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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 52. Gegenrechte der öffentlichen Anstalt.
aufstellung einen Verwaltungsakt, der darauf gerichtet ist, jeden
zu verpflichten, der durch die Inanspruchnahme der Leistungen der
Anstalt sich dazu darbietet. Die darin liegende freiwillige Unter-
werfung ersetzt zugleich die zu solcher Belastung erforderliche gesetz-
liche Grundlage. Die Fähigkeit des Verwaltungsaktes, in solcher Weise
wirksam zu werden auf personae incertae, fände genügende Anlehnung
an verwandte Erscheinungen13.

Diese letztere Auffassung ist die allein folgerichtige, wo man die
Gebührenpflicht im Ernste als eine öffentlichrechtliche ansehen will;
denn als Vertragspflicht wäre sie immer civilrechtlich gedacht. Sie
ist die gebotene überall, wo man die Anstaltsnutzung selbst öffentlich-
rechtlich ansieht; der Staat kann bei Gewährung derselben nicht
gleichzeitig privatwirtschaftlich auftreten und demgemäß einen civil-
rechtlichen Vertrag schließen. Sie allein giebt auch dem Tarif seine
richtige Stellung. Denn dieser will durchaus nicht ein bloßes Preis-
verzeichnis sein. Er erscheint in Verbindung mit Polizeiverordnungen
oder, noch häufiger, als Bestandteil der Anstaltsordnung und giebt
sich selbst als eine obrigkeitliche Willenserklärung, welche von den
Betroffenen die Zahlung verlangt.

Nichtsdestoweniger können wir nicht behaupten, daß diese Auf-
fassung schon im geltenden Rechte liege. Der Verwaltungsakt in den
feineren Arten seiner Verwendung ist diesem noch ein sehr unhand-
licher Begriff und eine Wirkung, wie die oben vorausgesetzte, keine
angenommene Sache. Die Notwendigkeit, sich dieser Auffassungsweise
zu fügen, besteht aber hier deshalb nicht so unmittelbar, weil that-
sächlich die Begründung der Gebührenpflicht, für sich allein betrachtet,
mit der Annahme eines Vertrages auf die nämlichen Ergebnisse kommt,
wie mit der Annahme unserer öffentlichrechtlichen Gebührenauflage
kraft Unterwerfung. Es ist mehr eine Frage der juristischen Architek-
tonik und als solche von verhältnismäßig geringerer Bedeutung14.

13 Vgl. Bd. I § 8, III n. 3.
14 Die alte polizeistaatliche Idee, daß alles Vermögensrechtliche civilrechtlich
ist, vermag sich in dieser Ecke des Verwaltungsrechts verhältnismäßig noch am
besten zu behaupten. Die neuere Auffassung tritt uns z. B. entgegen aus den
gründlichen Erörterungen in V.G.H. 5. Dez. 1888 (Samml. X S. 281): In München
stellte die Gemeinde das Statut auf, daß die Hausbesitzer für die Einmündung
von Seitenkanälen in die städtischen Hauptkanäle einen Einleitungsbeitrag zu ent-
richten haben. Daraus entsteht kein Vertrag, denn es handelt sich um eine
"örtliche Abgabe" für die Benutzung einer Gemeindeanstalt, eine Gebührenpflicht
öffentlichrechtlicher Art. Andererseits ist das Statut kein Rechtssatz; eine gesetz-
liche Grundlage zur rechtssatzmäßigen Auferlegung solcher Gebühren war nicht

§ 52. Gegenrechte der öffentlichen Anstalt.
aufstellung einen Verwaltungsakt, der darauf gerichtet ist, jeden
zu verpflichten, der durch die Inanspruchnahme der Leistungen der
Anstalt sich dazu darbietet. Die darin liegende freiwillige Unter-
werfung ersetzt zugleich die zu solcher Belastung erforderliche gesetz-
liche Grundlage. Die Fähigkeit des Verwaltungsaktes, in solcher Weise
wirksam zu werden auf personae incertae, fände genügende Anlehnung
an verwandte Erscheinungen13.

Diese letztere Auffassung ist die allein folgerichtige, wo man die
Gebührenpflicht im Ernste als eine öffentlichrechtliche ansehen will;
denn als Vertragspflicht wäre sie immer civilrechtlich gedacht. Sie
ist die gebotene überall, wo man die Anstaltsnutzung selbst öffentlich-
rechtlich ansieht; der Staat kann bei Gewährung derselben nicht
gleichzeitig privatwirtschaftlich auftreten und demgemäß einen civil-
rechtlichen Vertrag schließen. Sie allein giebt auch dem Tarif seine
richtige Stellung. Denn dieser will durchaus nicht ein bloßes Preis-
verzeichnis sein. Er erscheint in Verbindung mit Polizeiverordnungen
oder, noch häufiger, als Bestandteil der Anstaltsordnung und giebt
sich selbst als eine obrigkeitliche Willenserklärung, welche von den
Betroffenen die Zahlung verlangt.

Nichtsdestoweniger können wir nicht behaupten, daß diese Auf-
fassung schon im geltenden Rechte liege. Der Verwaltungsakt in den
feineren Arten seiner Verwendung ist diesem noch ein sehr unhand-
licher Begriff und eine Wirkung, wie die oben vorausgesetzte, keine
angenommene Sache. Die Notwendigkeit, sich dieser Auffassungsweise
zu fügen, besteht aber hier deshalb nicht so unmittelbar, weil that-
sächlich die Begründung der Gebührenpflicht, für sich allein betrachtet,
mit der Annahme eines Vertrages auf die nämlichen Ergebnisse kommt,
wie mit der Annahme unserer öffentlichrechtlichen Gebührenauflage
kraft Unterwerfung. Es ist mehr eine Frage der juristischen Architek-
tonik und als solche von verhältnismäßig geringerer Bedeutung14.

13 Vgl. Bd. I § 8, III n. 3.
14 Die alte polizeistaatliche Idee, daß alles Vermögensrechtliche civilrechtlich
ist, vermag sich in dieser Ecke des Verwaltungsrechts verhältnismäßig noch am
besten zu behaupten. Die neuere Auffassung tritt uns z. B. entgegen aus den
gründlichen Erörterungen in V.G.H. 5. Dez. 1888 (Samml. X S. 281): In München
stellte die Gemeinde das Statut auf, daß die Hausbesitzer für die Einmündung
von Seitenkanälen in die städtischen Hauptkanäle einen Einleitungsbeitrag zu ent-
richten haben. Daraus entsteht kein Vertrag, denn es handelt sich um eine
„örtliche Abgabe“ für die Benutzung einer Gemeindeanstalt, eine Gebührenpflicht
öffentlichrechtlicher Art. Andererseits ist das Statut kein Rechtssatz; eine gesetz-
liche Grundlage zur rechtssatzmäßigen Auferlegung solcher Gebühren war nicht
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[341/0353] § 52. Gegenrechte der öffentlichen Anstalt. aufstellung einen Verwaltungsakt, der darauf gerichtet ist, jeden zu verpflichten, der durch die Inanspruchnahme der Leistungen der Anstalt sich dazu darbietet. Die darin liegende freiwillige Unter- werfung ersetzt zugleich die zu solcher Belastung erforderliche gesetz- liche Grundlage. Die Fähigkeit des Verwaltungsaktes, in solcher Weise wirksam zu werden auf personae incertae, fände genügende Anlehnung an verwandte Erscheinungen 13. Diese letztere Auffassung ist die allein folgerichtige, wo man die Gebührenpflicht im Ernste als eine öffentlichrechtliche ansehen will; denn als Vertragspflicht wäre sie immer civilrechtlich gedacht. Sie ist die gebotene überall, wo man die Anstaltsnutzung selbst öffentlich- rechtlich ansieht; der Staat kann bei Gewährung derselben nicht gleichzeitig privatwirtschaftlich auftreten und demgemäß einen civil- rechtlichen Vertrag schließen. Sie allein giebt auch dem Tarif seine richtige Stellung. Denn dieser will durchaus nicht ein bloßes Preis- verzeichnis sein. Er erscheint in Verbindung mit Polizeiverordnungen oder, noch häufiger, als Bestandteil der Anstaltsordnung und giebt sich selbst als eine obrigkeitliche Willenserklärung, welche von den Betroffenen die Zahlung verlangt. Nichtsdestoweniger können wir nicht behaupten, daß diese Auf- fassung schon im geltenden Rechte liege. Der Verwaltungsakt in den feineren Arten seiner Verwendung ist diesem noch ein sehr unhand- licher Begriff und eine Wirkung, wie die oben vorausgesetzte, keine angenommene Sache. Die Notwendigkeit, sich dieser Auffassungsweise zu fügen, besteht aber hier deshalb nicht so unmittelbar, weil that- sächlich die Begründung der Gebührenpflicht, für sich allein betrachtet, mit der Annahme eines Vertrages auf die nämlichen Ergebnisse kommt, wie mit der Annahme unserer öffentlichrechtlichen Gebührenauflage kraft Unterwerfung. Es ist mehr eine Frage der juristischen Architek- tonik und als solche von verhältnismäßig geringerer Bedeutung 14. 13 Vgl. Bd. I § 8, III n. 3. 14 Die alte polizeistaatliche Idee, daß alles Vermögensrechtliche civilrechtlich ist, vermag sich in dieser Ecke des Verwaltungsrechts verhältnismäßig noch am besten zu behaupten. Die neuere Auffassung tritt uns z. B. entgegen aus den gründlichen Erörterungen in V.G.H. 5. Dez. 1888 (Samml. X S. 281): In München stellte die Gemeinde das Statut auf, daß die Hausbesitzer für die Einmündung von Seitenkanälen in die städtischen Hauptkanäle einen Einleitungsbeitrag zu ent- richten haben. Daraus entsteht kein Vertrag, denn es handelt sich um eine „örtliche Abgabe“ für die Benutzung einer Gemeindeanstalt, eine Gebührenpflicht öffentlichrechtlicher Art. Andererseits ist das Statut kein Rechtssatz; eine gesetz- liche Grundlage zur rechtssatzmäßigen Auferlegung solcher Gebühren war nicht

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/353>, abgerufen am 22.11.2024.