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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
hineinpfuschen. Das ist ja allerdings zunächst nur eine Zweckmäßig-
keitserwägung. Rechtswirksam kann sie werden durch ein gesetzliches
Verbot; sie ist es aber thatsächlich auch ohne dies. Daß die Nach-
ahmung öffentlicher Straßen nicht erlaubt sei, ist die gemeine An-
schauung. Und zwar hängt das zweifellos zusammen mit dem alten
Wegeregal. Das ausschließliche Recht, öffentliche Straßen zu
gründen, war seit lange ein Bestandteil der Summe von Befugnissen
geworden, welche die Landeshoheit ausmachten, und wegen seiner
Zweckmäßigkeit ein unbestrittener. Mit der alten Form der Hoheits-
rechte ist auch dieses Stück verschwunden. Aber der Eindruck ist
geblieben und wirkt auch im Verfassungsstaat noch nach in der all-
gemeinen Anschauung, daß es nicht zur verfassungsmäßig geschützten
Freiheit des Einzelnen gehört, derartige Dinge unternehmen zu dürfen.
Er geht damit aus seiner natürlichen Zuständigkeit heraus, die Obrig-
keit begeht keinen Eingriff in die Freiheit, wenn sie ihn daran mit
den ihr zu Gebote stehenden Gewaltmitteln verhindert, wie es that-
sächlich geschieht. Dieser Gedankengang genügt, um die ganze Er-
scheinung zu erklären. Man mag das dann einen Naturrechtssatz
nennen oder einen Gewohnheitsrechtssatz; es ist auch nichts dabei,
wenn man, um einen handlichen Ausdruck zu haben, von einem
Wegeregal des Staates spricht, das darin liegen soll5.

5 Koch, Deutschlands Eisenbahnen Bd. I S. 3 Note 3, hatte noch von dem
staatlichen Wegeregal gesprochen; in Bd. II S. 484 Note 5 leistet er Abbitte,
weil es sich vielmehr um ein Wegehoheitsrecht handle. Gerber, dessen
Ausführungen in früheren Ausgaben seines Lehrbuches zu dieser Meinungsänderung
beigetragen hatten, belobt ihn dafür (D. Priv.R. 14. Aufl. S. 162 Note 5); er findet
es schwer begreiflich, wie ein anderer Schriftsteller immer noch "diese aus der
Landespolizei hervorgehenden Berechtigungen zu einem Landstraßenregal
stempeln kann". Wenn man mit jedem dieser Ausdrücke den strengen Rechts-
begriff verbindet, den er wirklich bedeutet, so paßt auf das ausschließliche Recht
des staatlichen Wegewesens, wie es heute besteht, keiner von allen. Hoheitsrechte
giebt's nicht mehr, Regale auch nicht; von Polizei ist hier gar keine Rede, so
wenig wie bei dem ausschließlichen Rechte der öffentlichen Briefpost, das mit
unserem Rechtsinstitut am nächsten verwandt ist (vgl. unten Note 9 und § 52
Note 2); der Gegensatz zur Polizei wird bei der Eisenbahnverleihung besonders
deutlich werden (vgl. unten Note 8). Will man aber mit diesen Ausdrücken nur
den Gedanken anklingen lassen, daß der Staat hier als öffentliche Gewalt beteiligt
ist, daß öffentliche Rechtsinstitute in Frage stehen, so darf man es damit ja so
streng nicht nehmen. Erklärt ist dann allerdings auch nicht viel damit; die Be-
zeichnung als Regal sagt verhältnismäßig noch am meisten. -- Anwendungsfälle
der Verleihung von Straßenunternehmungen gab in Preußen früher vornehmlich
der Chausseebau. Entsprechend der älteren Rechtsauffassung behandelte man
das wesentlich als Vertrag; "verliehen" wurde dabei nur das Enteignungsrecht und
das Recht, einen Zoll zu erheben. Der Chausseebau wurde von den Aktien-

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
hineinpfuschen. Das ist ja allerdings zunächst nur eine Zweckmäßig-
keitserwägung. Rechtswirksam kann sie werden durch ein gesetzliches
Verbot; sie ist es aber thatsächlich auch ohne dies. Daß die Nach-
ahmung öffentlicher Straßen nicht erlaubt sei, ist die gemeine An-
schauung. Und zwar hängt das zweifellos zusammen mit dem alten
Wegeregal. Das ausschließliche Recht, öffentliche Straßen zu
gründen, war seit lange ein Bestandteil der Summe von Befugnissen
geworden, welche die Landeshoheit ausmachten, und wegen seiner
Zweckmäßigkeit ein unbestrittener. Mit der alten Form der Hoheits-
rechte ist auch dieses Stück verschwunden. Aber der Eindruck ist
geblieben und wirkt auch im Verfassungsstaat noch nach in der all-
gemeinen Anschauung, daß es nicht zur verfassungsmäßig geschützten
Freiheit des Einzelnen gehört, derartige Dinge unternehmen zu dürfen.
Er geht damit aus seiner natürlichen Zuständigkeit heraus, die Obrig-
keit begeht keinen Eingriff in die Freiheit, wenn sie ihn daran mit
den ihr zu Gebote stehenden Gewaltmitteln verhindert, wie es that-
sächlich geschieht. Dieser Gedankengang genügt, um die ganze Er-
scheinung zu erklären. Man mag das dann einen Naturrechtssatz
nennen oder einen Gewohnheitsrechtssatz; es ist auch nichts dabei,
wenn man, um einen handlichen Ausdruck zu haben, von einem
Wegeregal des Staates spricht, das darin liegen soll5.

5 Koch, Deutschlands Eisenbahnen Bd. I S. 3 Note 3, hatte noch von dem
staatlichen Wegeregal gesprochen; in Bd. II S. 484 Note 5 leistet er Abbitte,
weil es sich vielmehr um ein Wegehoheitsrecht handle. Gerber, dessen
Ausführungen in früheren Ausgaben seines Lehrbuches zu dieser Meinungsänderung
beigetragen hatten, belobt ihn dafür (D. Priv.R. 14. Aufl. S. 162 Note 5); er findet
es schwer begreiflich, wie ein anderer Schriftsteller immer noch „diese aus der
Landespolizei hervorgehenden Berechtigungen zu einem Landstraßenregal
stempeln kann“. Wenn man mit jedem dieser Ausdrücke den strengen Rechts-
begriff verbindet, den er wirklich bedeutet, so paßt auf das ausschließliche Recht
des staatlichen Wegewesens, wie es heute besteht, keiner von allen. Hoheitsrechte
giebt’s nicht mehr, Regale auch nicht; von Polizei ist hier gar keine Rede, so
wenig wie bei dem ausschließlichen Rechte der öffentlichen Briefpost, das mit
unserem Rechtsinstitut am nächsten verwandt ist (vgl. unten Note 9 und § 52
Note 2); der Gegensatz zur Polizei wird bei der Eisenbahnverleihung besonders
deutlich werden (vgl. unten Note 8). Will man aber mit diesen Ausdrücken nur
den Gedanken anklingen lassen, daß der Staat hier als öffentliche Gewalt beteiligt
ist, daß öffentliche Rechtsinstitute in Frage stehen, so darf man es damit ja so
streng nicht nehmen. Erklärt ist dann allerdings auch nicht viel damit; die Be-
zeichnung als Regal sagt verhältnismäßig noch am meisten. — Anwendungsfälle
der Verleihung von Straßenunternehmungen gab in Preußen früher vornehmlich
der Chausseebau. Entsprechend der älteren Rechtsauffassung behandelte man
das wesentlich als Vertrag; „verliehen“ wurde dabei nur das Enteignungsrecht und
das Recht, einen Zoll zu erheben. Der Chausseebau wurde von den Aktien-
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[298/0310] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. hineinpfuschen. Das ist ja allerdings zunächst nur eine Zweckmäßig- keitserwägung. Rechtswirksam kann sie werden durch ein gesetzliches Verbot; sie ist es aber thatsächlich auch ohne dies. Daß die Nach- ahmung öffentlicher Straßen nicht erlaubt sei, ist die gemeine An- schauung. Und zwar hängt das zweifellos zusammen mit dem alten Wegeregal. Das ausschließliche Recht, öffentliche Straßen zu gründen, war seit lange ein Bestandteil der Summe von Befugnissen geworden, welche die Landeshoheit ausmachten, und wegen seiner Zweckmäßigkeit ein unbestrittener. Mit der alten Form der Hoheits- rechte ist auch dieses Stück verschwunden. Aber der Eindruck ist geblieben und wirkt auch im Verfassungsstaat noch nach in der all- gemeinen Anschauung, daß es nicht zur verfassungsmäßig geschützten Freiheit des Einzelnen gehört, derartige Dinge unternehmen zu dürfen. Er geht damit aus seiner natürlichen Zuständigkeit heraus, die Obrig- keit begeht keinen Eingriff in die Freiheit, wenn sie ihn daran mit den ihr zu Gebote stehenden Gewaltmitteln verhindert, wie es that- sächlich geschieht. Dieser Gedankengang genügt, um die ganze Er- scheinung zu erklären. Man mag das dann einen Naturrechtssatz nennen oder einen Gewohnheitsrechtssatz; es ist auch nichts dabei, wenn man, um einen handlichen Ausdruck zu haben, von einem Wegeregal des Staates spricht, das darin liegen soll 5. 5 Koch, Deutschlands Eisenbahnen Bd. I S. 3 Note 3, hatte noch von dem staatlichen Wegeregal gesprochen; in Bd. II S. 484 Note 5 leistet er Abbitte, weil es sich vielmehr um ein Wegehoheitsrecht handle. Gerber, dessen Ausführungen in früheren Ausgaben seines Lehrbuches zu dieser Meinungsänderung beigetragen hatten, belobt ihn dafür (D. Priv.R. 14. Aufl. S. 162 Note 5); er findet es schwer begreiflich, wie ein anderer Schriftsteller immer noch „diese aus der Landespolizei hervorgehenden Berechtigungen zu einem Landstraßenregal stempeln kann“. Wenn man mit jedem dieser Ausdrücke den strengen Rechts- begriff verbindet, den er wirklich bedeutet, so paßt auf das ausschließliche Recht des staatlichen Wegewesens, wie es heute besteht, keiner von allen. Hoheitsrechte giebt’s nicht mehr, Regale auch nicht; von Polizei ist hier gar keine Rede, so wenig wie bei dem ausschließlichen Rechte der öffentlichen Briefpost, das mit unserem Rechtsinstitut am nächsten verwandt ist (vgl. unten Note 9 und § 52 Note 2); der Gegensatz zur Polizei wird bei der Eisenbahnverleihung besonders deutlich werden (vgl. unten Note 8). Will man aber mit diesen Ausdrücken nur den Gedanken anklingen lassen, daß der Staat hier als öffentliche Gewalt beteiligt ist, daß öffentliche Rechtsinstitute in Frage stehen, so darf man es damit ja so streng nicht nehmen. Erklärt ist dann allerdings auch nicht viel damit; die Be- zeichnung als Regal sagt verhältnismäßig noch am meisten. — Anwendungsfälle der Verleihung von Straßenunternehmungen gab in Preußen früher vornehmlich der Chausseebau. Entsprechend der älteren Rechtsauffassung behandelte man das wesentlich als Vertrag; „verliehen“ wurde dabei nur das Enteignungsrecht und das Recht, einen Zoll zu erheben. Der Chausseebau wurde von den Aktien-

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/310>, abgerufen am 24.11.2024.