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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht.
Stundung wird gegeben für den einer grösseren Menge Waren (nicht
unter 35000 kg) entsprechenden Zoll. Was in das Lager des Be-
günstigten kommt bis zur Höhe dieses Betrages wird auf den eisernen
Kredit angeschrieben; das darüber Hinausgehende ist zu versteuern,
ob er es auf sein Lager nimmt oder nicht. Das Lager muss der Pfand-
sicherheit halber mindestens auf dem Bestande gehalten werden,
welcher der Höhe des Kredites entspricht; die Waren, die es zu-
sammensetzen, können durch Ausgänge und Eingänge beliebig
wechseln und über jener Linie im Werte auf und nieder schwanken.
Über die ganze Bewegung wird ein amtliches Konto geführt und
durch Vergleichung mit den Beständen in Übereinstimmung gehalten.
Stellt sich bei einer vorgenommenen Revision heraus, dass das Lager
nicht mehr den dem Kredit entsprechenden Bestand ausweist, so wird
der Kreditbetrag angemessen herabgesetzt. Die Differenz ist sofort
zahlbar. Ebenso kann die ganze Wohlthat der Einrichtung nach Er-
messen der Verwaltung jederzeit frei entzogen werden; dann wird die
ganze kreditierte Steuer fällig17.

Andere Anwendungsfälle dieser Stundungsform sehen wir in der
Eröffnung laufender Konten für Grosshandlungen, welche sich mit dem
Vertrieb ausländischer Waren nach dem Auslande befassen (Zollges.
§ 110); ferner verbindet sich dieselbe mit den Begünstigungen des
Mess- und Marktverkehrs (§ 112), der Retourwaren (§ 114), sowie
des Veredelungsverkehrs (§ 115). Hier tritt aber das jetzt gleich
unter n. 3 zu besprechende Rechtsinstitut so sehr in den Vorder-
grund, dass die Stundung fast unbemerkt daneben hergeht.

Auch ausserhalb des Zusammenhangs solcher allgemeiner Stun-
dungseinrichtungen, können auf Grund gesetzlicher Ermächtigung
Stundungen bewilligt werden im Einzelfall, ohne die Voraussetzung

17 Weinlager-Regulativ § 1. Eigentümlich ist, dass der alsdann zu be-
zahlende Zoll nach dem Tarif zur Zeit der Fälligkeit berechnet wird. Das scheint
der Natur der Stundung zu widersprechen. Allein in der That ist diese Be-
rechnungsweise angesichts des ganzen Verfahrens, bei welchem nicht festgestellt
werden kann, ob das Vorhandene unter dem alten oder unter dem neuen Tarife
eingebracht worden ist, der einzig mögliche Ausweg. Es wird damit glatt durch-
geschnitten. Diese Eigentümlichkeit scheint aber v. Mayr bestimmt zu haben,
dass er dem eisernen Zollkredit die Natur einer "eigentlichen Kreditierung bereits
geschuldeten Zolles" abspricht (Wörterbuch II S. 967). Ganz klar wird die Sache
durch die Bestimmung des Weinlager-Regulativs § 11: "In diesen Bestand (welcher
als Gegengewicht des Kredits verbleiben muss) wird bloss der in freiem Verkehr
befindliche fremde Wein des Kreditnehmers eingerechnet". In freiem Verkehr be-
findlicher Wein ist immer nur solcher, für den die Zollpflicht bereits entstanden
und berichtigt oder gestundet ist.

§ 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht.
Stundung wird gegeben für den einer gröſseren Menge Waren (nicht
unter 35000 kg) entsprechenden Zoll. Was in das Lager des Be-
günstigten kommt bis zur Höhe dieses Betrages wird auf den eisernen
Kredit angeschrieben; das darüber Hinausgehende ist zu versteuern,
ob er es auf sein Lager nimmt oder nicht. Das Lager muſs der Pfand-
sicherheit halber mindestens auf dem Bestande gehalten werden,
welcher der Höhe des Kredites entspricht; die Waren, die es zu-
sammensetzen, können durch Ausgänge und Eingänge beliebig
wechseln und über jener Linie im Werte auf und nieder schwanken.
Über die ganze Bewegung wird ein amtliches Konto geführt und
durch Vergleichung mit den Beständen in Übereinstimmung gehalten.
Stellt sich bei einer vorgenommenen Revision heraus, daſs das Lager
nicht mehr den dem Kredit entsprechenden Bestand ausweist, so wird
der Kreditbetrag angemessen herabgesetzt. Die Differenz ist sofort
zahlbar. Ebenso kann die ganze Wohlthat der Einrichtung nach Er-
messen der Verwaltung jederzeit frei entzogen werden; dann wird die
ganze kreditierte Steuer fällig17.

Andere Anwendungsfälle dieser Stundungsform sehen wir in der
Eröffnung laufender Konten für Groſshandlungen, welche sich mit dem
Vertrieb ausländischer Waren nach dem Auslande befassen (Zollges.
§ 110); ferner verbindet sich dieselbe mit den Begünstigungen des
Meſs- und Marktverkehrs (§ 112), der Retourwaren (§ 114), sowie
des Veredelungsverkehrs (§ 115). Hier tritt aber das jetzt gleich
unter n. 3 zu besprechende Rechtsinstitut so sehr in den Vorder-
grund, daſs die Stundung fast unbemerkt daneben hergeht.

Auch auſserhalb des Zusammenhangs solcher allgemeiner Stun-
dungseinrichtungen, können auf Grund gesetzlicher Ermächtigung
Stundungen bewilligt werden im Einzelfall, ohne die Voraussetzung

17 Weinlager-Regulativ § 1. Eigentümlich ist, daſs der alsdann zu be-
zahlende Zoll nach dem Tarif zur Zeit der Fälligkeit berechnet wird. Das scheint
der Natur der Stundung zu widersprechen. Allein in der That ist diese Be-
rechnungsweise angesichts des ganzen Verfahrens, bei welchem nicht festgestellt
werden kann, ob das Vorhandene unter dem alten oder unter dem neuen Tarife
eingebracht worden ist, der einzig mögliche Ausweg. Es wird damit glatt durch-
geschnitten. Diese Eigentümlichkeit scheint aber v. Mayr bestimmt zu haben,
daſs er dem eisernen Zollkredit die Natur einer „eigentlichen Kreditierung bereits
geschuldeten Zolles“ abspricht (Wörterbuch II S. 967). Ganz klar wird die Sache
durch die Bestimmung des Weinlager-Regulativs § 11: „In diesen Bestand (welcher
als Gegengewicht des Kredits verbleiben muſs) wird bloſs der in freiem Verkehr
befindliche fremde Wein des Kreditnehmers eingerechnet“. In freiem Verkehr be-
findlicher Wein ist immer nur solcher, für den die Zollpflicht bereits entstanden
und berichtigt oder gestundet ist.
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[413/0433] § 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht. Stundung wird gegeben für den einer gröſseren Menge Waren (nicht unter 35000 kg) entsprechenden Zoll. Was in das Lager des Be- günstigten kommt bis zur Höhe dieses Betrages wird auf den eisernen Kredit angeschrieben; das darüber Hinausgehende ist zu versteuern, ob er es auf sein Lager nimmt oder nicht. Das Lager muſs der Pfand- sicherheit halber mindestens auf dem Bestande gehalten werden, welcher der Höhe des Kredites entspricht; die Waren, die es zu- sammensetzen, können durch Ausgänge und Eingänge beliebig wechseln und über jener Linie im Werte auf und nieder schwanken. Über die ganze Bewegung wird ein amtliches Konto geführt und durch Vergleichung mit den Beständen in Übereinstimmung gehalten. Stellt sich bei einer vorgenommenen Revision heraus, daſs das Lager nicht mehr den dem Kredit entsprechenden Bestand ausweist, so wird der Kreditbetrag angemessen herabgesetzt. Die Differenz ist sofort zahlbar. Ebenso kann die ganze Wohlthat der Einrichtung nach Er- messen der Verwaltung jederzeit frei entzogen werden; dann wird die ganze kreditierte Steuer fällig 17. Andere Anwendungsfälle dieser Stundungsform sehen wir in der Eröffnung laufender Konten für Groſshandlungen, welche sich mit dem Vertrieb ausländischer Waren nach dem Auslande befassen (Zollges. § 110); ferner verbindet sich dieselbe mit den Begünstigungen des Meſs- und Marktverkehrs (§ 112), der Retourwaren (§ 114), sowie des Veredelungsverkehrs (§ 115). Hier tritt aber das jetzt gleich unter n. 3 zu besprechende Rechtsinstitut so sehr in den Vorder- grund, daſs die Stundung fast unbemerkt daneben hergeht. Auch auſserhalb des Zusammenhangs solcher allgemeiner Stun- dungseinrichtungen, können auf Grund gesetzlicher Ermächtigung Stundungen bewilligt werden im Einzelfall, ohne die Voraussetzung 17 Weinlager-Regulativ § 1. Eigentümlich ist, daſs der alsdann zu be- zahlende Zoll nach dem Tarif zur Zeit der Fälligkeit berechnet wird. Das scheint der Natur der Stundung zu widersprechen. Allein in der That ist diese Be- rechnungsweise angesichts des ganzen Verfahrens, bei welchem nicht festgestellt werden kann, ob das Vorhandene unter dem alten oder unter dem neuen Tarife eingebracht worden ist, der einzig mögliche Ausweg. Es wird damit glatt durch- geschnitten. Diese Eigentümlichkeit scheint aber v. Mayr bestimmt zu haben, daſs er dem eisernen Zollkredit die Natur einer „eigentlichen Kreditierung bereits geschuldeten Zolles“ abspricht (Wörterbuch II S. 967). Ganz klar wird die Sache durch die Bestimmung des Weinlager-Regulativs § 11: „In diesen Bestand (welcher als Gegengewicht des Kredits verbleiben muſs) wird bloſs der in freiem Verkehr befindliche fremde Wein des Kreditnehmers eingerechnet“. In freiem Verkehr be- findlicher Wein ist immer nur solcher, für den die Zollpflicht bereits entstanden und berichtigt oder gestundet ist.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/433>, abgerufen am 23.12.2024.