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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Die Konzession oder Verleihung öffentlicher Unternehmungen ist
ein Verwaltungsakt21. Der Verwaltungsakt ist seinem allgemeinen
Begriffe gemäß ein obrigkeitlicher Ausspruch zur Bestimmung des
rechtlichen Verhältnisses des Unterthanen gegenüber der öffentlichen
Gewalt (Bd. I S. 95). Indem er hier nicht bloß erklärt, was schon
Rechtens ist, sondern nach freiem Ermessen bestimmt, was Rechtens
sein soll, stellt er sich dar als Verfügung, als öffentlichrechtliches
Rechtsgeschäft (Bd. I S. 101). Die Fähigkeit, auch subjektive öffent-
liche Rechte des Unterthanen zu erzeugen, ist damit von selbst ge-
geben. Die Voraussetzungen der Rechtswirksamkeit der Verleihung
gestalten sich ganz nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungs-
akte. Was man an Besonderheiten daran beobachten mag, ist nichts
als die Anwendung jener Grundsätze auf den besonderen Inhalt dieses
Aktes.

1. Der Verleihende muß zuständig sein zu dem Akte. Dazu
gehört, daß er über das zu verleihende Unternehmen verfügen könne.
Diese Verfügungsfähigkeit steht, mangels besonderer Ordnungen, immer
nur bei der Vertretung desjenigen öffentlichen Rechtssubjektes, dem
das zu verleihende Unternehmen seiner Natur nach gehört: Staats-
straßen verleiht die oberste Staatsbehörde, Ortsstraßen die Gemeinde-
behörde. Soll mit dem Unternehmen eine Gewaltübung gegen Andere
verbunden sein, Enteignung, Abgabenerhebung, Polizeibefehl und
Polizeizwang, überhaupt ein Eingriff, der seinerseits einer gesetzlichen
Grundlage bedarf, so ist auch zu solcher Übertragung eine gesetzliche
Ermächtigung notwendig, oder die Verleihung muß durch gesetzlichen

hinübergleitet zu dem Satze, daß diese Befugnisse selbstverständlich auch privat-
rechtlicher Natur seien (S. 13), und dann die zweite Verwechslung hinzufügt: selbst
ein öffentlichrechtliches Privileg, einmal erteilt, "ist für den Privilegierten zum
Vermögens-, zum Privatrecht geworden. Es handelt sich dabei einfach um pekuniäre
Vorteile, also (!) ein privatrechtliches Verhältnis". Laband in seinem Gutachten
für die Hessische Ludwigsbahn S. 11 beruft sich auf diese Ausführungen und
schließt seinerseits: Die Konzession bestimmt Grundsätze über künftige Ent-
schädigungen, begründet also einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen die
Hessische Staatskasse, folglich einen privatrechtlichen Anspruch. In derselben
Gedankenreihe müßte aber auch der Gehaltsanspruch des Staatsbeamten privat-
rechtlich werden, den Laband doch mit so vortrefflicher Begründung dem öffent-
lichen Rechte zuweist (St.R. I S. 491; 3. Aufl. S. 468).
21 Ähnliches ist wohl gemeint, wenn die Verleihung bezeichnet wird als "Akt
der Staatsgewalt" (Eger, Eisenbahn-R. I S. 93), "hoheitlicher Akt" (Seiler,
Eisenbahnkonz. S. 52), "Staatsakt" (Loening, V.R. S. 628), "Verwaltungshand-
lung" oder "rechtsbegründender Verwaltungsakt" (G. Meyer, V.R. I S. 532). Aber
unseren Verwaltungsakt in der ganzen Kraft des Begriffes pflegt man damit doch
nicht vor Augen zu haben.
Recht der besonderen Schuldverhältnisse.

Die Konzession oder Verleihung öffentlicher Unternehmungen ist
ein Verwaltungsakt21. Der Verwaltungsakt ist seinem allgemeinen
Begriffe gemäß ein obrigkeitlicher Ausspruch zur Bestimmung des
rechtlichen Verhältnisses des Unterthanen gegenüber der öffentlichen
Gewalt (Bd. I S. 95). Indem er hier nicht bloß erklärt, was schon
Rechtens ist, sondern nach freiem Ermessen bestimmt, was Rechtens
sein soll, stellt er sich dar als Verfügung, als öffentlichrechtliches
Rechtsgeschäft (Bd. I S. 101). Die Fähigkeit, auch subjektive öffent-
liche Rechte des Unterthanen zu erzeugen, ist damit von selbst ge-
geben. Die Voraussetzungen der Rechtswirksamkeit der Verleihung
gestalten sich ganz nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungs-
akte. Was man an Besonderheiten daran beobachten mag, ist nichts
als die Anwendung jener Grundsätze auf den besonderen Inhalt dieses
Aktes.

1. Der Verleihende muß zuständig sein zu dem Akte. Dazu
gehört, daß er über das zu verleihende Unternehmen verfügen könne.
Diese Verfügungsfähigkeit steht, mangels besonderer Ordnungen, immer
nur bei der Vertretung desjenigen öffentlichen Rechtssubjektes, dem
das zu verleihende Unternehmen seiner Natur nach gehört: Staats-
straßen verleiht die oberste Staatsbehörde, Ortsstraßen die Gemeinde-
behörde. Soll mit dem Unternehmen eine Gewaltübung gegen Andere
verbunden sein, Enteignung, Abgabenerhebung, Polizeibefehl und
Polizeizwang, überhaupt ein Eingriff, der seinerseits einer gesetzlichen
Grundlage bedarf, so ist auch zu solcher Übertragung eine gesetzliche
Ermächtigung notwendig, oder die Verleihung muß durch gesetzlichen

hinübergleitet zu dem Satze, daß diese Befugnisse selbstverständlich auch privat-
rechtlicher Natur seien (S. 13), und dann die zweite Verwechslung hinzufügt: selbst
ein öffentlichrechtliches Privileg, einmal erteilt, „ist für den Privilegierten zum
Vermögens-, zum Privatrecht geworden. Es handelt sich dabei einfach um pekuniäre
Vorteile, also (!) ein privatrechtliches Verhältnis“. Laband in seinem Gutachten
für die Hessische Ludwigsbahn S. 11 beruft sich auf diese Ausführungen und
schließt seinerseits: Die Konzession bestimmt Grundsätze über künftige Ent-
schädigungen, begründet also einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen die
Hessische Staatskasse, folglich einen privatrechtlichen Anspruch. In derselben
Gedankenreihe müßte aber auch der Gehaltsanspruch des Staatsbeamten privat-
rechtlich werden, den Laband doch mit so vortrefflicher Begründung dem öffent-
lichen Rechte zuweist (St.R. I S. 491; 3. Aufl. S. 468).
21 Ähnliches ist wohl gemeint, wenn die Verleihung bezeichnet wird als „Akt
der Staatsgewalt“ (Eger, Eisenbahn-R. I S. 93), „hoheitlicher Akt“ (Seiler,
Eisenbahnkonz. S. 52), „Staatsakt“ (Loening, V.R. S. 628), „Verwaltungshand-
lung“ oder „rechtsbegründender Verwaltungsakt“ (G. Meyer, V.R. I S. 532). Aber
unseren Verwaltungsakt in der ganzen Kraft des Begriffes pflegt man damit doch
nicht vor Augen zu haben.
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[306/0318] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. Die Konzession oder Verleihung öffentlicher Unternehmungen ist ein Verwaltungsakt 21. Der Verwaltungsakt ist seinem allgemeinen Begriffe gemäß ein obrigkeitlicher Ausspruch zur Bestimmung des rechtlichen Verhältnisses des Unterthanen gegenüber der öffentlichen Gewalt (Bd. I S. 95). Indem er hier nicht bloß erklärt, was schon Rechtens ist, sondern nach freiem Ermessen bestimmt, was Rechtens sein soll, stellt er sich dar als Verfügung, als öffentlichrechtliches Rechtsgeschäft (Bd. I S. 101). Die Fähigkeit, auch subjektive öffent- liche Rechte des Unterthanen zu erzeugen, ist damit von selbst ge- geben. Die Voraussetzungen der Rechtswirksamkeit der Verleihung gestalten sich ganz nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungs- akte. Was man an Besonderheiten daran beobachten mag, ist nichts als die Anwendung jener Grundsätze auf den besonderen Inhalt dieses Aktes. 1. Der Verleihende muß zuständig sein zu dem Akte. Dazu gehört, daß er über das zu verleihende Unternehmen verfügen könne. Diese Verfügungsfähigkeit steht, mangels besonderer Ordnungen, immer nur bei der Vertretung desjenigen öffentlichen Rechtssubjektes, dem das zu verleihende Unternehmen seiner Natur nach gehört: Staats- straßen verleiht die oberste Staatsbehörde, Ortsstraßen die Gemeinde- behörde. Soll mit dem Unternehmen eine Gewaltübung gegen Andere verbunden sein, Enteignung, Abgabenerhebung, Polizeibefehl und Polizeizwang, überhaupt ein Eingriff, der seinerseits einer gesetzlichen Grundlage bedarf, so ist auch zu solcher Übertragung eine gesetzliche Ermächtigung notwendig, oder die Verleihung muß durch gesetzlichen 20 21 Ähnliches ist wohl gemeint, wenn die Verleihung bezeichnet wird als „Akt der Staatsgewalt“ (Eger, Eisenbahn-R. I S. 93), „hoheitlicher Akt“ (Seiler, Eisenbahnkonz. S. 52), „Staatsakt“ (Loening, V.R. S. 628), „Verwaltungshand- lung“ oder „rechtsbegründender Verwaltungsakt“ (G. Meyer, V.R. I S. 532). Aber unseren Verwaltungsakt in der ganzen Kraft des Begriffes pflegt man damit doch nicht vor Augen zu haben. 20 hinübergleitet zu dem Satze, daß diese Befugnisse selbstverständlich auch privat- rechtlicher Natur seien (S. 13), und dann die zweite Verwechslung hinzufügt: selbst ein öffentlichrechtliches Privileg, einmal erteilt, „ist für den Privilegierten zum Vermögens-, zum Privatrecht geworden. Es handelt sich dabei einfach um pekuniäre Vorteile, also (!) ein privatrechtliches Verhältnis“. Laband in seinem Gutachten für die Hessische Ludwigsbahn S. 11 beruft sich auf diese Ausführungen und schließt seinerseits: Die Konzession bestimmt Grundsätze über künftige Ent- schädigungen, begründet also einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen die Hessische Staatskasse, folglich einen privatrechtlichen Anspruch. In derselben Gedankenreihe müßte aber auch der Gehaltsanspruch des Staatsbeamten privat- rechtlich werden, den Laband doch mit so vortrefflicher Begründung dem öffent- lichen Rechte zuweist (St.R. I S. 491; 3. Aufl. S. 468).

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/318>, abgerufen am 24.11.2024.