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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Wir handeln hier zunächst von den gemeinen Lasten.

I. Die Leistungspflicht, welche wir als gemeine Last bezeichnen,
die also dem Einzelnen auferlegt ist schlechthin in seiner Eigenschaft
als Angehöriger des Gemeinwesens, dem das öffentliche Unternehmen
gehört, wird in der Abgrenzung des Kreises der zu Belastenden den
Unterschied von Staatslasten, Gemeindelasten u. s. w. hervortreten
lassen. Als Last wird sie sich kennzeichnen dadurch, daß Art und
Maß der Leistung bestimmt sind durch das Bedürfnis des
betreffenden Unternehmens
. Das wäre an sich auch denkbar
bei Geldleistungen. Allein diese werden von selbst die Natur der
Steuer annehmen. Was bei der Vorzugslast und bei der Verbandlast
auch für die Geldzahlungspflicht noch den Gegensatz zur Steuer auf-
recht erhält, ist hier nicht gegeben. Die Geldzahlungspflicht scheidet
deshalb von der gemeinen Last gänzlich aus; als ihr Gebiet ver-
bleiben lediglich die Naturalleistungen, Leistungen von persön-
licher Thätigkeit, von Waren, Geräten, Wohnungen.

Die Naturalleistung hat auf einer früheren Stufe unserer wirt-
schaftlichen Entwicklung, wie in den Beziehungen der Privatwirt-
schaften unter sich, so auch für die Beschaffung der Mittel zu öffent-
lichen Zwecken eine bedeutsamere Rolle gespielt. In der Neuzeit
mit Durchführung der Geldwirtschaft ist sie in den Hintergrund
getreten.

Vor allem erscheint sie jetzt niemals mehr als Mittel zur Ver-
mehrung des öffentlichen Vermögens, das den Wert des Geleisteten
zur Verfügung erhielte, also statt einer Geldzahlung, sondern immer
nur so, daß unmittelbar durch die Leistung selbst das Bedürfnis
eines öffentlichen Unternehmens befriedigt wird. Darum gehört sie
eben jetzt ganz unter den Begriff der öffentlichen Last.

Auch in dieser Umgrenzung ist sie jetzt die Ausnahme; was die
öffentlichen Unternehmungen brauchen, beschaffen sie sich mit Geld,
und das Geld liefert die Steuer; das ist die Regel. Nur aus be-
sonderen Gründen tritt die Naturalleistung und damit die öffentliche
Last an die Stelle. Diese Gründe sind aber zweierlei Art.

1. In gewissem Maße wird die Naturalleistung gehalten durch
Gründe der größeren Zweckmäßigkeit. Es kann thatsächlich
die Beschaffung der erforderlichen Mittel in der unmittelbaren Form
der Naturalleistung leichter sein als durch Gelderhebung und Erwerb
mit dem Gelde, leichter für den Leistenden, der das zu Leistende bei
der Hand hat, und eben dadurch auch leichter für den Unternehmer,
welcher der Mittel bedarf. Diese Lasten ersetzen dann nur die ent-
sprechenden Abgaben in Geld, die Steuern, und sind wie diese be-

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Wir handeln hier zunächst von den gemeinen Lasten.

I. Die Leistungspflicht, welche wir als gemeine Last bezeichnen,
die also dem Einzelnen auferlegt ist schlechthin in seiner Eigenschaft
als Angehöriger des Gemeinwesens, dem das öffentliche Unternehmen
gehört, wird in der Abgrenzung des Kreises der zu Belastenden den
Unterschied von Staatslasten, Gemeindelasten u. s. w. hervortreten
lassen. Als Last wird sie sich kennzeichnen dadurch, daß Art und
Maß der Leistung bestimmt sind durch das Bedürfnis des
betreffenden Unternehmens
. Das wäre an sich auch denkbar
bei Geldleistungen. Allein diese werden von selbst die Natur der
Steuer annehmen. Was bei der Vorzugslast und bei der Verbandlast
auch für die Geldzahlungspflicht noch den Gegensatz zur Steuer auf-
recht erhält, ist hier nicht gegeben. Die Geldzahlungspflicht scheidet
deshalb von der gemeinen Last gänzlich aus; als ihr Gebiet ver-
bleiben lediglich die Naturalleistungen, Leistungen von persön-
licher Thätigkeit, von Waren, Geräten, Wohnungen.

Die Naturalleistung hat auf einer früheren Stufe unserer wirt-
schaftlichen Entwicklung, wie in den Beziehungen der Privatwirt-
schaften unter sich, so auch für die Beschaffung der Mittel zu öffent-
lichen Zwecken eine bedeutsamere Rolle gespielt. In der Neuzeit
mit Durchführung der Geldwirtschaft ist sie in den Hintergrund
getreten.

Vor allem erscheint sie jetzt niemals mehr als Mittel zur Ver-
mehrung des öffentlichen Vermögens, das den Wert des Geleisteten
zur Verfügung erhielte, also statt einer Geldzahlung, sondern immer
nur so, daß unmittelbar durch die Leistung selbst das Bedürfnis
eines öffentlichen Unternehmens befriedigt wird. Darum gehört sie
eben jetzt ganz unter den Begriff der öffentlichen Last.

Auch in dieser Umgrenzung ist sie jetzt die Ausnahme; was die
öffentlichen Unternehmungen brauchen, beschaffen sie sich mit Geld,
und das Geld liefert die Steuer; das ist die Regel. Nur aus be-
sonderen Gründen tritt die Naturalleistung und damit die öffentliche
Last an die Stelle. Diese Gründe sind aber zweierlei Art.

1. In gewissem Maße wird die Naturalleistung gehalten durch
Gründe der größeren Zweckmäßigkeit. Es kann thatsächlich
die Beschaffung der erforderlichen Mittel in der unmittelbaren Form
der Naturalleistung leichter sein als durch Gelderhebung und Erwerb
mit dem Gelde, leichter für den Leistenden, der das zu Leistende bei
der Hand hat, und eben dadurch auch leichter für den Unternehmer,
welcher der Mittel bedarf. Diese Lasten ersetzen dann nur die ent-
sprechenden Abgaben in Geld, die Steuern, und sind wie diese be-

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[266/0278] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Wir handeln hier zunächst von den gemeinen Lasten. I. Die Leistungspflicht, welche wir als gemeine Last bezeichnen, die also dem Einzelnen auferlegt ist schlechthin in seiner Eigenschaft als Angehöriger des Gemeinwesens, dem das öffentliche Unternehmen gehört, wird in der Abgrenzung des Kreises der zu Belastenden den Unterschied von Staatslasten, Gemeindelasten u. s. w. hervortreten lassen. Als Last wird sie sich kennzeichnen dadurch, daß Art und Maß der Leistung bestimmt sind durch das Bedürfnis des betreffenden Unternehmens. Das wäre an sich auch denkbar bei Geldleistungen. Allein diese werden von selbst die Natur der Steuer annehmen. Was bei der Vorzugslast und bei der Verbandlast auch für die Geldzahlungspflicht noch den Gegensatz zur Steuer auf- recht erhält, ist hier nicht gegeben. Die Geldzahlungspflicht scheidet deshalb von der gemeinen Last gänzlich aus; als ihr Gebiet ver- bleiben lediglich die Naturalleistungen, Leistungen von persön- licher Thätigkeit, von Waren, Geräten, Wohnungen. Die Naturalleistung hat auf einer früheren Stufe unserer wirt- schaftlichen Entwicklung, wie in den Beziehungen der Privatwirt- schaften unter sich, so auch für die Beschaffung der Mittel zu öffent- lichen Zwecken eine bedeutsamere Rolle gespielt. In der Neuzeit mit Durchführung der Geldwirtschaft ist sie in den Hintergrund getreten. Vor allem erscheint sie jetzt niemals mehr als Mittel zur Ver- mehrung des öffentlichen Vermögens, das den Wert des Geleisteten zur Verfügung erhielte, also statt einer Geldzahlung, sondern immer nur so, daß unmittelbar durch die Leistung selbst das Bedürfnis eines öffentlichen Unternehmens befriedigt wird. Darum gehört sie eben jetzt ganz unter den Begriff der öffentlichen Last. Auch in dieser Umgrenzung ist sie jetzt die Ausnahme; was die öffentlichen Unternehmungen brauchen, beschaffen sie sich mit Geld, und das Geld liefert die Steuer; das ist die Regel. Nur aus be- sonderen Gründen tritt die Naturalleistung und damit die öffentliche Last an die Stelle. Diese Gründe sind aber zweierlei Art. 1. In gewissem Maße wird die Naturalleistung gehalten durch Gründe der größeren Zweckmäßigkeit. Es kann thatsächlich die Beschaffung der erforderlichen Mittel in der unmittelbaren Form der Naturalleistung leichter sein als durch Gelderhebung und Erwerb mit dem Gelde, leichter für den Leistenden, der das zu Leistende bei der Hand hat, und eben dadurch auch leichter für den Unternehmer, welcher der Mittel bedarf. Diese Lasten ersetzen dann nur die ent- sprechenden Abgaben in Geld, die Steuern, und sind wie diese be-

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/278>, abgerufen am 24.11.2024.