Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite


Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt.
änderungen durchsetzten. Darin liegt ja auch der Grund für
das Außerstehenden so räthselhafte, gespensterhafte Fortleben
verrotteter Jnstitutionen an den hohen Schulen, während das
Beispiel Straßburgs und der polytechnischen Schulen lehrt,
daß es leicht ist, eine neue Schule mit vergleichungsweise ge-
sunden Einrichtungen zu gründen.

Die einzige politische Weise vorzugehen ist nach der Meinung
des Schreibers die Gründung eines allgemeinen Vereins
deutscher Docenten
mit regelmäßigen Versammlungen, in
denen man sich über einen keineswegs im Detail auszuarbeiten-
den Plan der Neuordnung einigen müßte. Jst so viel erlangt,
dann müßte jeder einzelne Zustimmende -- nicht ein Gelübde ab-
legen -- aber sich doch für moralisch verpflichtet achten, in seiner
späteren Lebensstellung, so viel an ihm läge, mitzuarbeiten an
der späteren Erfüllung des Programms. Jst das Programm
überhaupt ausführbar, und nicht das Luftschloß radicaler
Jugendträumerei, so wird sich dann ein oder zwei Dezennien
später innerhalb der Fakultäten selber eine Majorität von Gut-
gesinnten herausstellen, deren Ansinnen der Staat nicht wider-
streben wird. Es wird sich dann auch ohne Zweifel heraus-
stellen, daß Einzelnes des hier Geforderten unreif oder un-
ausführbar sein wird; aber ich denke es wird ein guter Kern
beherzigenswerther Rathschläge übrig bleiben.




Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt.
änderungen durchſetzten. Darin liegt ja auch der Grund für
das Außerſtehenden ſo räthſelhafte, geſpenſterhafte Fortleben
verrotteter Jnſtitutionen an den hohen Schulen, während das
Beiſpiel Straßburgs und der polytechniſchen Schulen lehrt,
daß es leicht iſt, eine neue Schule mit vergleichungsweiſe ge-
ſunden Einrichtungen zu gründen.

Die einzige politiſche Weiſe vorzugehen iſt nach der Meinung
des Schreibers die Gründung eines allgemeinen Vereins
deutſcher Docenten
mit regelmäßigen Verſammlungen, in
denen man ſich über einen keineswegs im Detail auszuarbeiten-
den Plan der Neuordnung einigen müßte. Jſt ſo viel erlangt,
dann müßte jeder einzelne Zuſtimmende — nicht ein Gelübde ab-
legen — aber ſich doch für moraliſch verpflichtet achten, in ſeiner
ſpäteren Lebensſtellung, ſo viel an ihm läge, mitzuarbeiten an
der ſpäteren Erfüllung des Programms. Jſt das Programm
überhaupt ausführbar, und nicht das Luftſchloß radicaler
Jugendträumerei, ſo wird ſich dann ein oder zwei Dezennien
ſpäter innerhalb der Fakultäten ſelber eine Majorität von Gut-
geſinnten herausſtellen, deren Anſinnen der Staat nicht wider-
ſtreben wird. Es wird ſich dann auch ohne Zweifel heraus-
ſtellen, daß Einzelnes des hier Geforderten unreif oder un-
ausführbar ſein wird; aber ich denke es wird ein guter Kern
beherzigenswerther Rathſchläge übrig bleiben.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0045" n="203 [43]"/><lb/>
<fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt.</hi></fw> änderungen durch&#x017F;etzten. Darin liegt ja auch der Grund für<lb/>
das Außer&#x017F;tehenden &#x017F;o räth&#x017F;elhafte, ge&#x017F;pen&#x017F;terhafte Fortleben<lb/>
verrotteter Jn&#x017F;titutionen an den hohen Schulen, während das<lb/>
Bei&#x017F;piel Straßburgs und der polytechni&#x017F;chen Schulen lehrt,<lb/>
daß es leicht i&#x017F;t, eine neue Schule mit vergleichungswei&#x017F;e ge-<lb/>
&#x017F;unden Einrichtungen zu gründen.</p><lb/>
        <p>Die einzige politi&#x017F;che Wei&#x017F;e vorzugehen i&#x017F;t nach der Meinung<lb/>
des Schreibers die Gründung eines <hi rendition="#g">allgemeinen Vereins<lb/>
deut&#x017F;cher Docenten</hi> mit regelmäßigen Ver&#x017F;ammlungen, in<lb/>
denen man &#x017F;ich über einen keineswegs im Detail auszuarbeiten-<lb/>
den Plan der Neuordnung einigen müßte. J&#x017F;t &#x017F;o viel erlangt,<lb/>
dann müßte jeder einzelne Zu&#x017F;timmende &#x2014; nicht ein Gelübde ab-<lb/>
legen &#x2014; aber &#x017F;ich doch für morali&#x017F;ch verpflichtet achten, in &#x017F;einer<lb/>
&#x017F;päteren Lebens&#x017F;tellung, &#x017F;o viel an ihm läge, mitzuarbeiten an<lb/>
der &#x017F;päteren Erfüllung des Programms. J&#x017F;t das Programm<lb/>
überhaupt ausführbar, und nicht das Luft&#x017F;chloß radicaler<lb/>
Jugendträumerei, &#x017F;o wird &#x017F;ich dann ein oder zwei Dezennien<lb/>
&#x017F;päter innerhalb der Fakultäten &#x017F;elber eine Majorität von Gut-<lb/>
ge&#x017F;innten heraus&#x017F;tellen, deren An&#x017F;innen der Staat nicht wider-<lb/>
&#x017F;treben wird. Es wird &#x017F;ich dann auch ohne Zweifel heraus-<lb/>
&#x017F;tellen, daß Einzelnes des hier Geforderten unreif oder un-<lb/>
ausführbar &#x017F;ein wird; aber ich denke es wird ein guter Kern<lb/>
beherzigenswerther Rath&#x017F;chläge übrig bleiben.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203 [43]/0045] Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. änderungen durchſetzten. Darin liegt ja auch der Grund für das Außerſtehenden ſo räthſelhafte, geſpenſterhafte Fortleben verrotteter Jnſtitutionen an den hohen Schulen, während das Beiſpiel Straßburgs und der polytechniſchen Schulen lehrt, daß es leicht iſt, eine neue Schule mit vergleichungsweiſe ge- ſunden Einrichtungen zu gründen. Die einzige politiſche Weiſe vorzugehen iſt nach der Meinung des Schreibers die Gründung eines allgemeinen Vereins deutſcher Docenten mit regelmäßigen Verſammlungen, in denen man ſich über einen keineswegs im Detail auszuarbeiten- den Plan der Neuordnung einigen müßte. Jſt ſo viel erlangt, dann müßte jeder einzelne Zuſtimmende — nicht ein Gelübde ab- legen — aber ſich doch für moraliſch verpflichtet achten, in ſeiner ſpäteren Lebensſtellung, ſo viel an ihm läge, mitzuarbeiten an der ſpäteren Erfüllung des Programms. Jſt das Programm überhaupt ausführbar, und nicht das Luftſchloß radicaler Jugendträumerei, ſo wird ſich dann ein oder zwei Dezennien ſpäter innerhalb der Fakultäten ſelber eine Majorität von Gut- geſinnten herausſtellen, deren Anſinnen der Staat nicht wider- ſtreben wird. Es wird ſich dann auch ohne Zweifel heraus- ſtellen, daß Einzelnes des hier Geforderten unreif oder un- ausführbar ſein wird; aber ich denke es wird ein guter Kern beherzigenswerther Rathſchläge übrig bleiben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_kapitalismus_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_kapitalismus_1881/45
Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881, S. 203 [43]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_kapitalismus_1881/45>, abgerufen am 21.11.2024.