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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
schaffenden Dienstbefehl zu erwirken (Bd. I S. 150). Ganz der näm-
liche Weg würde auch offen stehen, wenn das Gesetz sich gar nicht
drein gemengt hätte und alles schlechthin auf dem Zweck der Anstalt
und der Anstaltsordnung beruhte. Der Unterschied liegt lediglich in
der sachlichen Aufgabe des Bescheides: dort fragt es sich, inwieweit
ein Interesse der Verwaltung besteht, für den Beschwerdeführer ein-
zugreifen, hier ist schlechthin dem verletzten Rechte zur Anerkennung
zu verhelfen und der Bescheid ist daran gebunden8.

2. Die Zulassung eröffnet dem Einzelnen die Leistungen der
Anstalt, aber sie bindet diese Leistungen nicht. Sie ist kein Vertrag,
auch kein öffentlichrechtlicher, überhaupt kein Rechtsgeschäft, das ein
Rechtsverhältnis begründet9.

Die Wiederaufhebung der Zulassung, der Ausschluß von der
Anstaltsnutzung, geschieht nach denselben Regeln wie die Zulassung
selbst. Regelmäßig also schützt nur die Dienstpflicht vor Willkür;

8 Eine Klage auf Schadensersatz gegen die öffentliche Anstalt wegen Nicht-
erfüllung der rechtssatzmäßigen Zulassungspflicht besteht nicht. So mit Recht für
die Post Laband, St.R. II S. 84 (3. Aufl. S. 78); Tinsch, Die Postanweisung
S. 22. Mittelstein, Beiträge S. 35 meint dagegen: "das Gesetz verpflichtet die
Post zum Kontrahieren. Verletzt sie diese Pflicht, so macht sie sich schadens-
ersatzpflichtig. Dies ist ein Rechtsprincip, welches für die gleichartige Verpflich-
tung der Eisenbahnen zum Abschluß von Frachtverträgen ausdrücklich im Handels-
gesetzbuch anerkannt ist." Wir fügen hinzu: Die Schadensersatzpflicht wegen
Nichterfüllung einer Verbindlichkeit ist allgemeiner Rechtsgrundsatz des Civil-
rechts. Die Eisenbahn, die in ihrem ganzen Geschäftsbetrieb auf dem Boden des
Civilrechts steht, würde also für Nichterfüllung der gesetzlichen Annahmepflicht
schadensersatzpflichtig sein, auch wenn das Handelsgesetzbuch es nicht ausdrück-
lich sagte. Auch die Post müßte in dieser Weise haften, wenn sie civilrechtliche
Beförderungsverträge abschlösse und dazu durch das Gesetz verpflichtet wäre.
Nun aber schließt sie keine Verträge, sondern steht auf öffentlichrechtlichem
Boden; das Gesetz, welches ihr die Zulassung zur Beförderung gebietet, ist ein
öffentlichrechtlicher Rechtssatz und die Pflicht, die daraus entsteht, eine öffentlich-
rechtliche. Öffentlichrechtliche Pflichten aber lösen sich, wie schon gesagt (oben
S. 259), im Falle der Nichterfüllung nicht in Schadensersatzpflichten auf. Darin
allein liegt die Lösung. Labands richtige Entscheidung läßt sich nur begründen
von unserem Standpunkte aus, der ja nicht der seinige ist.
9 Laband in Arch. f. öff. R. II S. 158 hat mich getadelt, daß ich das Ver-
hältnis der Post zum Absender als öffentlichrechtlichen Vertrag auffasse, während
es ein civilrechtlicher sei. Die Sache ist aber noch schlimmer: ich stelle über-
haupt jede Art von Rechtsgeschäft in Abrede, das die Leistungen der Post ver-
mittelte; wie ich das übrigens auch schon in der von Laband angefochtenen Aus-
führung gethan hatte. Auch für Schott in Endemann, Handbuch III S. 531,
sollte eigentlich ein Rechtsgeschäft nicht vorliegen; seine "Aufforderung zur Er-
füllung der gesetzlichen Verbindlichkeit" werden wir nicht als solches gelten
lassen können.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
schaffenden Dienstbefehl zu erwirken (Bd. I S. 150). Ganz der näm-
liche Weg würde auch offen stehen, wenn das Gesetz sich gar nicht
drein gemengt hätte und alles schlechthin auf dem Zweck der Anstalt
und der Anstaltsordnung beruhte. Der Unterschied liegt lediglich in
der sachlichen Aufgabe des Bescheides: dort fragt es sich, inwieweit
ein Interesse der Verwaltung besteht, für den Beschwerdeführer ein-
zugreifen, hier ist schlechthin dem verletzten Rechte zur Anerkennung
zu verhelfen und der Bescheid ist daran gebunden8.

2. Die Zulassung eröffnet dem Einzelnen die Leistungen der
Anstalt, aber sie bindet diese Leistungen nicht. Sie ist kein Vertrag,
auch kein öffentlichrechtlicher, überhaupt kein Rechtsgeschäft, das ein
Rechtsverhältnis begründet9.

Die Wiederaufhebung der Zulassung, der Ausschluß von der
Anstaltsnutzung, geschieht nach denselben Regeln wie die Zulassung
selbst. Regelmäßig also schützt nur die Dienstpflicht vor Willkür;

8 Eine Klage auf Schadensersatz gegen die öffentliche Anstalt wegen Nicht-
erfüllung der rechtssatzmäßigen Zulassungspflicht besteht nicht. So mit Recht für
die Post Laband, St.R. II S. 84 (3. Aufl. S. 78); Tinsch, Die Postanweisung
S. 22. Mittelstein, Beiträge S. 35 meint dagegen: „das Gesetz verpflichtet die
Post zum Kontrahieren. Verletzt sie diese Pflicht, so macht sie sich schadens-
ersatzpflichtig. Dies ist ein Rechtsprincip, welches für die gleichartige Verpflich-
tung der Eisenbahnen zum Abschluß von Frachtverträgen ausdrücklich im Handels-
gesetzbuch anerkannt ist.“ Wir fügen hinzu: Die Schadensersatzpflicht wegen
Nichterfüllung einer Verbindlichkeit ist allgemeiner Rechtsgrundsatz des Civil-
rechts. Die Eisenbahn, die in ihrem ganzen Geschäftsbetrieb auf dem Boden des
Civilrechts steht, würde also für Nichterfüllung der gesetzlichen Annahmepflicht
schadensersatzpflichtig sein, auch wenn das Handelsgesetzbuch es nicht ausdrück-
lich sagte. Auch die Post müßte in dieser Weise haften, wenn sie civilrechtliche
Beförderungsverträge abschlösse und dazu durch das Gesetz verpflichtet wäre.
Nun aber schließt sie keine Verträge, sondern steht auf öffentlichrechtlichem
Boden; das Gesetz, welches ihr die Zulassung zur Beförderung gebietet, ist ein
öffentlichrechtlicher Rechtssatz und die Pflicht, die daraus entsteht, eine öffentlich-
rechtliche. Öffentlichrechtliche Pflichten aber lösen sich, wie schon gesagt (oben
S. 259), im Falle der Nichterfüllung nicht in Schadensersatzpflichten auf. Darin
allein liegt die Lösung. Labands richtige Entscheidung läßt sich nur begründen
von unserem Standpunkte aus, der ja nicht der seinige ist.
9 Laband in Arch. f. öff. R. II S. 158 hat mich getadelt, daß ich das Ver-
hältnis der Post zum Absender als öffentlichrechtlichen Vertrag auffasse, während
es ein civilrechtlicher sei. Die Sache ist aber noch schlimmer: ich stelle über-
haupt jede Art von Rechtsgeschäft in Abrede, das die Leistungen der Post ver-
mittelte; wie ich das übrigens auch schon in der von Laband angefochtenen Aus-
führung gethan hatte. Auch für Schott in Endemann, Handbuch III S. 531,
sollte eigentlich ein Rechtsgeschäft nicht vorliegen; seine „Aufforderung zur Er-
füllung der gesetzlichen Verbindlichkeit“ werden wir nicht als solches gelten
lassen können.
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[326/0338] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. schaffenden Dienstbefehl zu erwirken (Bd. I S. 150). Ganz der näm- liche Weg würde auch offen stehen, wenn das Gesetz sich gar nicht drein gemengt hätte und alles schlechthin auf dem Zweck der Anstalt und der Anstaltsordnung beruhte. Der Unterschied liegt lediglich in der sachlichen Aufgabe des Bescheides: dort fragt es sich, inwieweit ein Interesse der Verwaltung besteht, für den Beschwerdeführer ein- zugreifen, hier ist schlechthin dem verletzten Rechte zur Anerkennung zu verhelfen und der Bescheid ist daran gebunden 8. 2. Die Zulassung eröffnet dem Einzelnen die Leistungen der Anstalt, aber sie bindet diese Leistungen nicht. Sie ist kein Vertrag, auch kein öffentlichrechtlicher, überhaupt kein Rechtsgeschäft, das ein Rechtsverhältnis begründet 9. Die Wiederaufhebung der Zulassung, der Ausschluß von der Anstaltsnutzung, geschieht nach denselben Regeln wie die Zulassung selbst. Regelmäßig also schützt nur die Dienstpflicht vor Willkür; 8 Eine Klage auf Schadensersatz gegen die öffentliche Anstalt wegen Nicht- erfüllung der rechtssatzmäßigen Zulassungspflicht besteht nicht. So mit Recht für die Post Laband, St.R. II S. 84 (3. Aufl. S. 78); Tinsch, Die Postanweisung S. 22. Mittelstein, Beiträge S. 35 meint dagegen: „das Gesetz verpflichtet die Post zum Kontrahieren. Verletzt sie diese Pflicht, so macht sie sich schadens- ersatzpflichtig. Dies ist ein Rechtsprincip, welches für die gleichartige Verpflich- tung der Eisenbahnen zum Abschluß von Frachtverträgen ausdrücklich im Handels- gesetzbuch anerkannt ist.“ Wir fügen hinzu: Die Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung einer Verbindlichkeit ist allgemeiner Rechtsgrundsatz des Civil- rechts. Die Eisenbahn, die in ihrem ganzen Geschäftsbetrieb auf dem Boden des Civilrechts steht, würde also für Nichterfüllung der gesetzlichen Annahmepflicht schadensersatzpflichtig sein, auch wenn das Handelsgesetzbuch es nicht ausdrück- lich sagte. Auch die Post müßte in dieser Weise haften, wenn sie civilrechtliche Beförderungsverträge abschlösse und dazu durch das Gesetz verpflichtet wäre. Nun aber schließt sie keine Verträge, sondern steht auf öffentlichrechtlichem Boden; das Gesetz, welches ihr die Zulassung zur Beförderung gebietet, ist ein öffentlichrechtlicher Rechtssatz und die Pflicht, die daraus entsteht, eine öffentlich- rechtliche. Öffentlichrechtliche Pflichten aber lösen sich, wie schon gesagt (oben S. 259), im Falle der Nichterfüllung nicht in Schadensersatzpflichten auf. Darin allein liegt die Lösung. Labands richtige Entscheidung läßt sich nur begründen von unserem Standpunkte aus, der ja nicht der seinige ist. 9 Laband in Arch. f. öff. R. II S. 158 hat mich getadelt, daß ich das Ver- hältnis der Post zum Absender als öffentlichrechtlichen Vertrag auffasse, während es ein civilrechtlicher sei. Die Sache ist aber noch schlimmer: ich stelle über- haupt jede Art von Rechtsgeschäft in Abrede, das die Leistungen der Post ver- mittelte; wie ich das übrigens auch schon in der von Laband angefochtenen Aus- führung gethan hatte. Auch für Schott in Endemann, Handbuch III S. 531, sollte eigentlich ein Rechtsgeschäft nicht vorliegen; seine „Aufforderung zur Er- füllung der gesetzlichen Verbindlichkeit“ werden wir nicht als solches gelten lassen können.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/338>, abgerufen am 24.11.2024.