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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Finanzgewalt.
Zweckbestimmung liegt das Entgeltverhältnis. Davon unten in der
Lehre von den öffentlichen Lasten3.

Der Akt, durch welchen die Steuerpflicht begründet wird, ist die
Steuerauflage. Dieser Akt tritt unter die Forderungen des Ver-
fassungs- und Rechtsstaates.

Die Steuerauflage ist ein Eingriff in die Freiheit und bedarf als
solcher verfassungsmässig einer gesetzlichen Grundlage.

Der Rechtsstaat verlangt, dass sie möglichst in seine Formel:
Rechtssatz, Verwaltungsakt, Ausführung sich einfüge; nur möglichst,
wie immer. Die Rücksichten finanzwirtschaftlicher Zweckmässigkeit
setzen dafür wieder eine Grenze.

Insbesondere aber wird die Steuerauflage in ihrer rechtlichen Ge-
staltung noch beeinflusst durch den Zusammenhang mit dem ver-
fassungsmässigen Budgetrecht der Volksvertretung und durch die
ebenfalls ganz dem Kreise des Verfassungsrechtes angehörige Idee,
dass im Steuergesetz eine Bewilligung der Steuer durch die Volks-
vertretung an die Regierung liege4.

Dadurch ergeben sich verschiedene Begründungsformen der Steuer-
pflicht und dem entsprechend unterschiedene Arten von Steuern.

I. Die Steuerauflage bedarf als Eingriff der gesetzlichen Grund-
lage. Die kann hier von vornherein nicht in der Weise gegeben
werden, dass das Gesetz eine allgemeine Ermächtigung zu Einzelakten
erteilt, welche die Regierung dann mit freiem Ermessen vornimmt.
Das Vorbild des Polizeibefehls ist für die Steuerauflage darin nicht
nachahmbar. Denn zu ihrem Wesen gehört es, nach einem allgemeinen
Massstabe, also rechtssatzmässig bestimmt zu erfolgen.

Den Ausgangspunkt bildet also ordentlicherweise ein Gesetz,
welches in Form einer allgemeinen Regel die Steuerpflicht so genau
bestimmt, dass ihre Durchführung nichts ist als die Anwendung dieses
Rechtssatzes auf den Einzelfall ohne Zuthat irgend welchen freien Er-
messens.

Dieses Steuergesetz hat dann einen dreifachen Inhalt. Es
bestimmt die äusserlichen Merkmale, an welche die Steuerpflicht sich
knüpft, den Gegenstand der Besteuerung; sodann die Höhe
des Betrages, mit welchem die Steuerpflicht ihn treffen soll, den
Steuersatz; und endlich das Verfahren, in welchem die Steuer-
pflicht zur Durchführung kommt, die Erhebungsform.

3 Im wesentlichen übereinstimmend Neumann, a. a. O. S. 391 u. 392.
4 Vgl. oben S. 380. Gneist, Ges. u. Budg. S. 138 ff.; Pfizer, R. der
Steuerbewilligung Seydel, Bayr. St.R. IV S. 392.

Die Finanzgewalt.
Zweckbestimmung liegt das Entgeltverhältnis. Davon unten in der
Lehre von den öffentlichen Lasten3.

Der Akt, durch welchen die Steuerpflicht begründet wird, ist die
Steuerauflage. Dieser Akt tritt unter die Forderungen des Ver-
fassungs- und Rechtsstaates.

Die Steuerauflage ist ein Eingriff in die Freiheit und bedarf als
solcher verfassungsmäſsig einer gesetzlichen Grundlage.

Der Rechtsstaat verlangt, daſs sie möglichst in seine Formel:
Rechtssatz, Verwaltungsakt, Ausführung sich einfüge; nur möglichst,
wie immer. Die Rücksichten finanzwirtschaftlicher Zweckmäſsigkeit
setzen dafür wieder eine Grenze.

Insbesondere aber wird die Steuerauflage in ihrer rechtlichen Ge-
staltung noch beeinfluſst durch den Zusammenhang mit dem ver-
fassungsmäſsigen Budgetrecht der Volksvertretung und durch die
ebenfalls ganz dem Kreise des Verfassungsrechtes angehörige Idee,
daſs im Steuergesetz eine Bewilligung der Steuer durch die Volks-
vertretung an die Regierung liege4.

Dadurch ergeben sich verschiedene Begründungsformen der Steuer-
pflicht und dem entsprechend unterschiedene Arten von Steuern.

I. Die Steuerauflage bedarf als Eingriff der gesetzlichen Grund-
lage. Die kann hier von vornherein nicht in der Weise gegeben
werden, daſs das Gesetz eine allgemeine Ermächtigung zu Einzelakten
erteilt, welche die Regierung dann mit freiem Ermessen vornimmt.
Das Vorbild des Polizeibefehls ist für die Steuerauflage darin nicht
nachahmbar. Denn zu ihrem Wesen gehört es, nach einem allgemeinen
Maſsstabe, also rechtssatzmäſsig bestimmt zu erfolgen.

Den Ausgangspunkt bildet also ordentlicherweise ein Gesetz,
welches in Form einer allgemeinen Regel die Steuerpflicht so genau
bestimmt, daſs ihre Durchführung nichts ist als die Anwendung dieses
Rechtssatzes auf den Einzelfall ohne Zuthat irgend welchen freien Er-
messens.

Dieses Steuergesetz hat dann einen dreifachen Inhalt. Es
bestimmt die äuſserlichen Merkmale, an welche die Steuerpflicht sich
knüpft, den Gegenstand der Besteuerung; sodann die Höhe
des Betrages, mit welchem die Steuerpflicht ihn treffen soll, den
Steuersatz; und endlich das Verfahren, in welchem die Steuer-
pflicht zur Durchführung kommt, die Erhebungsform.

3 Im wesentlichen übereinstimmend Neumann, a. a. O. S. 391 u. 392.
4 Vgl. oben S. 380. Gneist, Ges. u. Budg. S. 138 ff.; Pfizer, R. der
Steuerbewilligung Seydel, Bayr. St.R. IV S. 392.
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[388/0408] Die Finanzgewalt. Zweckbestimmung liegt das Entgeltverhältnis. Davon unten in der Lehre von den öffentlichen Lasten 3. Der Akt, durch welchen die Steuerpflicht begründet wird, ist die Steuerauflage. Dieser Akt tritt unter die Forderungen des Ver- fassungs- und Rechtsstaates. Die Steuerauflage ist ein Eingriff in die Freiheit und bedarf als solcher verfassungsmäſsig einer gesetzlichen Grundlage. Der Rechtsstaat verlangt, daſs sie möglichst in seine Formel: Rechtssatz, Verwaltungsakt, Ausführung sich einfüge; nur möglichst, wie immer. Die Rücksichten finanzwirtschaftlicher Zweckmäſsigkeit setzen dafür wieder eine Grenze. Insbesondere aber wird die Steuerauflage in ihrer rechtlichen Ge- staltung noch beeinfluſst durch den Zusammenhang mit dem ver- fassungsmäſsigen Budgetrecht der Volksvertretung und durch die ebenfalls ganz dem Kreise des Verfassungsrechtes angehörige Idee, daſs im Steuergesetz eine Bewilligung der Steuer durch die Volks- vertretung an die Regierung liege 4. Dadurch ergeben sich verschiedene Begründungsformen der Steuer- pflicht und dem entsprechend unterschiedene Arten von Steuern. I. Die Steuerauflage bedarf als Eingriff der gesetzlichen Grund- lage. Die kann hier von vornherein nicht in der Weise gegeben werden, daſs das Gesetz eine allgemeine Ermächtigung zu Einzelakten erteilt, welche die Regierung dann mit freiem Ermessen vornimmt. Das Vorbild des Polizeibefehls ist für die Steuerauflage darin nicht nachahmbar. Denn zu ihrem Wesen gehört es, nach einem allgemeinen Maſsstabe, also rechtssatzmäſsig bestimmt zu erfolgen. Den Ausgangspunkt bildet also ordentlicherweise ein Gesetz, welches in Form einer allgemeinen Regel die Steuerpflicht so genau bestimmt, daſs ihre Durchführung nichts ist als die Anwendung dieses Rechtssatzes auf den Einzelfall ohne Zuthat irgend welchen freien Er- messens. Dieses Steuergesetz hat dann einen dreifachen Inhalt. Es bestimmt die äuſserlichen Merkmale, an welche die Steuerpflicht sich knüpft, den Gegenstand der Besteuerung; sodann die Höhe des Betrages, mit welchem die Steuerpflicht ihn treffen soll, den Steuersatz; und endlich das Verfahren, in welchem die Steuer- pflicht zur Durchführung kommt, die Erhebungsform. 3 Im wesentlichen übereinstimmend Neumann, a. a. O. S. 391 u. 392. 4 Vgl. oben S. 380. Gneist, Ges. u. Budg. S. 138 ff.; Pfizer, R. der Steuerbewilligung Seydel, Bayr. St.R. IV S. 392.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/408>, abgerufen am 23.12.2024.