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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 39. Verleihung besonderer Nutzungen.
wasserbude trotz des eingemauerten Fundaments nur eine Gebrauchs-
erlaubnis für sich zu haben. Ein und dieselbe Vorrichtung der
äußeren Erscheinung nach kann im einen Falle eine Verleihung be-
deuten, im andern eine Gehrauchserlaubnis. Das Entscheidende ist
immer in letzter Linie der Rechtstitel, welcher dahinter steht,
erkennbar an seiner Entstehungsform und Wirkung2.

II. Im einzelnen entfaltet sich nun unser Rechtsinstitut wie
folgt3.

1. Indem die Verleihung einen Besitz an der öffentlichen Sache
begründet, der dem Beliehenen zu eigenem selbständigen Rechte aus-

2 Vgl. oben § 38, Note 1 den Fall der an den Straßen anzubringenden Brief-
kästen, die mit Verleihung oder mit Gebrauchserlaubnis bestehen können. Der
Fall zeigt aber auch deutlich, wie groß der rechtliche Unterschied ist. Nichts-
destoweniger wird er gar oft nicht beachtet; so z. B. nicht von Bekker, Pand. I,
S. 243.
3 Wohl zu beachten ist, daß was wir hier vortragen, nur gilt von den nach
neuerem Rechte begründeten besonderen Nutzungsrechten an öffentlichen Sachen.
Im Gegensatze zu der raschlebigen Gebrauchserlaubnis überdauert aber ein der-
artiges wirkliches Recht an der öffentlichen Sache auch die großen Umwälzungen
in den allgemeinen Grundanschauungen des öffentlichen Rechts. So sind uns
manigfach Nutzungsrechte gleichen Inhalts und ähnlicher Wirkung wie die jetzt
durch Verleihung zu begründenden überliefert worden aus früheren Rechtszuständen.
Sie sind zum Teil schon entstanden zu einer Zeit, wo Civilrecht und öffentliches
Recht noch nicht geschieden waren. Kauf, Erbrecht, Ersitzung, landesherrliche
Privilegien bilden ihre Entstehungsgründe. Vor allem sind es Mühlen und Wasser-
leitungen an öffentlichen Flüssen, welche auf Grund solcher alten Rechtstitel be-
stehen. Ein hübsches Beispiel dieser Art boten die Schlächterscharren auf dem
Neumarkt zu Berlin, deren rechtliche Lage O.Tr. 8. Febr. 1856 (Str. 19, S. 336)
behandelt. Der Satz, den es dabei aufstellt, "daß der Privatrechtstitel auch auf
dem Gebiete des öffentlichen Rechtes anwendbar ist", hat in diesem beschränkten
Sinne seine Richtigkeit. Die durch den alten Privatrechtstitel erzeugten Rechte
werden thatsächlich so zu behandeln sein, als wären sie in den neuen, dem
heutigen öffentlichen Rechte entsprechenden Formen entstanden. Abweichungen
im Inhalte des Rechtes bleiben bestehen, bis sie nach den Regeln der neuen
Ordnung beseitigt sind. Namentlich den Beschränkungen, die diese neue Ordnung
mit sich bringt, steht ihre ursprünglich civilrechtliche Natur nicht im Wege; vgl.
unten Note 13. Für die Frage der Zuständigkeit mag diese wohl jetzt noch von
Bedeutung sein. So erkennt O.Tr. 13. Dez. 1859 (Str. 35, S. 345) wegen der alten
Wollschweifen, die das Tuchmachergewerbe zu Spremberg in der Spree besaß, die
Civilgerichte für zuständig, wo es sich bei einer neuen Verleihung um eine reine
Verwaltungsfrage handeln würde. -- Zu polizeistaatlicher Zeit entstandene
Nutzungsrechte dieser Art sind in unbedingter Abhängigkeit von der Polizeigewalt
gedacht; der Unterschied von einer gewöhnlichen Erlaubnis ist nur der, daß der
Fiskus durch Vertrag oder Privilegium belastet wird mit einer Haftung für den Fall
der Beeinträchtigung oder Entziehung.

§ 39. Verleihung besonderer Nutzungen.
wasserbude trotz des eingemauerten Fundaments nur eine Gebrauchs-
erlaubnis für sich zu haben. Ein und dieselbe Vorrichtung der
äußeren Erscheinung nach kann im einen Falle eine Verleihung be-
deuten, im andern eine Gehrauchserlaubnis. Das Entscheidende ist
immer in letzter Linie der Rechtstitel, welcher dahinter steht,
erkennbar an seiner Entstehungsform und Wirkung2.

II. Im einzelnen entfaltet sich nun unser Rechtsinstitut wie
folgt3.

1. Indem die Verleihung einen Besitz an der öffentlichen Sache
begründet, der dem Beliehenen zu eigenem selbständigen Rechte aus-

2 Vgl. oben § 38, Note 1 den Fall der an den Straßen anzubringenden Brief-
kästen, die mit Verleihung oder mit Gebrauchserlaubnis bestehen können. Der
Fall zeigt aber auch deutlich, wie groß der rechtliche Unterschied ist. Nichts-
destoweniger wird er gar oft nicht beachtet; so z. B. nicht von Bekker, Pand. I,
S. 243.
3 Wohl zu beachten ist, daß was wir hier vortragen, nur gilt von den nach
neuerem Rechte begründeten besonderen Nutzungsrechten an öffentlichen Sachen.
Im Gegensatze zu der raschlebigen Gebrauchserlaubnis überdauert aber ein der-
artiges wirkliches Recht an der öffentlichen Sache auch die großen Umwälzungen
in den allgemeinen Grundanschauungen des öffentlichen Rechts. So sind uns
manigfach Nutzungsrechte gleichen Inhalts und ähnlicher Wirkung wie die jetzt
durch Verleihung zu begründenden überliefert worden aus früheren Rechtszuständen.
Sie sind zum Teil schon entstanden zu einer Zeit, wo Civilrecht und öffentliches
Recht noch nicht geschieden waren. Kauf, Erbrecht, Ersitzung, landesherrliche
Privilegien bilden ihre Entstehungsgründe. Vor allem sind es Mühlen und Wasser-
leitungen an öffentlichen Flüssen, welche auf Grund solcher alten Rechtstitel be-
stehen. Ein hübsches Beispiel dieser Art boten die Schlächterscharren auf dem
Neumarkt zu Berlin, deren rechtliche Lage O.Tr. 8. Febr. 1856 (Str. 19, S. 336)
behandelt. Der Satz, den es dabei aufstellt, „daß der Privatrechtstitel auch auf
dem Gebiete des öffentlichen Rechtes anwendbar ist“, hat in diesem beschränkten
Sinne seine Richtigkeit. Die durch den alten Privatrechtstitel erzeugten Rechte
werden thatsächlich so zu behandeln sein, als wären sie in den neuen, dem
heutigen öffentlichen Rechte entsprechenden Formen entstanden. Abweichungen
im Inhalte des Rechtes bleiben bestehen, bis sie nach den Regeln der neuen
Ordnung beseitigt sind. Namentlich den Beschränkungen, die diese neue Ordnung
mit sich bringt, steht ihre ursprünglich civilrechtliche Natur nicht im Wege; vgl.
unten Note 13. Für die Frage der Zuständigkeit mag diese wohl jetzt noch von
Bedeutung sein. So erkennt O.Tr. 13. Dez. 1859 (Str. 35, S. 345) wegen der alten
Wollschweifen, die das Tuchmachergewerbe zu Spremberg in der Spree besaß, die
Civilgerichte für zuständig, wo es sich bei einer neuen Verleihung um eine reine
Verwaltungsfrage handeln würde. — Zu polizeistaatlicher Zeit entstandene
Nutzungsrechte dieser Art sind in unbedingter Abhängigkeit von der Polizeigewalt
gedacht; der Unterschied von einer gewöhnlichen Erlaubnis ist nur der, daß der
Fiskus durch Vertrag oder Privilegium belastet wird mit einer Haftung für den Fall
der Beeinträchtigung oder Entziehung.
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[149/0161] § 39. Verleihung besonderer Nutzungen. wasserbude trotz des eingemauerten Fundaments nur eine Gebrauchs- erlaubnis für sich zu haben. Ein und dieselbe Vorrichtung der äußeren Erscheinung nach kann im einen Falle eine Verleihung be- deuten, im andern eine Gehrauchserlaubnis. Das Entscheidende ist immer in letzter Linie der Rechtstitel, welcher dahinter steht, erkennbar an seiner Entstehungsform und Wirkung 2. II. Im einzelnen entfaltet sich nun unser Rechtsinstitut wie folgt 3. 1. Indem die Verleihung einen Besitz an der öffentlichen Sache begründet, der dem Beliehenen zu eigenem selbständigen Rechte aus- 2 Vgl. oben § 38, Note 1 den Fall der an den Straßen anzubringenden Brief- kästen, die mit Verleihung oder mit Gebrauchserlaubnis bestehen können. Der Fall zeigt aber auch deutlich, wie groß der rechtliche Unterschied ist. Nichts- destoweniger wird er gar oft nicht beachtet; so z. B. nicht von Bekker, Pand. I, S. 243. 3 Wohl zu beachten ist, daß was wir hier vortragen, nur gilt von den nach neuerem Rechte begründeten besonderen Nutzungsrechten an öffentlichen Sachen. Im Gegensatze zu der raschlebigen Gebrauchserlaubnis überdauert aber ein der- artiges wirkliches Recht an der öffentlichen Sache auch die großen Umwälzungen in den allgemeinen Grundanschauungen des öffentlichen Rechts. So sind uns manigfach Nutzungsrechte gleichen Inhalts und ähnlicher Wirkung wie die jetzt durch Verleihung zu begründenden überliefert worden aus früheren Rechtszuständen. Sie sind zum Teil schon entstanden zu einer Zeit, wo Civilrecht und öffentliches Recht noch nicht geschieden waren. Kauf, Erbrecht, Ersitzung, landesherrliche Privilegien bilden ihre Entstehungsgründe. Vor allem sind es Mühlen und Wasser- leitungen an öffentlichen Flüssen, welche auf Grund solcher alten Rechtstitel be- stehen. Ein hübsches Beispiel dieser Art boten die Schlächterscharren auf dem Neumarkt zu Berlin, deren rechtliche Lage O.Tr. 8. Febr. 1856 (Str. 19, S. 336) behandelt. Der Satz, den es dabei aufstellt, „daß der Privatrechtstitel auch auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes anwendbar ist“, hat in diesem beschränkten Sinne seine Richtigkeit. Die durch den alten Privatrechtstitel erzeugten Rechte werden thatsächlich so zu behandeln sein, als wären sie in den neuen, dem heutigen öffentlichen Rechte entsprechenden Formen entstanden. Abweichungen im Inhalte des Rechtes bleiben bestehen, bis sie nach den Regeln der neuen Ordnung beseitigt sind. Namentlich den Beschränkungen, die diese neue Ordnung mit sich bringt, steht ihre ursprünglich civilrechtliche Natur nicht im Wege; vgl. unten Note 13. Für die Frage der Zuständigkeit mag diese wohl jetzt noch von Bedeutung sein. So erkennt O.Tr. 13. Dez. 1859 (Str. 35, S. 345) wegen der alten Wollschweifen, die das Tuchmachergewerbe zu Spremberg in der Spree besaß, die Civilgerichte für zuständig, wo es sich bei einer neuen Verleihung um eine reine Verwaltungsfrage handeln würde. — Zu polizeistaatlicher Zeit entstandene Nutzungsrechte dieser Art sind in unbedingter Abhängigkeit von der Polizeigewalt gedacht; der Unterschied von einer gewöhnlichen Erlaubnis ist nur der, daß der Fiskus durch Vertrag oder Privilegium belastet wird mit einer Haftung für den Fall der Beeinträchtigung oder Entziehung.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/161>, abgerufen am 24.11.2024.