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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das öffentliche Sachenrecht.
gestatten, zugleich auch die durch sein Unternehmen im Werte ge-
steigerten angrenzenden Grundstücke an sich zu ziehen, d. h. mit in
der Enteignung begreifen zu lassen. So bei den oben (Note 17) er-
wähnten Zonenexpropriationen.

Einen regelmäßigen Bestandteil der allgemeinen Enteignungs-
gesetze bildet die freigestellte Ausdehnung der Enteignung behufs
besserer Lösung der Entschädigungsfrage.

Der Enteignete kann verlangen, daß von dem Unternehmer ein
größeres Stück der angegriffenen Liegenschaft übernommen wird, als
er bedarf, oder diese Liegenschaft ganz, falls nämlich die Enteignung,
innerhalb ihrer natürlichen Grenzen durchgeführt, ein für seinen Zweck
nicht wohl brauchbares Restgrundstück zurücklassen würde. So vor
allem, wenn die Enteignung Gebäudeteile trifft oder ein Grundstück
allzusehr zerstückelt. Die Minderwertigkeit der Übrigbleibenden würde
ohnehin durch Entschädigung ausgeglichen werden müssen. Der Zwang
zur Übernahme des Ganzen vereinfacht nur die Erledigung dieses
Punktes. Der Zwang besteht darin, daß auf die berechtigter Weise
erhobene Forderung des Enteigneten hin die Enteignungsbehörde nur
einen auf das Ganze gestellten Enteignungsantrag des Betreibenden
zusprechen darf, den gestellten und aufrechterhaltenen Teilantrag aber
von selbst als auf das Ganze erweitert anzusehen hat35.

Manche Gesetze, die Minderzahl, gestatten umgekehrt auch dem
Enteigner, in solchen Fällen eine Vereinfachung seiner Entschädigungs-

35 G. Meyer, R. der Expropr. S. 283, giebt eine Zusammenstellung solcher
Bestimmungen. Dazu jetzt vor allem Preuß. Ges. v. 11. Juni 1874 § 9. Der
Zwang zur Übernahme, von dem wir oben sprachen, bedeutet immer nur, daß der
Unternehmer entweder alles oder gar nichts nehmen soll; der zulässige Gegen-
stand der Enteignung ist ihm gesetzlich in dieser Weise abgesteckt. Beharrt er
bei seinem Antrag, so muß er sich gefallen lassen, daß dieser als auf den gesetz-
lich zulässigen Gegenstand gerichtet angesehen wird. Ob er aber beharren oder
zurücktreten will, ist immer noch Sache seines Entschlusses (vgl. unten § 34, III
n. 2). Es ist deshalb nicht richtig, wenn Seydel, Bayr. St.R. III S. 634, sagt:
"Die Ansprüche auf Abtretung (Übernahme), welche kraft Enteignungsrechtes gegen
den Enteigner gehen, sind mit dem Anspruche des Enteigners rechtlich gleich-
artig." Wir müßten danach neben das Rechtsinstitut der Zwangsenteignung
ein Rechtsinstitut der Zwangszueignung stellen. So faßt es auch Schelcher,
Rechtswirkungen der Enteignung S. 65: Wie der Enteignete die Sache sich muß
nehmen, so muß der Unternehmer sie sich aufdrängen lassen; es sind zwei
Akte von "innerem, qualitativem Unterschied". In Wirklichkeit wird aber die Ent-
eignung immer nur durch den Unternehmer in Bewegung gesetzt; er klagt; der
andere erhebt nicht die Widerklage, sondern die Einrede der unrichtigen Be-
zeichnung des Klagegegenstandes, worauf der Kläger sein petitum ausdrücklich
oder stillschweigend berichtigt, oder auch die Klage zurückzieht.

Das öffentliche Sachenrecht.
gestatten, zugleich auch die durch sein Unternehmen im Werte ge-
steigerten angrenzenden Grundstücke an sich zu ziehen, d. h. mit in
der Enteignung begreifen zu lassen. So bei den oben (Note 17) er-
wähnten Zonenexpropriationen.

Einen regelmäßigen Bestandteil der allgemeinen Enteignungs-
gesetze bildet die freigestellte Ausdehnung der Enteignung behufs
besserer Lösung der Entschädigungsfrage.

Der Enteignete kann verlangen, daß von dem Unternehmer ein
größeres Stück der angegriffenen Liegenschaft übernommen wird, als
er bedarf, oder diese Liegenschaft ganz, falls nämlich die Enteignung,
innerhalb ihrer natürlichen Grenzen durchgeführt, ein für seinen Zweck
nicht wohl brauchbares Restgrundstück zurücklassen würde. So vor
allem, wenn die Enteignung Gebäudeteile trifft oder ein Grundstück
allzusehr zerstückelt. Die Minderwertigkeit der Übrigbleibenden würde
ohnehin durch Entschädigung ausgeglichen werden müssen. Der Zwang
zur Übernahme des Ganzen vereinfacht nur die Erledigung dieses
Punktes. Der Zwang besteht darin, daß auf die berechtigter Weise
erhobene Forderung des Enteigneten hin die Enteignungsbehörde nur
einen auf das Ganze gestellten Enteignungsantrag des Betreibenden
zusprechen darf, den gestellten und aufrechterhaltenen Teilantrag aber
von selbst als auf das Ganze erweitert anzusehen hat35.

Manche Gesetze, die Minderzahl, gestatten umgekehrt auch dem
Enteigner, in solchen Fällen eine Vereinfachung seiner Entschädigungs-

35 G. Meyer, R. der Expropr. S. 283, giebt eine Zusammenstellung solcher
Bestimmungen. Dazu jetzt vor allem Preuß. Ges. v. 11. Juni 1874 § 9. Der
Zwang zur Übernahme, von dem wir oben sprachen, bedeutet immer nur, daß der
Unternehmer entweder alles oder gar nichts nehmen soll; der zulässige Gegen-
stand der Enteignung ist ihm gesetzlich in dieser Weise abgesteckt. Beharrt er
bei seinem Antrag, so muß er sich gefallen lassen, daß dieser als auf den gesetz-
lich zulässigen Gegenstand gerichtet angesehen wird. Ob er aber beharren oder
zurücktreten will, ist immer noch Sache seines Entschlusses (vgl. unten § 34, III
n. 2). Es ist deshalb nicht richtig, wenn Seydel, Bayr. St.R. III S. 634, sagt:
„Die Ansprüche auf Abtretung (Übernahme), welche kraft Enteignungsrechtes gegen
den Enteigner gehen, sind mit dem Anspruche des Enteigners rechtlich gleich-
artig.“ Wir müßten danach neben das Rechtsinstitut der Zwangsenteignung
ein Rechtsinstitut der Zwangszueignung stellen. So faßt es auch Schelcher,
Rechtswirkungen der Enteignung S. 65: Wie der Enteignete die Sache sich muß
nehmen, so muß der Unternehmer sie sich aufdrängen lassen; es sind zwei
Akte von „innerem, qualitativem Unterschied“. In Wirklichkeit wird aber die Ent-
eignung immer nur durch den Unternehmer in Bewegung gesetzt; er klagt; der
andere erhebt nicht die Widerklage, sondern die Einrede der unrichtigen Be-
zeichnung des Klagegegenstandes, worauf der Kläger sein petitum ausdrücklich
oder stillschweigend berichtigt, oder auch die Klage zurückzieht.
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[28/0040] Das öffentliche Sachenrecht. gestatten, zugleich auch die durch sein Unternehmen im Werte ge- steigerten angrenzenden Grundstücke an sich zu ziehen, d. h. mit in der Enteignung begreifen zu lassen. So bei den oben (Note 17) er- wähnten Zonenexpropriationen. Einen regelmäßigen Bestandteil der allgemeinen Enteignungs- gesetze bildet die freigestellte Ausdehnung der Enteignung behufs besserer Lösung der Entschädigungsfrage. Der Enteignete kann verlangen, daß von dem Unternehmer ein größeres Stück der angegriffenen Liegenschaft übernommen wird, als er bedarf, oder diese Liegenschaft ganz, falls nämlich die Enteignung, innerhalb ihrer natürlichen Grenzen durchgeführt, ein für seinen Zweck nicht wohl brauchbares Restgrundstück zurücklassen würde. So vor allem, wenn die Enteignung Gebäudeteile trifft oder ein Grundstück allzusehr zerstückelt. Die Minderwertigkeit der Übrigbleibenden würde ohnehin durch Entschädigung ausgeglichen werden müssen. Der Zwang zur Übernahme des Ganzen vereinfacht nur die Erledigung dieses Punktes. Der Zwang besteht darin, daß auf die berechtigter Weise erhobene Forderung des Enteigneten hin die Enteignungsbehörde nur einen auf das Ganze gestellten Enteignungsantrag des Betreibenden zusprechen darf, den gestellten und aufrechterhaltenen Teilantrag aber von selbst als auf das Ganze erweitert anzusehen hat 35. Manche Gesetze, die Minderzahl, gestatten umgekehrt auch dem Enteigner, in solchen Fällen eine Vereinfachung seiner Entschädigungs- 35 G. Meyer, R. der Expropr. S. 283, giebt eine Zusammenstellung solcher Bestimmungen. Dazu jetzt vor allem Preuß. Ges. v. 11. Juni 1874 § 9. Der Zwang zur Übernahme, von dem wir oben sprachen, bedeutet immer nur, daß der Unternehmer entweder alles oder gar nichts nehmen soll; der zulässige Gegen- stand der Enteignung ist ihm gesetzlich in dieser Weise abgesteckt. Beharrt er bei seinem Antrag, so muß er sich gefallen lassen, daß dieser als auf den gesetz- lich zulässigen Gegenstand gerichtet angesehen wird. Ob er aber beharren oder zurücktreten will, ist immer noch Sache seines Entschlusses (vgl. unten § 34, III n. 2). Es ist deshalb nicht richtig, wenn Seydel, Bayr. St.R. III S. 634, sagt: „Die Ansprüche auf Abtretung (Übernahme), welche kraft Enteignungsrechtes gegen den Enteigner gehen, sind mit dem Anspruche des Enteigners rechtlich gleich- artig.“ Wir müßten danach neben das Rechtsinstitut der Zwangsenteignung ein Rechtsinstitut der Zwangszueignung stellen. So faßt es auch Schelcher, Rechtswirkungen der Enteignung S. 65: Wie der Enteignete die Sache sich muß nehmen, so muß der Unternehmer sie sich aufdrängen lassen; es sind zwei Akte von „innerem, qualitativem Unterschied“. In Wirklichkeit wird aber die Ent- eignung immer nur durch den Unternehmer in Bewegung gesetzt; er klagt; der andere erhebt nicht die Widerklage, sondern die Einrede der unrichtigen Be- zeichnung des Klagegegenstandes, worauf der Kläger sein petitum ausdrücklich oder stillschweigend berichtigt, oder auch die Klage zurückzieht.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/40>, abgerufen am 24.11.2024.