Der wichtigste Endigungsgrund ist aber hier der Wegfall des Unternehmens, zu dessen Gunsten die Grunddienstbarkeit auf- erlegt worden ist: die Rayonservitut erlischt mit der Auflassung des Festungswerkes, das Recht der Materialentnahme oder vorüber- gehenden Besitzergreifung mit dem Aufhören der Straßenarbeiten, für welche es gegeben war, der Leinpfad mit dem Aufhören der Schiffbarkeit des Flusses. Daran zeigt sich, wie sehr hier das be- stimmte öffentliche Unternehmen die Stelle des praedium dominans vertritt. Sein Wegfall wirkt wie im Civilrecht der Untergang des letzteren.
Noch näher liegt der Vergleich dieses Endigungsgrundes mit dem einzigen Endigungsgrunde der Grunddienstbarkeit der öffentlichen Sache: die Aufgabe eines bestimmten öffentlichen Unternehmens wirkt hier und dort; nur daß dort das Unternehmen an der mit der Dienstbarkeit belasteten Sache selbst sich vollzog, hier außerhalb derselben stand und sie nur von außerhalb her in Anspruch nahm. Im weiteren Ergebnis dieser Endigung werden sich aber die beiden Arten von öffentlichrechtlicher Grunddienstbarkeit wieder scharf unter- scheiden: während dort die Endigung die entsprechende civilrecht- liche Servitut übrig ließ, bleibt hier nichts zurück. Das öffentliche Unternehmen gab hier nicht etwa der Grunddienstbarkeit nur ihre öffentlichrechtliche Natur, sondern es war allein Rechtfertigungsgrund des ganzen Eingriffs in seinem Beginn und seiner Dauer; er bestand von vornherein nur dafür und hört von selbst damit auf, rechtlich zu bestehen.
§ 41. Öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung.
Die Erscheinungen, welche wir hier zusammenfassen, gewinnen ihre Einheitlichkeit dadurch, daß wir sie anlehnen an das gleich- namige civilrechtliche Rechtsinstitut in derselben Weise, wie den zu- letzt betrachteten die civilrechtliche Servitut als Vorbild gedient hat.
Das Civilrecht scheidet die beiden danach, daß die Servitut ein bestimmtes für den Anderen begründetes Recht voraussetzt, welches das Zurückdrängen des Eigentums zur Folge hat, die Eigentums- beschränkung umgekehrt ausgeht von einer dem Eigentum selbst all- gemein anhaftenden Schwäche, die seine volle Geltendmachung im einen oder andern Punkte ausschließt und aus welcher dann einem Anderen wieder ein rechtlich geschützter Vorteil, ein Recht in diesem
Das öffentliche Sachenrecht.
Der wichtigste Endigungsgrund ist aber hier der Wegfall des Unternehmens, zu dessen Gunsten die Grunddienstbarkeit auf- erlegt worden ist: die Rayonservitut erlischt mit der Auflassung des Festungswerkes, das Recht der Materialentnahme oder vorüber- gehenden Besitzergreifung mit dem Aufhören der Straßenarbeiten, für welche es gegeben war, der Leinpfad mit dem Aufhören der Schiffbarkeit des Flusses. Daran zeigt sich, wie sehr hier das be- stimmte öffentliche Unternehmen die Stelle des praedium dominans vertritt. Sein Wegfall wirkt wie im Civilrecht der Untergang des letzteren.
Noch näher liegt der Vergleich dieses Endigungsgrundes mit dem einzigen Endigungsgrunde der Grunddienstbarkeit der öffentlichen Sache: die Aufgabe eines bestimmten öffentlichen Unternehmens wirkt hier und dort; nur daß dort das Unternehmen an der mit der Dienstbarkeit belasteten Sache selbst sich vollzog, hier außerhalb derselben stand und sie nur von außerhalb her in Anspruch nahm. Im weiteren Ergebnis dieser Endigung werden sich aber die beiden Arten von öffentlichrechtlicher Grunddienstbarkeit wieder scharf unter- scheiden: während dort die Endigung die entsprechende civilrecht- liche Servitut übrig ließ, bleibt hier nichts zurück. Das öffentliche Unternehmen gab hier nicht etwa der Grunddienstbarkeit nur ihre öffentlichrechtliche Natur, sondern es war allein Rechtfertigungsgrund des ganzen Eingriffs in seinem Beginn und seiner Dauer; er bestand von vornherein nur dafür und hört von selbst damit auf, rechtlich zu bestehen.
§ 41. Öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung.
Die Erscheinungen, welche wir hier zusammenfassen, gewinnen ihre Einheitlichkeit dadurch, daß wir sie anlehnen an das gleich- namige civilrechtliche Rechtsinstitut in derselben Weise, wie den zu- letzt betrachteten die civilrechtliche Servitut als Vorbild gedient hat.
Das Civilrecht scheidet die beiden danach, daß die Servitut ein bestimmtes für den Anderen begründetes Recht voraussetzt, welches das Zurückdrängen des Eigentums zur Folge hat, die Eigentums- beschränkung umgekehrt ausgeht von einer dem Eigentum selbst all- gemein anhaftenden Schwäche, die seine volle Geltendmachung im einen oder andern Punkte ausschließt und aus welcher dann einem Anderen wieder ein rechtlich geschützter Vorteil, ein Recht in diesem
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Das öffentliche Sachenrecht.
Der wichtigste Endigungsgrund ist aber hier der Wegfall des
Unternehmens, zu dessen Gunsten die Grunddienstbarkeit auf-
erlegt worden ist: die Rayonservitut erlischt mit der Auflassung des
Festungswerkes, das Recht der Materialentnahme oder vorüber-
gehenden Besitzergreifung mit dem Aufhören der Straßenarbeiten,
für welche es gegeben war, der Leinpfad mit dem Aufhören der
Schiffbarkeit des Flusses. Daran zeigt sich, wie sehr hier das be-
stimmte öffentliche Unternehmen die Stelle des praedium dominans
vertritt. Sein Wegfall wirkt wie im Civilrecht der Untergang des
letzteren.
Noch näher liegt der Vergleich dieses Endigungsgrundes mit dem
einzigen Endigungsgrunde der Grunddienstbarkeit der öffentlichen
Sache: die Aufgabe eines bestimmten öffentlichen Unternehmens wirkt
hier und dort; nur daß dort das Unternehmen an der mit der
Dienstbarkeit belasteten Sache selbst sich vollzog, hier außerhalb
derselben stand und sie nur von außerhalb her in Anspruch nahm. Im
weiteren Ergebnis dieser Endigung werden sich aber die beiden
Arten von öffentlichrechtlicher Grunddienstbarkeit wieder scharf unter-
scheiden: während dort die Endigung die entsprechende civilrecht-
liche Servitut übrig ließ, bleibt hier nichts zurück. Das öffentliche
Unternehmen gab hier nicht etwa der Grunddienstbarkeit nur ihre
öffentlichrechtliche Natur, sondern es war allein Rechtfertigungsgrund
des ganzen Eingriffs in seinem Beginn und seiner Dauer; er bestand
von vornherein nur dafür und hört von selbst damit auf, rechtlich zu
bestehen.
§ 41.
Öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung.
Die Erscheinungen, welche wir hier zusammenfassen, gewinnen
ihre Einheitlichkeit dadurch, daß wir sie anlehnen an das gleich-
namige civilrechtliche Rechtsinstitut in derselben Weise, wie den zu-
letzt betrachteten die civilrechtliche Servitut als Vorbild gedient hat.
Das Civilrecht scheidet die beiden danach, daß die Servitut ein
bestimmtes für den Anderen begründetes Recht voraussetzt, welches
das Zurückdrängen des Eigentums zur Folge hat, die Eigentums-
beschränkung umgekehrt ausgeht von einer dem Eigentum selbst all-
gemein anhaftenden Schwäche, die seine volle Geltendmachung im
einen oder andern Punkte ausschließt und aus welcher dann einem
Anderen wieder ein rechtlich geschützter Vorteil, ein Recht in diesem
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/190>, abgerufen am 24.11.2024.
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