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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.

Mit diesen besonderen rechtlichen Eigenschaften der vollziehenden
Gewalt verhält es sich dann wieder geradeso wie mit denen des Ge-
setzes. Die vollziehende Gewalt bedeutet nicht, dass diese Eigen-
schaften nun bei allen ihren Willensäusserungen zur Geltung kommen.
Es hängt von dem Inhalt der Willensäusserung ab, inwieweit dies der
Fall ist. Je nachdem sie damit den Vorrang, den Vorbehalt des Ge-
setzes berührt, erfährt sie die Schranke; soweit sie in den Bereich
von Rechtssätzen, Verwaltungsakten, subjektiven öffentlichen Rechten
kommt, wird sie daran gebunden sein. Sie kann sich auch auf freiem
Gebiete bewegen, dann kommt ihre besondere rechtliche Eigenschaft
überhaupt nicht zum Vorschein. Öffentliche Gewalt bleibt sie immer-
hin und kann den Einzelnen, den sie trifft, auch in solchen Verhält-
nissen rechtlich bindend bestimmen17.

Die Möglichkeit eines Heraustretens aus dem Gebiet der öffent-
lichen Gewalt unter die Herrschaft des Civilrechts ist daneben vor-
behalten.

Möglichkeit der Thätigkeit oder die Kraft für sich", im Gegensatz zur Verwaltung,
deren Funktionen sich an die Art der Objekte anschliessen. Der Gedanke wird
freilich nicht weiter durchgeführt und in der zweiten Auflage stark abgeschwächt.
An die Ausbildung des Begriffs des Gesetzes im formellen Sinne schliesst sich jetzt
eine entsprechende Bestimmung des Begriffs der vollziehenden Gewalt an, die
gleichfalls formell sein will und auf die Entstehungsart des staatlichen Willens
allein das Gewicht legt (Laband, St.R. I S. 674; Bornhak, Preuss. St.R. I
S. 433, 434). Wir stehen dazu wie zum Gesetz im formellen Sinne (oben Note 5):
die Entstehungsart ist wesentlich, aber es hängt an ihr die Erscheinung eines
Willens von bestimmten rechtlichen Eigenschaften. Auch hier ist in dem formellen
Begriffe schon ein Element enthalten, das hinüberweist auf die Art der Wirkung
dieses Willens.
17 Haenel, wie er im Gegensatze zur Lehre vom Gesetze im formellen
Sinne die dem Gesetze zustehende Rechtschaffung zu einem notwendigen Bestand-
teil seiner Erscheinung macht, verfährt nun ganz in der gleichen Weise auf der
anderen Seite mit der "Vollziehung". Der Staatswille muss hier notwendig im Zu-
stande der Gebundenheit erscheinen: "Jeder Willensakt des Staates, der Vollziehung
ist, muss seine objektivrechtliche Begründung und damit Bindung nachweisen können"
(Ges. im form. und mat. Sinne S. 197). Da wird also der Begriff wieder ganz auf
die Erfüllung einer bestimmten Funktion beschränkt. -- Haenel will zwar mit dem
Worte Vollziehung alle Funktionen des Staats begreifen, die nicht Gesetzgebung
sind. Allein wie dort die Gesetze, die keine Rechtssätze enthalten, so fallen hier
wieder alle Willensäusserungen der vollziehenden Gewalt, an welchen keine Ge-
bundenheit zum Vorschein kommt, neben herunter.
Für uns handelt es sich hier nur um Fähigkeiten. Wenn dazwischen auch
das Wort Regierung im Sinne von vollziehender Gewalt gebraucht wird
(Zachariae, Vierz. B. I S. 124), dann hört es eben auf, eine "Funktion" oder
Thätigkeitsort (oben S. 4) zu bedeuten.
Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.

Mit diesen besonderen rechtlichen Eigenschaften der vollziehenden
Gewalt verhält es sich dann wieder geradeso wie mit denen des Ge-
setzes. Die vollziehende Gewalt bedeutet nicht, daſs diese Eigen-
schaften nun bei allen ihren Willensäuſserungen zur Geltung kommen.
Es hängt von dem Inhalt der Willensäuſserung ab, inwieweit dies der
Fall ist. Je nachdem sie damit den Vorrang, den Vorbehalt des Ge-
setzes berührt, erfährt sie die Schranke; soweit sie in den Bereich
von Rechtssätzen, Verwaltungsakten, subjektiven öffentlichen Rechten
kommt, wird sie daran gebunden sein. Sie kann sich auch auf freiem
Gebiete bewegen, dann kommt ihre besondere rechtliche Eigenschaft
überhaupt nicht zum Vorschein. Öffentliche Gewalt bleibt sie immer-
hin und kann den Einzelnen, den sie trifft, auch in solchen Verhält-
nissen rechtlich bindend bestimmen17.

Die Möglichkeit eines Heraustretens aus dem Gebiet der öffent-
lichen Gewalt unter die Herrschaft des Civilrechts ist daneben vor-
behalten.

Möglichkeit der Thätigkeit oder die Kraft für sich“, im Gegensatz zur Verwaltung,
deren Funktionen sich an die Art der Objekte anschlieſsen. Der Gedanke wird
freilich nicht weiter durchgeführt und in der zweiten Auflage stark abgeschwächt.
An die Ausbildung des Begriffs des Gesetzes im formellen Sinne schlieſst sich jetzt
eine entsprechende Bestimmung des Begriffs der vollziehenden Gewalt an, die
gleichfalls formell sein will und auf die Entstehungsart des staatlichen Willens
allein das Gewicht legt (Laband, St.R. I S. 674; Bornhak, Preuſs. St.R. I
S. 433, 434). Wir stehen dazu wie zum Gesetz im formellen Sinne (oben Note 5):
die Entstehungsart ist wesentlich, aber es hängt an ihr die Erscheinung eines
Willens von bestimmten rechtlichen Eigenschaften. Auch hier ist in dem formellen
Begriffe schon ein Element enthalten, das hinüberweist auf die Art der Wirkung
dieses Willens.
17 Haenel, wie er im Gegensatze zur Lehre vom Gesetze im formellen
Sinne die dem Gesetze zustehende Rechtschaffung zu einem notwendigen Bestand-
teil seiner Erscheinung macht, verfährt nun ganz in der gleichen Weise auf der
anderen Seite mit der „Vollziehung“. Der Staatswille muſs hier notwendig im Zu-
stande der Gebundenheit erscheinen: „Jeder Willensakt des Staates, der Vollziehung
ist, muſs seine objektivrechtliche Begründung und damit Bindung nachweisen können“
(Ges. im form. und mat. Sinne S. 197). Da wird also der Begriff wieder ganz auf
die Erfüllung einer bestimmten Funktion beschränkt. — Haenel will zwar mit dem
Worte Vollziehung alle Funktionen des Staats begreifen, die nicht Gesetzgebung
sind. Allein wie dort die Gesetze, die keine Rechtssätze enthalten, so fallen hier
wieder alle Willensäuſserungen der vollziehenden Gewalt, an welchen keine Ge-
bundenheit zum Vorschein kommt, neben herunter.
Für uns handelt es sich hier nur um Fähigkeiten. Wenn dazwischen auch
das Wort Regierung im Sinne von vollziehender Gewalt gebraucht wird
(Zachariae, Vierz. B. I S. 124), dann hört es eben auf, eine „Funktion“ oder
Thätigkeitsort (oben S. 4) zu bedeuten.
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[80/0100] Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung. Mit diesen besonderen rechtlichen Eigenschaften der vollziehenden Gewalt verhält es sich dann wieder geradeso wie mit denen des Ge- setzes. Die vollziehende Gewalt bedeutet nicht, daſs diese Eigen- schaften nun bei allen ihren Willensäuſserungen zur Geltung kommen. Es hängt von dem Inhalt der Willensäuſserung ab, inwieweit dies der Fall ist. Je nachdem sie damit den Vorrang, den Vorbehalt des Ge- setzes berührt, erfährt sie die Schranke; soweit sie in den Bereich von Rechtssätzen, Verwaltungsakten, subjektiven öffentlichen Rechten kommt, wird sie daran gebunden sein. Sie kann sich auch auf freiem Gebiete bewegen, dann kommt ihre besondere rechtliche Eigenschaft überhaupt nicht zum Vorschein. Öffentliche Gewalt bleibt sie immer- hin und kann den Einzelnen, den sie trifft, auch in solchen Verhält- nissen rechtlich bindend bestimmen 17. Die Möglichkeit eines Heraustretens aus dem Gebiet der öffent- lichen Gewalt unter die Herrschaft des Civilrechts ist daneben vor- behalten. 16 17 Haenel, wie er im Gegensatze zur Lehre vom Gesetze im formellen Sinne die dem Gesetze zustehende Rechtschaffung zu einem notwendigen Bestand- teil seiner Erscheinung macht, verfährt nun ganz in der gleichen Weise auf der anderen Seite mit der „Vollziehung“. Der Staatswille muſs hier notwendig im Zu- stande der Gebundenheit erscheinen: „Jeder Willensakt des Staates, der Vollziehung ist, muſs seine objektivrechtliche Begründung und damit Bindung nachweisen können“ (Ges. im form. und mat. Sinne S. 197). Da wird also der Begriff wieder ganz auf die Erfüllung einer bestimmten Funktion beschränkt. — Haenel will zwar mit dem Worte Vollziehung alle Funktionen des Staats begreifen, die nicht Gesetzgebung sind. Allein wie dort die Gesetze, die keine Rechtssätze enthalten, so fallen hier wieder alle Willensäuſserungen der vollziehenden Gewalt, an welchen keine Ge- bundenheit zum Vorschein kommt, neben herunter. Für uns handelt es sich hier nur um Fähigkeiten. Wenn dazwischen auch das Wort Regierung im Sinne von vollziehender Gewalt gebraucht wird (Zachariae, Vierz. B. I S. 124), dann hört es eben auf, eine „Funktion“ oder Thätigkeitsort (oben S. 4) zu bedeuten. 16 Möglichkeit der Thätigkeit oder die Kraft für sich“, im Gegensatz zur Verwaltung, deren Funktionen sich an die Art der Objekte anschlieſsen. Der Gedanke wird freilich nicht weiter durchgeführt und in der zweiten Auflage stark abgeschwächt. An die Ausbildung des Begriffs des Gesetzes im formellen Sinne schlieſst sich jetzt eine entsprechende Bestimmung des Begriffs der vollziehenden Gewalt an, die gleichfalls formell sein will und auf die Entstehungsart des staatlichen Willens allein das Gewicht legt (Laband, St.R. I S. 674; Bornhak, Preuſs. St.R. I S. 433, 434). Wir stehen dazu wie zum Gesetz im formellen Sinne (oben Note 5): die Entstehungsart ist wesentlich, aber es hängt an ihr die Erscheinung eines Willens von bestimmten rechtlichen Eigenschaften. Auch hier ist in dem formellen Begriffe schon ein Element enthalten, das hinüberweist auf die Art der Wirkung dieses Willens.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/100>, abgerufen am 22.12.2024.