Jeder civilrechtliche Dienstvertrag läuft darauf hinaus, daß der Pflichtige durch seine Leistungen Geschäfte des Dienstherrn besorgen soll. Die Bezeichnung dieser Geschäfte ist ein Auftrag, der sich mit der Dienstpflicht verbinden muß, um sie in Thätigkeit zu setzen. Er kann in der Begründung der Dienstpflicht selbst schon enthalten sein oder nachher dazu kommen. Der Auftrag bestimmt aber nicht nur den genaueren Inhalt der Pflicht, sondern überweist auch zu- gleich dem Dienstpflichtigen die Geschäfte, die ihm anvertraut sein sollen, damit er sie für den Dienstherrn besorge, diesen darin ver- trete; denn sachlich bleiben sie dessen Geschäfte. Daß der Dienst- pflichtige dadurch nach außen an der Stelle des Dienstherrn erscheint, ist die äußere Seite des Auftrags, die Vertretung. Es brauchen nicht notwendig Rechtsgeschäfte zu sein, welche für den Dienstherrn besorgt werden sollen; auch bloß thatsächliche Verrichtungen für den andern stellen eine Vertretung für ihn vor in diesem weiten Sinne. Ist der Auftrag auf Vornahme von Rechtsgeschäften gerichtet, so be- zeichnen wir die damit begründete Vertretungsfähigkeit als Voll- macht.
In gleicher Weise verbindet sich auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts mit der Dienstpflicht die Überweisung eines Kreises von Ge- schäften des Dienstherrn, des Staates. Die äußere Seite dieses Auf- trags, die Macht der Vertretung des Staates in diesem bestimmten Kreis von Geschäften ist das öffentliche Amt. Ist der Auftrag ge- richtet auf Vornahme öffentlichrechtlicher Rechtsgeschäfte, d. h. auf bindende Aussprüche über die Unterthanen, auf Ausübung der Befehls- gewalt, wie man zu sagen pflegt, so sprechen wir von einem obrig- keitlichen Amte, mit dem eine Behörde sich bildet (Bd. I § 8 Note 2), und erhalten damit zugleich ein Seitenstück der Vollmacht; das bietet jedoch hier weiter keine Besonderheiten.
Das Verhältnis zwischen Amt und öffentlicher Dienstpflicht ist aber ein anderes, als das zwischen civilrechtlicher Vertretungsmacht und civilrechtlicher Dienstpflicht. Die civilrechtliche Vertretungsmacht kann selbständig für sich betrachtet werden. Welches persönliche Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenen dahinter steht, ist für ihren Begriff gleichgültig; es kann irgend eine andere Art von obli- gatorischem Verhältnis vorliegen; sie kann auch auf einer einseitigen Gewalt des Machthabers beruhen. Sie wird dadurch nichts wesentlich anderes. Das öffentliche Amt dagegen ist wesentlich gebunden an die öffentliche Dienstpflicht. Das Amt ist ein Kreis von Staats- geschäften, welche mit öffentlicher Dienstpflicht be-
Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Jeder civilrechtliche Dienstvertrag läuft darauf hinaus, daß der Pflichtige durch seine Leistungen Geschäfte des Dienstherrn besorgen soll. Die Bezeichnung dieser Geschäfte ist ein Auftrag, der sich mit der Dienstpflicht verbinden muß, um sie in Thätigkeit zu setzen. Er kann in der Begründung der Dienstpflicht selbst schon enthalten sein oder nachher dazu kommen. Der Auftrag bestimmt aber nicht nur den genaueren Inhalt der Pflicht, sondern überweist auch zu- gleich dem Dienstpflichtigen die Geschäfte, die ihm anvertraut sein sollen, damit er sie für den Dienstherrn besorge, diesen darin ver- trete; denn sachlich bleiben sie dessen Geschäfte. Daß der Dienst- pflichtige dadurch nach außen an der Stelle des Dienstherrn erscheint, ist die äußere Seite des Auftrags, die Vertretung. Es brauchen nicht notwendig Rechtsgeschäfte zu sein, welche für den Dienstherrn besorgt werden sollen; auch bloß thatsächliche Verrichtungen für den andern stellen eine Vertretung für ihn vor in diesem weiten Sinne. Ist der Auftrag auf Vornahme von Rechtsgeschäften gerichtet, so be- zeichnen wir die damit begründete Vertretungsfähigkeit als Voll- macht.
In gleicher Weise verbindet sich auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts mit der Dienstpflicht die Überweisung eines Kreises von Ge- schäften des Dienstherrn, des Staates. Die äußere Seite dieses Auf- trags, die Macht der Vertretung des Staates in diesem bestimmten Kreis von Geschäften ist das öffentliche Amt. Ist der Auftrag ge- richtet auf Vornahme öffentlichrechtlicher Rechtsgeschäfte, d. h. auf bindende Aussprüche über die Unterthanen, auf Ausübung der Befehls- gewalt, wie man zu sagen pflegt, so sprechen wir von einem obrig- keitlichen Amte, mit dem eine Behörde sich bildet (Bd. I § 8 Note 2), und erhalten damit zugleich ein Seitenstück der Vollmacht; das bietet jedoch hier weiter keine Besonderheiten.
Das Verhältnis zwischen Amt und öffentlicher Dienstpflicht ist aber ein anderes, als das zwischen civilrechtlicher Vertretungsmacht und civilrechtlicher Dienstpflicht. Die civilrechtliche Vertretungsmacht kann selbständig für sich betrachtet werden. Welches persönliche Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenen dahinter steht, ist für ihren Begriff gleichgültig; es kann irgend eine andere Art von obli- gatorischem Verhältnis vorliegen; sie kann auch auf einer einseitigen Gewalt des Machthabers beruhen. Sie wird dadurch nichts wesentlich anderes. Das öffentliche Amt dagegen ist wesentlich gebunden an die öffentliche Dienstpflicht. Das Amt ist ein Kreis von Staats- geschäften, welche mit öffentlicher Dienstpflicht be-
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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Jeder civilrechtliche Dienstvertrag läuft darauf hinaus, daß der
Pflichtige durch seine Leistungen Geschäfte des Dienstherrn besorgen
soll. Die Bezeichnung dieser Geschäfte ist ein Auftrag, der sich
mit der Dienstpflicht verbinden muß, um sie in Thätigkeit zu setzen.
Er kann in der Begründung der Dienstpflicht selbst schon enthalten
sein oder nachher dazu kommen. Der Auftrag bestimmt aber nicht
nur den genaueren Inhalt der Pflicht, sondern überweist auch zu-
gleich dem Dienstpflichtigen die Geschäfte, die ihm anvertraut sein
sollen, damit er sie für den Dienstherrn besorge, diesen darin ver-
trete; denn sachlich bleiben sie dessen Geschäfte. Daß der Dienst-
pflichtige dadurch nach außen an der Stelle des Dienstherrn erscheint,
ist die äußere Seite des Auftrags, die Vertretung. Es brauchen
nicht notwendig Rechtsgeschäfte zu sein, welche für den Dienstherrn
besorgt werden sollen; auch bloß thatsächliche Verrichtungen für den
andern stellen eine Vertretung für ihn vor in diesem weiten Sinne.
Ist der Auftrag auf Vornahme von Rechtsgeschäften gerichtet, so be-
zeichnen wir die damit begründete Vertretungsfähigkeit als Voll-
macht.
In gleicher Weise verbindet sich auf dem Gebiete des öffentlichen
Rechts mit der Dienstpflicht die Überweisung eines Kreises von Ge-
schäften des Dienstherrn, des Staates. Die äußere Seite dieses Auf-
trags, die Macht der Vertretung des Staates in diesem bestimmten
Kreis von Geschäften ist das öffentliche Amt. Ist der Auftrag ge-
richtet auf Vornahme öffentlichrechtlicher Rechtsgeschäfte, d. h. auf
bindende Aussprüche über die Unterthanen, auf Ausübung der Befehls-
gewalt, wie man zu sagen pflegt, so sprechen wir von einem obrig-
keitlichen Amte, mit dem eine Behörde sich bildet (Bd. I § 8
Note 2), und erhalten damit zugleich ein Seitenstück der Vollmacht;
das bietet jedoch hier weiter keine Besonderheiten.
Das Verhältnis zwischen Amt und öffentlicher Dienstpflicht ist
aber ein anderes, als das zwischen civilrechtlicher Vertretungsmacht
und civilrechtlicher Dienstpflicht. Die civilrechtliche Vertretungsmacht
kann selbständig für sich betrachtet werden. Welches persönliche
Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenen dahinter steht, ist für
ihren Begriff gleichgültig; es kann irgend eine andere Art von obli-
gatorischem Verhältnis vorliegen; sie kann auch auf einer einseitigen
Gewalt des Machthabers beruhen. Sie wird dadurch nichts wesentlich
anderes. Das öffentliche Amt dagegen ist wesentlich gebunden an die
öffentliche Dienstpflicht. Das Amt ist ein Kreis von Staats-
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/210>, abgerufen am 21.11.2024.
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