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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 51. Öffentlichrechtliche Anstaltsnutzung.
verkauft ihr Gas, die Wasserleitung ihr Wasser5. Mussen,
Gemäldegalerien, Bibliotheken
gewähren öffentlichrechtliche
Anstaltsnutzung, auch wenn sie Gebühren erheben; das städtische
Theater vergiebt seine Plätze nach Civilrecht. Öffentliche
Depositenkassen, möglicherweise auch Sparkassen und Leih-
häuser,
werden öffentlichrechtlich benutzt6; die Reichsbank be-
treibt Handelsgeschäfte. Von den öffentlichen Verkehrsanstalten sind
Post, Telegraph und Telephon in ihren Beziehungen zum
Publikum öffentlichrechtlich geordnet; die Staatseisenbahnen und
Staatsdampfschiffunternehmungen schließen Personentrans-
port- und Frachtverträge.

Warum das eine so, das andere so behandelt wird, das läßt sich
meist aus geschichtlichen Hergängen erklären. Die Eisenbahnen hat
der Staat den Aktiengesellschaften nachgeahmt oder von ihnen über-
nommen; ebenso sind gemeindliche Gasanstalten und Wasserleitungs-
unternehmungen von Privatgesellschaften vorgebildet worden. Post und
Telegraph sind von Haus aus als Unternehmungen der öffentlichen
Verwaltung behandelt worden. Die Art, wie sich die Anschauung be-
züglich jeder Anstalt gebildet und festgelegt hat, läßt sich fast überall
in dieser Weise verfolgen.

5 Auch hier ist es möglich, statt eines Kaufvertrags ein öffentlichrechtliches
Nutzungsverhältnis anzunehmen. Der Gegensatz ist recht gut durchgeführt in Bl.
f. adm. Pr. 1880 S. 321 ff.: Das von einer Aktiengesellschaft betriebene Wasser-
werk zu Regensburg wurde 1879 von der Gemeinde übernommen. "Mit der Über-
nahme des Wasserwerks als Gemeindeanstalt ist das ganze Rechtsverhältnis aus
dem Privatrecht herausgenommen und dem öffentlichen Rechte eingefügt worden."
Daher Recht aller Gemeindeglieder auf Zulassung zur Benützung, kein Gewerbe-
betrieb, keine Gewerbesteuer, Wasserzins ist öffentliche Abgabe, nicht Entgelt aus
Vertrag, Ortsstatut regelt die Benutzung u. s. w.
6 Was Depositenkassen und Sparkassen leisten, ist die Aufbewahrung und
Verwaltung fremder Gelder. Bei den ersteren ist die öffentlichrechtliche Auf-
fassung durch das Verhältnis zur Justiz ziemlich nahe gelegt. C.C.H. 10. Juni
1882 (J.M.Bl. 1882 S. 242) bemüht sich denn auch redlich, vom civilrechtlichen
Hinterlegungsvertrag loszukommen. "Dieses Verhältnis ist einerseits aus den
privatrechtlichen Sätzen ... nicht erschöpfend zu begründen und andererseits in
seiner Wirksamkeit durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts modifiziert." Der
Staat ist darin nicht gleichberechtigter Kontrahent, sondern übergeordneter Herr;
daher "diese Verwaltung sich als Ausübung hoheitlicher Rechte des Staates dar-
stellt". Nur um den Anspruch auf Rückzahlung zu erklären, fällt man immer
wieder unnötiger Weise in das civilrechtliche Vertragsverhältnis zurück (davon
unten II n. 3). Ähnlich C.C.H. 11. Okt. 1884 (J.M.Bl. 1884 S. 248); R.G. 17. Mai
1884 (Samml. XI S. 319).
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§ 51. Öffentlichrechtliche Anstaltsnutzung.
verkauft ihr Gas, die Wasserleitung ihr Wasser5. Mussen,
Gemäldegalerien, Bibliotheken
gewähren öffentlichrechtliche
Anstaltsnutzung, auch wenn sie Gebühren erheben; das städtische
Theater vergiebt seine Plätze nach Civilrecht. Öffentliche
Depositenkassen, möglicherweise auch Sparkassen und Leih-
häuser,
werden öffentlichrechtlich benutzt6; die Reichsbank be-
treibt Handelsgeschäfte. Von den öffentlichen Verkehrsanstalten sind
Post, Telegraph und Telephon in ihren Beziehungen zum
Publikum öffentlichrechtlich geordnet; die Staatseisenbahnen und
Staatsdampfschiffunternehmungen schließen Personentrans-
port- und Frachtverträge.

Warum das eine so, das andere so behandelt wird, das läßt sich
meist aus geschichtlichen Hergängen erklären. Die Eisenbahnen hat
der Staat den Aktiengesellschaften nachgeahmt oder von ihnen über-
nommen; ebenso sind gemeindliche Gasanstalten und Wasserleitungs-
unternehmungen von Privatgesellschaften vorgebildet worden. Post und
Telegraph sind von Haus aus als Unternehmungen der öffentlichen
Verwaltung behandelt worden. Die Art, wie sich die Anschauung be-
züglich jeder Anstalt gebildet und festgelegt hat, läßt sich fast überall
in dieser Weise verfolgen.

5 Auch hier ist es möglich, statt eines Kaufvertrags ein öffentlichrechtliches
Nutzungsverhältnis anzunehmen. Der Gegensatz ist recht gut durchgeführt in Bl.
f. adm. Pr. 1880 S. 321 ff.: Das von einer Aktiengesellschaft betriebene Wasser-
werk zu Regensburg wurde 1879 von der Gemeinde übernommen. „Mit der Über-
nahme des Wasserwerks als Gemeindeanstalt ist das ganze Rechtsverhältnis aus
dem Privatrecht herausgenommen und dem öffentlichen Rechte eingefügt worden.“
Daher Recht aller Gemeindeglieder auf Zulassung zur Benützung, kein Gewerbe-
betrieb, keine Gewerbesteuer, Wasserzins ist öffentliche Abgabe, nicht Entgelt aus
Vertrag, Ortsstatut regelt die Benutzung u. s. w.
6 Was Depositenkassen und Sparkassen leisten, ist die Aufbewahrung und
Verwaltung fremder Gelder. Bei den ersteren ist die öffentlichrechtliche Auf-
fassung durch das Verhältnis zur Justiz ziemlich nahe gelegt. C.C.H. 10. Juni
1882 (J.M.Bl. 1882 S. 242) bemüht sich denn auch redlich, vom civilrechtlichen
Hinterlegungsvertrag loszukommen. „Dieses Verhältnis ist einerseits aus den
privatrechtlichen Sätzen … nicht erschöpfend zu begründen und andererseits in
seiner Wirksamkeit durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts modifiziert.“ Der
Staat ist darin nicht gleichberechtigter Kontrahent, sondern übergeordneter Herr;
daher „diese Verwaltung sich als Ausübung hoheitlicher Rechte des Staates dar-
stellt“. Nur um den Anspruch auf Rückzahlung zu erklären, fällt man immer
wieder unnötiger Weise in das civilrechtliche Vertragsverhältnis zurück (davon
unten II n. 3). Ähnlich C.C.H. 11. Okt. 1884 (J.M.Bl. 1884 S. 248); R.G. 17. Mai
1884 (Samml. XI S. 319).
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[323/0335] § 51. Öffentlichrechtliche Anstaltsnutzung. verkauft ihr Gas, die Wasserleitung ihr Wasser 5. Mussen, Gemäldegalerien, Bibliotheken gewähren öffentlichrechtliche Anstaltsnutzung, auch wenn sie Gebühren erheben; das städtische Theater vergiebt seine Plätze nach Civilrecht. Öffentliche Depositenkassen, möglicherweise auch Sparkassen und Leih- häuser, werden öffentlichrechtlich benutzt 6; die Reichsbank be- treibt Handelsgeschäfte. Von den öffentlichen Verkehrsanstalten sind Post, Telegraph und Telephon in ihren Beziehungen zum Publikum öffentlichrechtlich geordnet; die Staatseisenbahnen und Staatsdampfschiffunternehmungen schließen Personentrans- port- und Frachtverträge. Warum das eine so, das andere so behandelt wird, das läßt sich meist aus geschichtlichen Hergängen erklären. Die Eisenbahnen hat der Staat den Aktiengesellschaften nachgeahmt oder von ihnen über- nommen; ebenso sind gemeindliche Gasanstalten und Wasserleitungs- unternehmungen von Privatgesellschaften vorgebildet worden. Post und Telegraph sind von Haus aus als Unternehmungen der öffentlichen Verwaltung behandelt worden. Die Art, wie sich die Anschauung be- züglich jeder Anstalt gebildet und festgelegt hat, läßt sich fast überall in dieser Weise verfolgen. 5 Auch hier ist es möglich, statt eines Kaufvertrags ein öffentlichrechtliches Nutzungsverhältnis anzunehmen. Der Gegensatz ist recht gut durchgeführt in Bl. f. adm. Pr. 1880 S. 321 ff.: Das von einer Aktiengesellschaft betriebene Wasser- werk zu Regensburg wurde 1879 von der Gemeinde übernommen. „Mit der Über- nahme des Wasserwerks als Gemeindeanstalt ist das ganze Rechtsverhältnis aus dem Privatrecht herausgenommen und dem öffentlichen Rechte eingefügt worden.“ Daher Recht aller Gemeindeglieder auf Zulassung zur Benützung, kein Gewerbe- betrieb, keine Gewerbesteuer, Wasserzins ist öffentliche Abgabe, nicht Entgelt aus Vertrag, Ortsstatut regelt die Benutzung u. s. w. 6 Was Depositenkassen und Sparkassen leisten, ist die Aufbewahrung und Verwaltung fremder Gelder. Bei den ersteren ist die öffentlichrechtliche Auf- fassung durch das Verhältnis zur Justiz ziemlich nahe gelegt. C.C.H. 10. Juni 1882 (J.M.Bl. 1882 S. 242) bemüht sich denn auch redlich, vom civilrechtlichen Hinterlegungsvertrag loszukommen. „Dieses Verhältnis ist einerseits aus den privatrechtlichen Sätzen … nicht erschöpfend zu begründen und andererseits in seiner Wirksamkeit durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts modifiziert.“ Der Staat ist darin nicht gleichberechtigter Kontrahent, sondern übergeordneter Herr; daher „diese Verwaltung sich als Ausübung hoheitlicher Rechte des Staates dar- stellt“. Nur um den Anspruch auf Rückzahlung zu erklären, fällt man immer wieder unnötiger Weise in das civilrechtliche Vertragsverhältnis zurück (davon unten II n. 3). Ähnlich C.C.H. 11. Okt. 1884 (J.M.Bl. 1884 S. 248); R.G. 17. Mai 1884 (Samml. XI S. 319). 21*

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/335>, abgerufen am 24.11.2024.