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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 32. Der Finanzzwang.
ihre eignen Vollstreckungsbeamten behufs der Zwangsvollstreckung
machen würde, statt des vollstreckbaren Titels. Mit ihrem Antrage
bescheinigt sie zugleich die Voraussetzungen der Vollstreckung und,
sofern das nur in ihrer allgemeinen Zuständigkeit geschehen ist, hat
das Gericht die Grundlagen derselben nicht weiter zu prüfen.

Es können andererseits Vollstreckungsakte vorgenommen werden
durch das Personal der civilprozessrechtlichen Vollstreckung, durch
die Gerichtsvollzieher. Die Verwendbarkeit des Gerichtsvoll-
ziehers für die administrative Zwangsbeitreibung ist nicht selbstver-
ständlich; denn dieser Beamte hat seinen gesetzlich beschränkten Amts-
kreis, der von Haus aus einem andern Gebiet angehört; es bedarf
also eines Gesetzes, welches ihn der Verwaltungsbehörde für ihr Ge-
schäft zur Verfügung stellt: das Gesetz thut das in der Form, dass
es die Verwaltungsbehörde anweist, sich eines Gerichtsvollziehers zu
bedienen, oder auch ihr die Wahl lässt, die Vollstreckung durch eigne
Beamte oder durch einen Gerichtsvollzieher vornehmen zu lassen12.
Ausserhalb solcher gesetzlicher Ermächtigung wäre der Gerichtsvoll-
zieher zur Mitwirkung bei der administrativen Zwangsbeitreibung un-
zuständig und sein Akt ungültig.

Die gesetzmässige Inanspruchnahme des Gerichtsvollziehers bringt
die Verwaltungsbehörde wiederum in die Stellung einer gewöhnlichen
Partei. Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung werden diesem
in derselben Weise bindend geliefert, wie dem Vollstreckungsgericht
in dem oben erwähnten Fall. Aber für die Ausführung des Auftrags
verbleibt der Gerichtsvollzieher unter der ausschliesslichen Dienst-
gewalt der Justizbehörde. Der Auftrag der Verwaltungsbehörde ist
kein Dienstauftrag, so wenig wie jener Antrag beim Vollstreckungs-
gericht eine Requisition. Es ist ein gewöhnlicher Parteiauftrag, von
ihm als solcher pflichtmässig zu prüfen und auszuführen13.

12 Bayr. Ausf.Ges. 23. Febr. 1879 Art. 7: "Sowohl durch die ihm zu Gebote
stehenden Vollzugsorgane als auch durch Gerichtsvollzieher". Ebenso Sächs. Ges.
v. 7. März 1879 § 1. Bad. Verord. 3. Nov. 1879 § 7 (regelmässig Steueraufseher
oder Grenzaufseher, ausnahmsweise Gerichtsvollzieher). Preuss. Verord. 7. Sept.
1879 § 5 Abs. 4: "Die Ausführung einer Zwangsvollstreckung kann einem Gerichts-
vollzieher übertragen werden. Dieser hat nach den für gerichtliche Zwangs-
vollstreckungen bestehenden Vorschriften zu verfahren".
13 Über die damit zusammenhängenden Unzuträglichkeiten der Verwendung
von Gerichtsvollziehern für die administrative Zwangsbeitreibung sehr gut: Motive
zum Württemb. Ges. v. 18. Aug. 1874 (Schmidlin, Justizgesetze des deutschen
Reiches II S. 354 ff.).
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 31

§ 32. Der Finanzzwang.
ihre eignen Vollstreckungsbeamten behufs der Zwangsvollstreckung
machen würde, statt des vollstreckbaren Titels. Mit ihrem Antrage
bescheinigt sie zugleich die Voraussetzungen der Vollstreckung und,
sofern das nur in ihrer allgemeinen Zuständigkeit geschehen ist, hat
das Gericht die Grundlagen derselben nicht weiter zu prüfen.

Es können andererseits Vollstreckungsakte vorgenommen werden
durch das Personal der civilprozeſsrechtlichen Vollstreckung, durch
die Gerichtsvollzieher. Die Verwendbarkeit des Gerichtsvoll-
ziehers für die administrative Zwangsbeitreibung ist nicht selbstver-
ständlich; denn dieser Beamte hat seinen gesetzlich beschränkten Amts-
kreis, der von Haus aus einem andern Gebiet angehört; es bedarf
also eines Gesetzes, welches ihn der Verwaltungsbehörde für ihr Ge-
schäft zur Verfügung stellt: das Gesetz thut das in der Form, daſs
es die Verwaltungsbehörde anweist, sich eines Gerichtsvollziehers zu
bedienen, oder auch ihr die Wahl läſst, die Vollstreckung durch eigne
Beamte oder durch einen Gerichtsvollzieher vornehmen zu lassen12.
Auſserhalb solcher gesetzlicher Ermächtigung wäre der Gerichtsvoll-
zieher zur Mitwirkung bei der administrativen Zwangsbeitreibung un-
zuständig und sein Akt ungültig.

Die gesetzmäſsige Inanspruchnahme des Gerichtsvollziehers bringt
die Verwaltungsbehörde wiederum in die Stellung einer gewöhnlichen
Partei. Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung werden diesem
in derselben Weise bindend geliefert, wie dem Vollstreckungsgericht
in dem oben erwähnten Fall. Aber für die Ausführung des Auftrags
verbleibt der Gerichtsvollzieher unter der ausschlieſslichen Dienst-
gewalt der Justizbehörde. Der Auftrag der Verwaltungsbehörde ist
kein Dienstauftrag, so wenig wie jener Antrag beim Vollstreckungs-
gericht eine Requisition. Es ist ein gewöhnlicher Parteiauftrag, von
ihm als solcher pflichtmäſsig zu prüfen und auszuführen13.

12 Bayr. Ausf.Ges. 23. Febr. 1879 Art. 7: „Sowohl durch die ihm zu Gebote
stehenden Vollzugsorgane als auch durch Gerichtsvollzieher“. Ebenso Sächs. Ges.
v. 7. März 1879 § 1. Bad. Verord. 3. Nov. 1879 § 7 (regelmäſsig Steueraufseher
oder Grenzaufseher, ausnahmsweise Gerichtsvollzieher). Preuſs. Verord. 7. Sept.
1879 § 5 Abs. 4: „Die Ausführung einer Zwangsvollstreckung kann einem Gerichts-
vollzieher übertragen werden. Dieser hat nach den für gerichtliche Zwangs-
vollstreckungen bestehenden Vorschriften zu verfahren“.
13 Über die damit zusammenhängenden Unzuträglichkeiten der Verwendung
von Gerichtsvollziehern für die administrative Zwangsbeitreibung sehr gut: Motive
zum Württemb. Ges. v. 18. Aug. 1874 (Schmidlin, Justizgesetze des deutschen
Reiches II S. 354 ff.).
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 31
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[481/0501] § 32. Der Finanzzwang. ihre eignen Vollstreckungsbeamten behufs der Zwangsvollstreckung machen würde, statt des vollstreckbaren Titels. Mit ihrem Antrage bescheinigt sie zugleich die Voraussetzungen der Vollstreckung und, sofern das nur in ihrer allgemeinen Zuständigkeit geschehen ist, hat das Gericht die Grundlagen derselben nicht weiter zu prüfen. Es können andererseits Vollstreckungsakte vorgenommen werden durch das Personal der civilprozeſsrechtlichen Vollstreckung, durch die Gerichtsvollzieher. Die Verwendbarkeit des Gerichtsvoll- ziehers für die administrative Zwangsbeitreibung ist nicht selbstver- ständlich; denn dieser Beamte hat seinen gesetzlich beschränkten Amts- kreis, der von Haus aus einem andern Gebiet angehört; es bedarf also eines Gesetzes, welches ihn der Verwaltungsbehörde für ihr Ge- schäft zur Verfügung stellt: das Gesetz thut das in der Form, daſs es die Verwaltungsbehörde anweist, sich eines Gerichtsvollziehers zu bedienen, oder auch ihr die Wahl läſst, die Vollstreckung durch eigne Beamte oder durch einen Gerichtsvollzieher vornehmen zu lassen 12. Auſserhalb solcher gesetzlicher Ermächtigung wäre der Gerichtsvoll- zieher zur Mitwirkung bei der administrativen Zwangsbeitreibung un- zuständig und sein Akt ungültig. Die gesetzmäſsige Inanspruchnahme des Gerichtsvollziehers bringt die Verwaltungsbehörde wiederum in die Stellung einer gewöhnlichen Partei. Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung werden diesem in derselben Weise bindend geliefert, wie dem Vollstreckungsgericht in dem oben erwähnten Fall. Aber für die Ausführung des Auftrags verbleibt der Gerichtsvollzieher unter der ausschlieſslichen Dienst- gewalt der Justizbehörde. Der Auftrag der Verwaltungsbehörde ist kein Dienstauftrag, so wenig wie jener Antrag beim Vollstreckungs- gericht eine Requisition. Es ist ein gewöhnlicher Parteiauftrag, von ihm als solcher pflichtmäſsig zu prüfen und auszuführen 13. 12 Bayr. Ausf.Ges. 23. Febr. 1879 Art. 7: „Sowohl durch die ihm zu Gebote stehenden Vollzugsorgane als auch durch Gerichtsvollzieher“. Ebenso Sächs. Ges. v. 7. März 1879 § 1. Bad. Verord. 3. Nov. 1879 § 7 (regelmäſsig Steueraufseher oder Grenzaufseher, ausnahmsweise Gerichtsvollzieher). Preuſs. Verord. 7. Sept. 1879 § 5 Abs. 4: „Die Ausführung einer Zwangsvollstreckung kann einem Gerichts- vollzieher übertragen werden. Dieser hat nach den für gerichtliche Zwangs- vollstreckungen bestehenden Vorschriften zu verfahren“. 13 Über die damit zusammenhängenden Unzuträglichkeiten der Verwendung von Gerichtsvollziehern für die administrative Zwangsbeitreibung sehr gut: Motive zum Württemb. Ges. v. 18. Aug. 1874 (Schmidlin, Justizgesetze des deutschen Reiches II S. 354 ff.). Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 31

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/501>, abgerufen am 22.12.2024.