Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.§ 55. Die juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechtes. auf öffentlichrechtliche Entschädigung). Umgekehrt findet das Civil-recht in großem Umfange auch auf die Verhältnisse des Selbst- verwaltungskörpers Anwendung. Es giebt zahlreiche juristische Per- sonen des öffentlichen Rechtes, deren ganze Verwaltung sich durch- weg in den Formen des Civilrechtes bewegt, ohne daß je die öffent- liche Gewalt darin zum Ausdruck käme. Öffentliche Genossenschaften und öffentliche Stiftungen geben genügende Belege. Das Richtige ist, daß das öffentliche Recht bei ihnen soweit zur Anwendung kommt, wie beim Staate selbst, also unter Umständen gar nicht. Die Thätig- keit des Selbstverwaltungskörpers ist, wie die des Staates, öffentliche Verwaltung. Diese bewegt sich grundsätzlich in Formen des öffent- lichen Rechtes, kann aber auch je nach ihrer Art im Einzelfalle den Regeln des Civilrechtes unterliegen. Eine juristische Person, die der Beschränktheit ihrer Aufgabe gemäß nur Thätigkeiten der letzteren Art führt, hat immer noch ein Stück öffentlicher Verwaltung, aber ohne je eine Anwendbarkeit des öffentlichen Rechtes darauf zu er- leben10. 2. Der Selbstverwaltungskörper hat sein Stück öffentlicher Ver- 10 Es ist eine sehr verbreitete Meinung, die juristische Person selbst gehöre nur soweit dem öffentlichen Rechte an, als auch ihre Lebensthätigkeit nach diesem beurteilt wird. Folgerichtig kommt Bornhak in Ztschft. f. ges H.R. 39 S. 222 zu der Annahme, die juristische Person habe eine wechselnde Natur. "Beant- wortet sich doch die Frage, ob eine Person eine öffentlichrechtliche oder eine privatrechtliche ist, lediglich nach den Rechtsverhältnissen, bei welchen sie be- teiligt ist". Danach gäbe es überhaupt keine eigenartige juristische Person des öffentlichen Rechts; sondern die einzige Art juristischer Personen, die wir haben, nennen wir bloß bald eine eine civilrechtliche, bald eine öffentliche, je nach der Art der Rechtsverhältnisse, in welche sie sich begiebt. Wir würden so auf eine sehr wertvolle Unterscheidung einfach verzichten. 11 Rosin in Annalen 1883 S. 290 und Öff. Gen. S. 22 hat dieses besondere
§ 55. Die juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechtes. auf öffentlichrechtliche Entschädigung). Umgekehrt findet das Civil-recht in großem Umfange auch auf die Verhältnisse des Selbst- verwaltungskörpers Anwendung. Es giebt zahlreiche juristische Per- sonen des öffentlichen Rechtes, deren ganze Verwaltung sich durch- weg in den Formen des Civilrechtes bewegt, ohne daß je die öffent- liche Gewalt darin zum Ausdruck käme. Öffentliche Genossenschaften und öffentliche Stiftungen geben genügende Belege. Das Richtige ist, daß das öffentliche Recht bei ihnen soweit zur Anwendung kommt, wie beim Staate selbst, also unter Umständen gar nicht. Die Thätig- keit des Selbstverwaltungskörpers ist, wie die des Staates, öffentliche Verwaltung. Diese bewegt sich grundsätzlich in Formen des öffent- lichen Rechtes, kann aber auch je nach ihrer Art im Einzelfalle den Regeln des Civilrechtes unterliegen. Eine juristische Person, die der Beschränktheit ihrer Aufgabe gemäß nur Thätigkeiten der letzteren Art führt, hat immer noch ein Stück öffentlicher Verwaltung, aber ohne je eine Anwendbarkeit des öffentlichen Rechtes darauf zu er- leben10. 2. Der Selbstverwaltungskörper hat sein Stück öffentlicher Ver- 10 Es ist eine sehr verbreitete Meinung, die juristische Person selbst gehöre nur soweit dem öffentlichen Rechte an, als auch ihre Lebensthätigkeit nach diesem beurteilt wird. Folgerichtig kommt Bornhak in Ztschft. f. ges H.R. 39 S. 222 zu der Annahme, die juristische Person habe eine wechselnde Natur. „Beant- wortet sich doch die Frage, ob eine Person eine öffentlichrechtliche oder eine privatrechtliche ist, lediglich nach den Rechtsverhältnissen, bei welchen sie be- teiligt ist“. Danach gäbe es überhaupt keine eigenartige juristische Person des öffentlichen Rechts; sondern die einzige Art juristischer Personen, die wir haben, nennen wir bloß bald eine eine civilrechtliche, bald eine öffentliche, je nach der Art der Rechtsverhältnisse, in welche sie sich begiebt. Wir würden so auf eine sehr wertvolle Unterscheidung einfach verzichten. 11 Rosin in Annalen 1883 S. 290 und Öff. Gen. S. 22 hat dieses besondere
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§ 55. Die juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechtes.
auf öffentlichrechtliche Entschädigung). Umgekehrt findet das Civil-
recht in großem Umfange auch auf die Verhältnisse des Selbst-
verwaltungskörpers Anwendung. Es giebt zahlreiche juristische Per-
sonen des öffentlichen Rechtes, deren ganze Verwaltung sich durch-
weg in den Formen des Civilrechtes bewegt, ohne daß je die öffent-
liche Gewalt darin zum Ausdruck käme. Öffentliche Genossenschaften
und öffentliche Stiftungen geben genügende Belege. Das Richtige ist,
daß das öffentliche Recht bei ihnen soweit zur Anwendung kommt,
wie beim Staate selbst, also unter Umständen gar nicht. Die Thätig-
keit des Selbstverwaltungskörpers ist, wie die des Staates, öffentliche
Verwaltung. Diese bewegt sich grundsätzlich in Formen des öffent-
lichen Rechtes, kann aber auch je nach ihrer Art im Einzelfalle den
Regeln des Civilrechtes unterliegen. Eine juristische Person, die der
Beschränktheit ihrer Aufgabe gemäß nur Thätigkeiten der letzteren
Art führt, hat immer noch ein Stück öffentlicher Verwaltung, aber
ohne je eine Anwendbarkeit des öffentlichen Rechtes darauf zu er-
leben 10.
2. Der Selbstverwaltungskörper hat sein Stück öffentlicher Ver-
waltung, das er in eignem Namen und eignem Rechte führt.
Auch bei einer juristischen Person des Civilrechtes kann das zutreffen;
das Rechtsinstitut der Verleihung öffentlicher Unternehmungen (oben
§ 49) giebt die Form dafür. Der Unterschied liegt in der Art, wie
das Recht auf das Stück öffentlicher Verwaltung mit der Person zu-
sammenhängt. Die beliehene Person empfängt das öffentliche Unter-
nehmen durch ein Rechtsgeschäft des öffentlichen Rechtes; auf eben
diesem Wege wird es ihr wieder entzogen; sie bleibt für sich daneben,
was sie ist. Der Selbstverwaltungskörper dagegen ist dafür da;
sein Stück öffentlicher Verwaltung gehört zu seinem Wesen; wird es
ihm entzogen, so besteht er nicht mehr, so wenig wie der Staat, der
sein Gebiet verloren hat 11.
10 Es ist eine sehr verbreitete Meinung, die juristische Person selbst gehöre
nur soweit dem öffentlichen Rechte an, als auch ihre Lebensthätigkeit nach diesem
beurteilt wird. Folgerichtig kommt Bornhak in Ztschft. f. ges H.R. 39 S. 222
zu der Annahme, die juristische Person habe eine wechselnde Natur. „Beant-
wortet sich doch die Frage, ob eine Person eine öffentlichrechtliche oder eine
privatrechtliche ist, lediglich nach den Rechtsverhältnissen, bei welchen sie be-
teiligt ist“. Danach gäbe es überhaupt keine eigenartige juristische Person des
öffentlichen Rechts; sondern die einzige Art juristischer Personen, die wir haben,
nennen wir bloß bald eine eine civilrechtliche, bald eine öffentliche, je nach der
Art der Rechtsverhältnisse, in welche sie sich begiebt. Wir würden so auf eine
sehr wertvolle Unterscheidung einfach verzichten.
11 Rosin in Annalen 1883 S. 290 und Öff. Gen. S. 22 hat dieses besondere
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