe das einzige Mittel, noch indirekt für die Wiſſenſchaft etwas zu thun. Geſtattet es die koſtbare Zeit der gelehrten Herren ihnen doch auch bei Doctor- examinas in gänzlich fremden Fächern anweſend zu ſein, aus Gründen freilich, die mit jenen des tauben Mitgliedes der franzöſiſchen Akademie, der trotzdem bei jeder Sitzung ſeinen Fauteuil einnahm, identiſch ſein dürften. Von Seiten der Regierungen wird vielleicht befürchtet, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0039" n="197 [37]"/><lb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt.</hi></fw> Gutachten ausarbeiten mußte. Und dann, denke ich, iſt es<lb/> wohl auch der Mühe werth, junge verdiente Kräfte auf ihrem<lb/> Lebenswege zu befördern, ja es iſt dies oft für alte über-<lb/> arbeitete und unproduktive Köpfe das einzige Mittel, noch<lb/> indirekt für die Wiſſenſchaft etwas zu thun. Geſtattet es die<lb/> koſtbare Zeit der gelehrten Herren ihnen doch auch bei Doctor-<lb/> examinas in gänzlich fremden Fächern anweſend zu ſein, aus<lb/> Gründen freilich, die mit jenen des tauben Mitgliedes der<lb/> franzöſiſchen Akademie, der trotzdem bei jeder Sitzung ſeinen<lb/> Fauteuil einnahm, identiſch ſein dürften.</p><lb/> <p>Von Seiten der Regierungen wird vielleicht befürchtet,<lb/> daß der Andrang zu dem ſo definirten Extraordinariat zu<lb/> mächtig werden und die Staatsmittel zu ſehr in Anſpruch<lb/> nehmen würde. Nun es wäre vielleicht ſo übel nicht, wenn<lb/> die Anzahl der auf dem Felde der Wiſſenſchaft mit Erfolg<lb/> Thätigen noch um eine erhebliche Größe zu ſteigern wäre;<lb/> indeſſen würde das niedrige Gehalt als ein zweifelhafter Lock-<lb/> vogel dienen. Es handelt ſich ja nicht um fette Pfründen,<lb/> nicht einmal um etwas, was mit den engliſchen Fellowſhips<lb/> zu vergleichen wäre, ſondern nur um eine Beſchützung vor<lb/> der äußerſten Dürftigkeit. Auch bliebe es dem Staate un-<lb/> verwehrt, die Zahl der honorirten Extraordinariate auf eine<lb/> beſtimmte Maximalzahl feſtzuſetzen. Die überzählig Ernannten<lb/> würden dann eine Zeit lang leer ausgehen, bis ſie der An-<lb/> ciennität nach in die erledigten Stellen vorrückten. Es wäre<lb/> ihnen dann doch die Schande erſpart, daß man ihnen gelegentlich<lb/> den Bettel von einigen hundert Mark vor die Füße würfe.<lb/> Und würden nicht bald, ſobald der Fingerzeig gegeben iſt,<lb/> durch milde Stiftungen bei einem ſo ganz unerwarteten Auf-<lb/> blühen des wiſſenſchaftlichen Geiſtes, Fonds für die Dotirung<lb/> etwaiger überzähliger Profeſſorate von ſelber fließen?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [197 [37]/0039]
Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt.
Gutachten ausarbeiten mußte. Und dann, denke ich, iſt es
wohl auch der Mühe werth, junge verdiente Kräfte auf ihrem
Lebenswege zu befördern, ja es iſt dies oft für alte über-
arbeitete und unproduktive Köpfe das einzige Mittel, noch
indirekt für die Wiſſenſchaft etwas zu thun. Geſtattet es die
koſtbare Zeit der gelehrten Herren ihnen doch auch bei Doctor-
examinas in gänzlich fremden Fächern anweſend zu ſein, aus
Gründen freilich, die mit jenen des tauben Mitgliedes der
franzöſiſchen Akademie, der trotzdem bei jeder Sitzung ſeinen
Fauteuil einnahm, identiſch ſein dürften.
Von Seiten der Regierungen wird vielleicht befürchtet,
daß der Andrang zu dem ſo definirten Extraordinariat zu
mächtig werden und die Staatsmittel zu ſehr in Anſpruch
nehmen würde. Nun es wäre vielleicht ſo übel nicht, wenn
die Anzahl der auf dem Felde der Wiſſenſchaft mit Erfolg
Thätigen noch um eine erhebliche Größe zu ſteigern wäre;
indeſſen würde das niedrige Gehalt als ein zweifelhafter Lock-
vogel dienen. Es handelt ſich ja nicht um fette Pfründen,
nicht einmal um etwas, was mit den engliſchen Fellowſhips
zu vergleichen wäre, ſondern nur um eine Beſchützung vor
der äußerſten Dürftigkeit. Auch bliebe es dem Staate un-
verwehrt, die Zahl der honorirten Extraordinariate auf eine
beſtimmte Maximalzahl feſtzuſetzen. Die überzählig Ernannten
würden dann eine Zeit lang leer ausgehen, bis ſie der An-
ciennität nach in die erledigten Stellen vorrückten. Es wäre
ihnen dann doch die Schande erſpart, daß man ihnen gelegentlich
den Bettel von einigen hundert Mark vor die Füße würfe.
Und würden nicht bald, ſobald der Fingerzeig gegeben iſt,
durch milde Stiftungen bei einem ſo ganz unerwarteten Auf-
blühen des wiſſenſchaftlichen Geiſtes, Fonds für die Dotirung
etwaiger überzähliger Profeſſorate von ſelber fließen?
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