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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen.
und die beruht auf der Gebundenheit dieses Aktes dem
Unterthanen gegenüber, für den er ergangen ist
30.

Die Rechtskraft ist auf diese Weise nichts anderes als der Aus-
druck eines subjektiven öffentlichen Rechts der Partei.
Indem das Urteil zu ihrem Nachteil und gegen ihren Willen nicht
geändert werden kann, sondern ihr gegenüber rechtlich bindend und
zu handhaben bleibt für die Behörde, die es erlassen hat, wie für
die ganze vollziehende Gewalt, wer immer damit in Berührung kommt,
hat sie Macht erworben über ein Stück öffentlicher Gewalt in dem
oben § 9, III festgestellten Sinn.

Indem dieses Recht am Urteil erworben wird durch seine Ent-
stehungsart, durch die Form der Verwaltungsrechtspflege,
in der es erzeugt wurde, erläutert sich beides gegenseitig.

Es ist keine freie Erfindung des "Zwecks im Recht", dass eine
solche Art von Unabänderlichkeit, wie die Rechtskraft bedeutet, ein-
geführt wurde und dass sie gerade an die Erfüllung der Form der
Verwaltungsrechtspflege geknüpft wurde: das Recht der Partei am
Urteil wächst innerlich heraus aus ihrer Rechtsstellung gegenüber
seiner Erzeugung; handelnd oder stillschweigend hat sie das Urteil
rechtlich bedingt und mitgewirkt bei seiner Entstehung. Darum ge-
hört es ihr31.

30 Bülow in Arch. f. civ. Pr. Bd. 62 S. 92 ff.; Kloeppel, Die Einrede der
Rechtskraft S. 86; Glaser, Stf.Pr. I S. 9 ff.; Schanze in Ztschft. f. St.V. IV
S. 475.
31 Bülow, a. a. O. S. 93 Note 92: "Darin, dass im Civilprozess das konkrete
Recht erst durch die Bemühungen der Parteien herausgearbeitet wird, liegt der
Grund, weshalb die Rechtskraft auf die Parteien beschränkt bleiben muss". S. 94
Note kommt dann ein sehr bedeutsamer Vergleich: da das Urteil auf diese Weise
zugleich das Werk der Parteien ist, "versteht sich die Rechtskraft des Urteils
ebenso, ja noch mehr von selbst, wie die absolute Verbindlichkeit des Gesetzes".
Auch dieses bietet bei seiner Entstehung "einen der Herstellung des konkreten
Rechtes durch den Prozess parallel gehenden Grundzug" in dem Zusammenwirken
der Volksvertretung mit dem Staatsoberhaupt, das schliesslich das Gesetz erlässt.
-- Kloeppel, a. a. O., bringt einen andern Vergleich: die Rechtskraft gründet
auch er auf die Mitwirkung der Parteien, durch welche das konkrete Recht "heraus-
gefördert" wird. Diese Mitwirkung aber ist eine Anteilnahme an der Ausübung
der öffentlichen Gewalt durch die Parteien, "die hierbei zugleich eine Selbst-
verwaltung öffentlichen Rechts ausüben". Schon vorher (S. 83) waren die Einzelnen
nach ihrer Rechtsstellung im Prozess als Träger einer öffentlichen, einer "Selbst-
verwaltungsfunktion" bezeichnet worden. Das alles darf natürlich nicht mehr sein
wollen, als ein Vergleich, der wohl geeignet sein mag, die Sache anschaulich zu
machen. Die innere Zusammengehörigkeit des Anteils der Unterthanen an der
Verwaltungsrechtspflege mit der Selbstverwaltung ist auch in Theorie des Franz.
V.R. S. 22 betont und die Rechtskraft aus diesem Recht der Partei gefolgert
worden (S. 102).

Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen.
und die beruht auf der Gebundenheit dieses Aktes dem
Unterthanen gegenüber, für den er ergangen ist
30.

Die Rechtskraft ist auf diese Weise nichts anderes als der Aus-
druck eines subjektiven öffentlichen Rechts der Partei.
Indem das Urteil zu ihrem Nachteil und gegen ihren Willen nicht
geändert werden kann, sondern ihr gegenüber rechtlich bindend und
zu handhaben bleibt für die Behörde, die es erlassen hat, wie für
die ganze vollziehende Gewalt, wer immer damit in Berührung kommt,
hat sie Macht erworben über ein Stück öffentlicher Gewalt in dem
oben § 9, III festgestellten Sinn.

Indem dieses Recht am Urteil erworben wird durch seine Ent-
stehungsart, durch die Form der Verwaltungsrechtspflege,
in der es erzeugt wurde, erläutert sich beides gegenseitig.

Es ist keine freie Erfindung des „Zwecks im Recht“, daſs eine
solche Art von Unabänderlichkeit, wie die Rechtskraft bedeutet, ein-
geführt wurde und daſs sie gerade an die Erfüllung der Form der
Verwaltungsrechtspflege geknüpft wurde: das Recht der Partei am
Urteil wächst innerlich heraus aus ihrer Rechtsstellung gegenüber
seiner Erzeugung; handelnd oder stillschweigend hat sie das Urteil
rechtlich bedingt und mitgewirkt bei seiner Entstehung. Darum ge-
hört es ihr31.

30 Bülow in Arch. f. civ. Pr. Bd. 62 S. 92 ff.; Kloeppel, Die Einrede der
Rechtskraft S. 86; Glaser, Stf.Pr. I S. 9 ff.; Schanze in Ztschft. f. St.V. IV
S. 475.
31 Bülow, a. a. O. S. 93 Note 92: „Darin, daſs im Civilprozeſs das konkrete
Recht erst durch die Bemühungen der Parteien herausgearbeitet wird, liegt der
Grund, weshalb die Rechtskraft auf die Parteien beschränkt bleiben muſs“. S. 94
Note kommt dann ein sehr bedeutsamer Vergleich: da das Urteil auf diese Weise
zugleich das Werk der Parteien ist, „versteht sich die Rechtskraft des Urteils
ebenso, ja noch mehr von selbst, wie die absolute Verbindlichkeit des Gesetzes“.
Auch dieses bietet bei seiner Entstehung „einen der Herstellung des konkreten
Rechtes durch den Prozeſs parallel gehenden Grundzug“ in dem Zusammenwirken
der Volksvertretung mit dem Staatsoberhaupt, das schlieſslich das Gesetz erläſst.
Kloeppel, a. a. O., bringt einen andern Vergleich: die Rechtskraft gründet
auch er auf die Mitwirkung der Parteien, durch welche das konkrete Recht „heraus-
gefördert“ wird. Diese Mitwirkung aber ist eine Anteilnahme an der Ausübung
der öffentlichen Gewalt durch die Parteien, „die hierbei zugleich eine Selbst-
verwaltung öffentlichen Rechts ausüben“. Schon vorher (S. 83) waren die Einzelnen
nach ihrer Rechtsstellung im Prozeſs als Träger einer öffentlichen, einer „Selbst-
verwaltungsfunktion“ bezeichnet worden. Das alles darf natürlich nicht mehr sein
wollen, als ein Vergleich, der wohl geeignet sein mag, die Sache anschaulich zu
machen. Die innere Zusammengehörigkeit des Anteils der Unterthanen an der
Verwaltungsrechtspflege mit der Selbstverwaltung ist auch in Theorie des Franz.
V.R. S. 22 betont und die Rechtskraft aus diesem Recht der Partei gefolgert
worden (S. 102).
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[176/0196] Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen. und die beruht auf der Gebundenheit dieses Aktes dem Unterthanen gegenüber, für den er ergangen ist 30. Die Rechtskraft ist auf diese Weise nichts anderes als der Aus- druck eines subjektiven öffentlichen Rechts der Partei. Indem das Urteil zu ihrem Nachteil und gegen ihren Willen nicht geändert werden kann, sondern ihr gegenüber rechtlich bindend und zu handhaben bleibt für die Behörde, die es erlassen hat, wie für die ganze vollziehende Gewalt, wer immer damit in Berührung kommt, hat sie Macht erworben über ein Stück öffentlicher Gewalt in dem oben § 9, III festgestellten Sinn. Indem dieses Recht am Urteil erworben wird durch seine Ent- stehungsart, durch die Form der Verwaltungsrechtspflege, in der es erzeugt wurde, erläutert sich beides gegenseitig. Es ist keine freie Erfindung des „Zwecks im Recht“, daſs eine solche Art von Unabänderlichkeit, wie die Rechtskraft bedeutet, ein- geführt wurde und daſs sie gerade an die Erfüllung der Form der Verwaltungsrechtspflege geknüpft wurde: das Recht der Partei am Urteil wächst innerlich heraus aus ihrer Rechtsstellung gegenüber seiner Erzeugung; handelnd oder stillschweigend hat sie das Urteil rechtlich bedingt und mitgewirkt bei seiner Entstehung. Darum ge- hört es ihr 31. 30 Bülow in Arch. f. civ. Pr. Bd. 62 S. 92 ff.; Kloeppel, Die Einrede der Rechtskraft S. 86; Glaser, Stf.Pr. I S. 9 ff.; Schanze in Ztschft. f. St.V. IV S. 475. 31 Bülow, a. a. O. S. 93 Note 92: „Darin, daſs im Civilprozeſs das konkrete Recht erst durch die Bemühungen der Parteien herausgearbeitet wird, liegt der Grund, weshalb die Rechtskraft auf die Parteien beschränkt bleiben muſs“. S. 94 Note kommt dann ein sehr bedeutsamer Vergleich: da das Urteil auf diese Weise zugleich das Werk der Parteien ist, „versteht sich die Rechtskraft des Urteils ebenso, ja noch mehr von selbst, wie die absolute Verbindlichkeit des Gesetzes“. Auch dieses bietet bei seiner Entstehung „einen der Herstellung des konkreten Rechtes durch den Prozeſs parallel gehenden Grundzug“ in dem Zusammenwirken der Volksvertretung mit dem Staatsoberhaupt, das schlieſslich das Gesetz erläſst. — Kloeppel, a. a. O., bringt einen andern Vergleich: die Rechtskraft gründet auch er auf die Mitwirkung der Parteien, durch welche das konkrete Recht „heraus- gefördert“ wird. Diese Mitwirkung aber ist eine Anteilnahme an der Ausübung der öffentlichen Gewalt durch die Parteien, „die hierbei zugleich eine Selbst- verwaltung öffentlichen Rechts ausüben“. Schon vorher (S. 83) waren die Einzelnen nach ihrer Rechtsstellung im Prozeſs als Träger einer öffentlichen, einer „Selbst- verwaltungsfunktion“ bezeichnet worden. Das alles darf natürlich nicht mehr sein wollen, als ein Vergleich, der wohl geeignet sein mag, die Sache anschaulich zu machen. Die innere Zusammengehörigkeit des Anteils der Unterthanen an der Verwaltungsrechtspflege mit der Selbstverwaltung ist auch in Theorie des Franz. V.R. S. 22 betont und die Rechtskraft aus diesem Recht der Partei gefolgert worden (S. 102).

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/196>, abgerufen am 23.12.2024.