Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.§ 16. Zuständigkeit der Civilgerichte. anderes als die Hinüberführung der Sache auf öffentlichrechtlichenBoden. Der Schuldner, anstatt gezwungen zu werden durch Pfändung, vollzieht das Urteil als Obrigkeit wie einen Verwaltungsakt in der der vollziehenden Gewalt eigentümlichen Gebundenheit daran. Ver- weigerung des Vollzugs wäre eine Verletzung des öffentlichen Rechts4. II. Verwaltungssachen, d. h. aus der Verwaltung entspringende Das Reichsrecht (G.V.G. § 13) setzt den Begriff als einen ge- Darüber wäre kein Streit. Die Schwierigkeit beginnt erst mit Rückbezüglichkeit des Prozessrechtes hört einfach hier auf. Vgl. Sächs. Ztschft. f. Pr. I S. 239 (Siebenhaar) u. III S. 49 (Berger). 4 Mot. z. Württemb. Ausf.Ges. v. 18. Aug. 1878 (Schmidlin, Justizges. II S. 219). 5 Mot. z. Entw. d. G.V.G. bei Hahn, Mat. I S. 48; Häppner in Arch. f. civ. Pr. 69 S. 434 ff., S. 444 Note 14; v. Sarwey, Öff. R. u. V.R.Pfl. S. 278. 6 Sydow, Zulässigk. d. R.Wegs und Komp. Konfl. Einl. XI ff.; Schulze,
Preuss. St.R. II S. 134 ff.; Leuthold, Sächs. V.R. S. 140 Anm. 2; Brater in Bl. f. adm. Pr. V S. 100; Wach, C.Pr.R. I S. 86; Laband, St.R. II S. 347. § 16. Zuständigkeit der Civilgerichte. anderes als die Hinüberführung der Sache auf öffentlichrechtlichenBoden. Der Schuldner, anstatt gezwungen zu werden durch Pfändung, vollzieht das Urteil als Obrigkeit wie einen Verwaltungsakt in der der vollziehenden Gewalt eigentümlichen Gebundenheit daran. Ver- weigerung des Vollzugs wäre eine Verletzung des öffentlichen Rechts4. II. Verwaltungssachen, d. h. aus der Verwaltung entspringende Das Reichsrecht (G.V.G. § 13) setzt den Begriff als einen ge- Darüber wäre kein Streit. Die Schwierigkeit beginnt erst mit Rückbezüglichkeit des Prozeſsrechtes hört einfach hier auf. Vgl. Sächs. Ztschft. f. Pr. I S. 239 (Siebenhaar) u. III S. 49 (Berger). 4 Mot. z. Württemb. Ausf.Ges. v. 18. Aug. 1878 (Schmidlin, Justizges. II S. 219). 5 Mot. z. Entw. d. G.V.G. bei Hahn, Mat. I S. 48; Häppner in Arch. f. civ. Pr. 69 S. 434 ff., S. 444 Note 14; v. Sarwey, Öff. R. u. V.R.Pfl. S. 278. 6 Sydow, Zulässigk. d. R.Wegs und Komp. Konfl. Einl. XI ff.; Schulze,
Preuſs. St.R. II S. 134 ff.; Leuthold, Sächs. V.R. S. 140 Anm. 2; Brater in Bl. f. adm. Pr. V S. 100; Wach, C.Pr.R. I S. 86; Laband, St.R. II S. 347. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0233" n="213"/><fw place="top" type="header">§ 16. Zuständigkeit der Civilgerichte.</fw><lb/> anderes als die Hinüberführung der Sache auf öffentlichrechtlichen<lb/> Boden. Der Schuldner, anstatt gezwungen zu werden durch Pfändung,<lb/> vollzieht das Urteil als Obrigkeit wie einen Verwaltungsakt in der<lb/> der vollziehenden Gewalt eigentümlichen Gebundenheit daran. Ver-<lb/> weigerung des Vollzugs wäre eine Verletzung des öffentlichen Rechts<note place="foot" n="4">Mot. z. Württemb. Ausf.Ges. v. 18. Aug. 1878 (<hi rendition="#g">Schmidlin,</hi> Justizges. II<lb/> S. 219).</note>.</p><lb/> <p>II. Verwaltungssachen, d. h. aus der Verwaltung entspringende<lb/> Verhältnisse öffentlichrechtlicher Art werden den Civilgerichten nicht<lb/> bloſs durch ausdrückliche Gesetzesbestimmung überwiesen, sie sind<lb/> auch in groſsem Umfange schon enthalten in den Sachen, welche be-<lb/> stimmt sind, ihre ordentliche Zuständigkeit zu bilden, in den <hi rendition="#g">bürger-<lb/> lichen Rechtsstreitigkeiten,</hi> und zwar hängt das zusammen<lb/> mit der eigentümlichen Art, wie diese ihre Abgrenzung erhalten haben.</p><lb/> <p>Das Reichsrecht (G.V.G. § 13) setzt den Begriff als einen ge-<lb/> gebenen voraus, und zwar sollen die entscheidenden Merkmale zu<lb/> finden sein in Gegenstand und Art des Anspruches, der in Frage<lb/> steht<note place="foot" n="5">Mot. z. Entw. d. G.V.G. bei <hi rendition="#g">Hahn,</hi> Mat. I S. 48; <hi rendition="#g">Häppner</hi> in Arch. f.<lb/> civ. Pr. 69 S. 434 ff., S. 444 Note 14; v. <hi rendition="#g">Sarwey,</hi> Öff. R. u. V.R.Pfl. S. 278.</note>. Sie haben sich in dieser Weise festgesetzt zur Zeit der<lb/> Trennung von Justiz und Verwaltung, die der Polizeistaat vollzog<lb/> (oben § 4, III): das euphemistisch „öffentlichrechtlich“ genannte Gebiet<lb/> der Verwaltung wird den Gerichten unzugänglich gemacht; was ihnen<lb/> verbleibt, die bürgerliche Rechtsstreitigkeit, bedeutet, wie der Name<lb/> sagt, <hi rendition="#g">den Anspruch aus civilrechtlichen Verhältnissen</hi><note place="foot" n="6"><hi rendition="#g">Sydow,</hi> Zulässigk. d. R.Wegs und Komp. Konfl. Einl. XI ff.; <hi rendition="#g">Schulze,</hi><lb/> Preuſs. St.R. II S. 134 ff.; <hi rendition="#g">Leuthold,</hi> Sächs. V.R. S. 140 Anm. 2; <hi rendition="#g">Brater</hi> in<lb/> Bl. f. adm. Pr. V S. 100; <hi rendition="#g">Wach,</hi> C.Pr.R. I S. 86; <hi rendition="#g">Laband,</hi> St.R. II S. 347.</note>.</p><lb/> <p>Darüber wäre kein Streit. Die Schwierigkeit beginnt erst mit<lb/> der Frage: wann liegen civilrechtliche, wann öffentlichrechtliche Ver-<lb/> hältnisse vor? Denn dabei handelt es sich nicht um Anwendung von<lb/> Gesetzestexten, sondern um die wissenschaftliche Erkenntnis der inneren<lb/> rechtlichen Natur des Verhältnisses. Diese aber wechselt in allmäh-<lb/> lichen Übergängen. Wir stehen zur Zeit noch mitten in der Arbeit,<lb/> die Folgerungen aus der veränderten Natur des öffentlichen Rechts zu<lb/> ziehen (oben § 5 Einl., § 11, II). Wir glauben freilich ganz genau<lb/> angeben zu können, was auf der gegenwärtigen Entwicklungsstufe<lb/> civilrechtlich aufgefaſst werden muſs und was öffentlichrechtlich. Die<lb/> Überzeugung von dem, was hier das allein Richtige ist, gewinnt mehr<lb/><note xml:id="seg2pn_46_2" prev="#seg2pn_46_1" place="foot" n="3">Rückbezüglichkeit des Prozeſsrechtes hört einfach hier auf. Vgl. Sächs. Ztschft.<lb/> f. Pr. I S. 239 <hi rendition="#g">(Siebenhaar)</hi> u. III S. 49 <hi rendition="#g">(Berger)</hi>.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0233]
§ 16. Zuständigkeit der Civilgerichte.
anderes als die Hinüberführung der Sache auf öffentlichrechtlichen
Boden. Der Schuldner, anstatt gezwungen zu werden durch Pfändung,
vollzieht das Urteil als Obrigkeit wie einen Verwaltungsakt in der
der vollziehenden Gewalt eigentümlichen Gebundenheit daran. Ver-
weigerung des Vollzugs wäre eine Verletzung des öffentlichen Rechts 4.
II. Verwaltungssachen, d. h. aus der Verwaltung entspringende
Verhältnisse öffentlichrechtlicher Art werden den Civilgerichten nicht
bloſs durch ausdrückliche Gesetzesbestimmung überwiesen, sie sind
auch in groſsem Umfange schon enthalten in den Sachen, welche be-
stimmt sind, ihre ordentliche Zuständigkeit zu bilden, in den bürger-
lichen Rechtsstreitigkeiten, und zwar hängt das zusammen
mit der eigentümlichen Art, wie diese ihre Abgrenzung erhalten haben.
Das Reichsrecht (G.V.G. § 13) setzt den Begriff als einen ge-
gebenen voraus, und zwar sollen die entscheidenden Merkmale zu
finden sein in Gegenstand und Art des Anspruches, der in Frage
steht 5. Sie haben sich in dieser Weise festgesetzt zur Zeit der
Trennung von Justiz und Verwaltung, die der Polizeistaat vollzog
(oben § 4, III): das euphemistisch „öffentlichrechtlich“ genannte Gebiet
der Verwaltung wird den Gerichten unzugänglich gemacht; was ihnen
verbleibt, die bürgerliche Rechtsstreitigkeit, bedeutet, wie der Name
sagt, den Anspruch aus civilrechtlichen Verhältnissen 6.
Darüber wäre kein Streit. Die Schwierigkeit beginnt erst mit
der Frage: wann liegen civilrechtliche, wann öffentlichrechtliche Ver-
hältnisse vor? Denn dabei handelt es sich nicht um Anwendung von
Gesetzestexten, sondern um die wissenschaftliche Erkenntnis der inneren
rechtlichen Natur des Verhältnisses. Diese aber wechselt in allmäh-
lichen Übergängen. Wir stehen zur Zeit noch mitten in der Arbeit,
die Folgerungen aus der veränderten Natur des öffentlichen Rechts zu
ziehen (oben § 5 Einl., § 11, II). Wir glauben freilich ganz genau
angeben zu können, was auf der gegenwärtigen Entwicklungsstufe
civilrechtlich aufgefaſst werden muſs und was öffentlichrechtlich. Die
Überzeugung von dem, was hier das allein Richtige ist, gewinnt mehr
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4 Mot. z. Württemb. Ausf.Ges. v. 18. Aug. 1878 (Schmidlin, Justizges. II
S. 219).
5 Mot. z. Entw. d. G.V.G. bei Hahn, Mat. I S. 48; Häppner in Arch. f.
civ. Pr. 69 S. 434 ff., S. 444 Note 14; v. Sarwey, Öff. R. u. V.R.Pfl. S. 278.
6 Sydow, Zulässigk. d. R.Wegs und Komp. Konfl. Einl. XI ff.; Schulze,
Preuſs. St.R. II S. 134 ff.; Leuthold, Sächs. V.R. S. 140 Anm. 2; Brater in
Bl. f. adm. Pr. V S. 100; Wach, C.Pr.R. I S. 86; Laband, St.R. II S. 347.
3 Rückbezüglichkeit des Prozeſsrechtes hört einfach hier auf. Vgl. Sächs. Ztschft.
f. Pr. I S. 239 (Siebenhaar) u. III S. 49 (Berger).
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