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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
tümliche Forderung der persönlichen Hingabe und Treue enthält, ent-
steht hier kein Amt. Beispiel: die geforderten Hülfeleistungen bei
Unglücksfällen, die Requisitionen von Fuhren und Arbeitskräften8.

Das Verfassungsrecht des Staates, der Gemeinden weist
öffentliche Angelegenheiten in gewissem Maße der Besorgung durch
Versammlungen von Staatsbürgern zu, sei es, daß die Beschlüsse derselben
allein entscheidend sind, sei es, daß sie nur mitwirken: so die Volks-
vertretungen, Gemeindevertretungen, Gemeindeversammlungen. Die
Mitglieder dieser Versammlungen haben kein Amt, weil sie keine
Dienstpflicht haben9. Vor allem der Fürst selbst besorgt Staats-
geschäfte im weitesten Umfange ohne Amt und ohne Beamter zu sein.
Der Präsident der Republik ist Beamter, sofern er durch eine öffent-
liche Dienstpflicht gebunden ist.

Kein öffentliches Amtohne öffentliche Dienstpflicht!
Wohl aber ist umgekehrt die öffentliche Dienstpflicht denkbar ohne
Amt. Das kann auf zweierlei Gründen beruhen.

Es ist möglich, daß die Entstehung der Dienstpflicht und der
Beginn des Amtes Schlag auf Schlag zusammenfallen. Thatsächlich
erscheint beides oft durch einen gewissen Zeitraum getrennt. Und
zwar, da das Amt ohne Dienstpflicht nicht sein kann, ist es dann
immer die Dienstpflicht, die zuerst entsteht und zunächst während
einer gewissen Pause allein bleibt, bis das Amt hinzukommt und
sie nach außen wirksam macht. Das tritt in der deutlichsten Weise
hervor beim berufsmäßigen Staatsdienst. Ebenso kann es sein, daß
das Amt zuerst wieder aufhört und die Dienstpflicht allein läßt.

Der zweite Grund ist der, daß die den Inhalt der Dienstpflicht
bildende Thätigkeit für den Staat nicht notwendig in Besorgung
von Geschäften, in einem äußeren Wirksamwerden für den Staat be-
stehen muß, das dem Pflichtigen anvertraut wäre. Es kann sein,
daß diese Thätigkeit nur den Zweck hat, eine gewisse Wirkung an
dem Verpflichteten selbst
hervorzubringen, ihn auszubilden
und geeignet zu machen für die künftige Besorgung wirklicher Ge-
schäfte. Dann bleibt die Dienstpflicht, was sie ist; aber ein Amt ist
nicht vorhanden. Die gesetzliche Heerdienstpflicht giebt das hervor-
ragendste Beispiel dafür10; aber nicht das einzige.

8 Davon unten § 47, II das Nähere.
9 Olshausen, Stf.G.B. II S. 1293 (n. 14, II b); R.G. 1. Febr. 1883 (Reger
III S. 306); vgl. auch über die einzelnen Erscheinungen dieser Vertretungsmacht
im Recht der Selbstverwaltungskörper: unten § 58.
10 Laband in Arch. f. öff. R. III S. 519: "Die Wehrpflicht im Frieden ist
eine militärische Schulpflicht".

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
tümliche Forderung der persönlichen Hingabe und Treue enthält, ent-
steht hier kein Amt. Beispiel: die geforderten Hülfeleistungen bei
Unglücksfällen, die Requisitionen von Fuhren und Arbeitskräften8.

Das Verfassungsrecht des Staates, der Gemeinden weist
öffentliche Angelegenheiten in gewissem Maße der Besorgung durch
Versammlungen von Staatsbürgern zu, sei es, daß die Beschlüsse derselben
allein entscheidend sind, sei es, daß sie nur mitwirken: so die Volks-
vertretungen, Gemeindevertretungen, Gemeindeversammlungen. Die
Mitglieder dieser Versammlungen haben kein Amt, weil sie keine
Dienstpflicht haben9. Vor allem der Fürst selbst besorgt Staats-
geschäfte im weitesten Umfange ohne Amt und ohne Beamter zu sein.
Der Präsident der Republik ist Beamter, sofern er durch eine öffent-
liche Dienstpflicht gebunden ist.

Kein öffentliches Amtohne öffentliche Dienstpflicht!
Wohl aber ist umgekehrt die öffentliche Dienstpflicht denkbar ohne
Amt. Das kann auf zweierlei Gründen beruhen.

Es ist möglich, daß die Entstehung der Dienstpflicht und der
Beginn des Amtes Schlag auf Schlag zusammenfallen. Thatsächlich
erscheint beides oft durch einen gewissen Zeitraum getrennt. Und
zwar, da das Amt ohne Dienstpflicht nicht sein kann, ist es dann
immer die Dienstpflicht, die zuerst entsteht und zunächst während
einer gewissen Pause allein bleibt, bis das Amt hinzukommt und
sie nach außen wirksam macht. Das tritt in der deutlichsten Weise
hervor beim berufsmäßigen Staatsdienst. Ebenso kann es sein, daß
das Amt zuerst wieder aufhört und die Dienstpflicht allein läßt.

Der zweite Grund ist der, daß die den Inhalt der Dienstpflicht
bildende Thätigkeit für den Staat nicht notwendig in Besorgung
von Geschäften, in einem äußeren Wirksamwerden für den Staat be-
stehen muß, das dem Pflichtigen anvertraut wäre. Es kann sein,
daß diese Thätigkeit nur den Zweck hat, eine gewisse Wirkung an
dem Verpflichteten selbst
hervorzubringen, ihn auszubilden
und geeignet zu machen für die künftige Besorgung wirklicher Ge-
schäfte. Dann bleibt die Dienstpflicht, was sie ist; aber ein Amt ist
nicht vorhanden. Die gesetzliche Heerdienstpflicht giebt das hervor-
ragendste Beispiel dafür10; aber nicht das einzige.

8 Davon unten § 47, II das Nähere.
9 Olshausen, Stf.G.B. II S. 1293 (n. 14, II b); R.G. 1. Febr. 1883 (Reger
III S. 306); vgl. auch über die einzelnen Erscheinungen dieser Vertretungsmacht
im Recht der Selbstverwaltungskörper: unten § 58.
10 Laband in Arch. f. öff. R. III S. 519: „Die Wehrpflicht im Frieden ist
eine militärische Schulpflicht“.
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[200/0212] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. tümliche Forderung der persönlichen Hingabe und Treue enthält, ent- steht hier kein Amt. Beispiel: die geforderten Hülfeleistungen bei Unglücksfällen, die Requisitionen von Fuhren und Arbeitskräften 8. Das Verfassungsrecht des Staates, der Gemeinden weist öffentliche Angelegenheiten in gewissem Maße der Besorgung durch Versammlungen von Staatsbürgern zu, sei es, daß die Beschlüsse derselben allein entscheidend sind, sei es, daß sie nur mitwirken: so die Volks- vertretungen, Gemeindevertretungen, Gemeindeversammlungen. Die Mitglieder dieser Versammlungen haben kein Amt, weil sie keine Dienstpflicht haben 9. Vor allem der Fürst selbst besorgt Staats- geschäfte im weitesten Umfange ohne Amt und ohne Beamter zu sein. Der Präsident der Republik ist Beamter, sofern er durch eine öffent- liche Dienstpflicht gebunden ist. Kein öffentliches Amtohne öffentliche Dienstpflicht! Wohl aber ist umgekehrt die öffentliche Dienstpflicht denkbar ohne Amt. Das kann auf zweierlei Gründen beruhen. Es ist möglich, daß die Entstehung der Dienstpflicht und der Beginn des Amtes Schlag auf Schlag zusammenfallen. Thatsächlich erscheint beides oft durch einen gewissen Zeitraum getrennt. Und zwar, da das Amt ohne Dienstpflicht nicht sein kann, ist es dann immer die Dienstpflicht, die zuerst entsteht und zunächst während einer gewissen Pause allein bleibt, bis das Amt hinzukommt und sie nach außen wirksam macht. Das tritt in der deutlichsten Weise hervor beim berufsmäßigen Staatsdienst. Ebenso kann es sein, daß das Amt zuerst wieder aufhört und die Dienstpflicht allein läßt. Der zweite Grund ist der, daß die den Inhalt der Dienstpflicht bildende Thätigkeit für den Staat nicht notwendig in Besorgung von Geschäften, in einem äußeren Wirksamwerden für den Staat be- stehen muß, das dem Pflichtigen anvertraut wäre. Es kann sein, daß diese Thätigkeit nur den Zweck hat, eine gewisse Wirkung an dem Verpflichteten selbst hervorzubringen, ihn auszubilden und geeignet zu machen für die künftige Besorgung wirklicher Ge- schäfte. Dann bleibt die Dienstpflicht, was sie ist; aber ein Amt ist nicht vorhanden. Die gesetzliche Heerdienstpflicht giebt das hervor- ragendste Beispiel dafür 10; aber nicht das einzige. 8 Davon unten § 47, II das Nähere. 9 Olshausen, Stf.G.B. II S. 1293 (n. 14, II b); R.G. 1. Febr. 1883 (Reger III S. 306); vgl. auch über die einzelnen Erscheinungen dieser Vertretungsmacht im Recht der Selbstverwaltungskörper: unten § 58. 10 Laband in Arch. f. öff. R. III S. 519: „Die Wehrpflicht im Frieden ist eine militärische Schulpflicht“.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/212>, abgerufen am 24.11.2024.