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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 58. Das Recht der Vertreterschaft.

Zum Unterschied von der Genossenschaft, welche ordentlicher-
weise ihre ganze Vertretung in diesen Formen zu erhalten vermag,
schneidet aber mit solchen Überwachungsausschüssen die Vertretungs-
macht der Gemeindeangehörigkeit ab, um für die eigentliche Führung
der Geschäfte dem Gemeindeamte Platz zu machen.

II. Neben der auf Angehörigkeit zum Selbstverwaltungskörper
beruhenden Vertreterschaft finden wir als zweite Art die amtliche
Vertretung
. Statt des subjektiven Rechtes steht hier die Pflicht
voran. Das Amt ist ein mit öffentlicher Dienstpflicht zu führender
Kreis von Geschäften öffentlicher Verwaltung (oben § 42, II). Insofern
diese Geschäfte darauf gehen, den Selbstverwaltungskörper zu ver-
treten, um seine Handlungsfähigkeit verfassungsmäßig herzustellen,
nennen wir es ein Vertretungsamt. Ein solches Amt kann ge-
führt werden im Dienst- und Pflichtverhältnis zu dem vertretenen
Selbstverwaltungskörper selbst, aber auch im Dienst- und Pflicht-
verhältnis zu einem anderen Gemeinwesen, das dem Selbstverwaltungs-
körper mit seinem Amte den Vertreter stellt, zum Staat oder einem
oberen Selbstverwaltungskörper.

1. Eigne Vertretungsämter des Selbstverwaltungskörpers
finden wir vor allem ausgebildet bei der Gemeinde und zwar der
Ortsgemeinde. Wo sie sonst noch vorkommen, richten sie sich im
wesentlichen nach den gleichen Regeln.

Sie sind teils Ehrenämter, teils Berufsämter gemäß den oben
§ 43 und 44 genauer festgestellten Begriffen. Die ersteren über-

für die Herbeiführung der Zwecke des Staates berufenes Organ der Staatsgewalt".
Vgl. auch Schwarze in Sächs. Gerichtszeitung XXII 8. 209, 290. Dann sucht
man wieder das entscheidende Merkmal in der Behördeneigenschaft des Kollegiums:
bildet dieses eine Behörde, so sind auch die Mitglieder öffentliche Beamte. So
O.Tr. 5. Mai 1869 (Oppenhoff, Rspr. X S. 288): Rosin, Arb.Vers. I S. 651;
Piloty, Unf.Vers.R II S. 434. Danach müßte aber z. B. auch der Schöffe Be-
amter sein. -- Möller, Preuß. Stadt-R. S. 85, meint vielleicht den richtigen
Gegensatz, wenn er sagt: "Dagegen haben die einzelnen Stadtverordneten nicht
die Eigenschaft öffentlicher Beamten; sie sind bloße Repräsentanten der Stadt-
gemeinden". -- Die Anerkennung der Gemeinderatsmitglieder, ebenso wie der ab-
geordneten Vorstände der unbedeutendsten öffentlichen Genossenschaft, als öffent-
licher Beamter ließe sich garnicht umgehen, wenn nicht das entscheidende Merk-
mal dazwischenträte, das uns die besondere rechtliche Natur der Abordnung selbst
liefert. Sie sind bestellt für einen bestimmten Kreis von Geschäften der öffent-
lichen Verwaltung, in dauernder Weise, um namens des Selbstverwaltungskörpers
darin thätig zu sein, und stehen dabei in öffentlichrechtlichem Verhältnisse zu
diesem. Was zum Begriffe des öffentlichen Beamten bei ihnen fehlt, ist einzig
die öffentliche Dienstpflicht. Diese ist wesentlich zum Begriff des Beamten (oben
§ 42 S. 200), und diese haben sie nicht.
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§ 58. Das Recht der Vertreterschaft.

Zum Unterschied von der Genossenschaft, welche ordentlicher-
weise ihre ganze Vertretung in diesen Formen zu erhalten vermag,
schneidet aber mit solchen Überwachungsausschüssen die Vertretungs-
macht der Gemeindeangehörigkeit ab, um für die eigentliche Führung
der Geschäfte dem Gemeindeamte Platz zu machen.

II. Neben der auf Angehörigkeit zum Selbstverwaltungskörper
beruhenden Vertreterschaft finden wir als zweite Art die amtliche
Vertretung
. Statt des subjektiven Rechtes steht hier die Pflicht
voran. Das Amt ist ein mit öffentlicher Dienstpflicht zu führender
Kreis von Geschäften öffentlicher Verwaltung (oben § 42, II). Insofern
diese Geschäfte darauf gehen, den Selbstverwaltungskörper zu ver-
treten, um seine Handlungsfähigkeit verfassungsmäßig herzustellen,
nennen wir es ein Vertretungsamt. Ein solches Amt kann ge-
führt werden im Dienst- und Pflichtverhältnis zu dem vertretenen
Selbstverwaltungskörper selbst, aber auch im Dienst- und Pflicht-
verhältnis zu einem anderen Gemeinwesen, das dem Selbstverwaltungs-
körper mit seinem Amte den Vertreter stellt, zum Staat oder einem
oberen Selbstverwaltungskörper.

1. Eigne Vertretungsämter des Selbstverwaltungskörpers
finden wir vor allem ausgebildet bei der Gemeinde und zwar der
Ortsgemeinde. Wo sie sonst noch vorkommen, richten sie sich im
wesentlichen nach den gleichen Regeln.

Sie sind teils Ehrenämter, teils Berufsämter gemäß den oben
§ 43 und 44 genauer festgestellten Begriffen. Die ersteren über-

für die Herbeiführung der Zwecke des Staates berufenes Organ der Staatsgewalt“.
Vgl. auch Schwarze in Sächs. Gerichtszeitung XXII 8. 209, 290. Dann sucht
man wieder das entscheidende Merkmal in der Behördeneigenschaft des Kollegiums:
bildet dieses eine Behörde, so sind auch die Mitglieder öffentliche Beamte. So
O.Tr. 5. Mai 1869 (Oppenhoff, Rspr. X S. 288): Rosin, Arb.Vers. I S. 651;
Piloty, Unf.Vers.R II S. 434. Danach müßte aber z. B. auch der Schöffe Be-
amter sein. — Möller, Preuß. Stadt-R. S. 85, meint vielleicht den richtigen
Gegensatz, wenn er sagt: „Dagegen haben die einzelnen Stadtverordneten nicht
die Eigenschaft öffentlicher Beamten; sie sind bloße Repräsentanten der Stadt-
gemeinden“. — Die Anerkennung der Gemeinderatsmitglieder, ebenso wie der ab-
geordneten Vorstände der unbedeutendsten öffentlichen Genossenschaft, als öffent-
licher Beamter ließe sich garnicht umgehen, wenn nicht das entscheidende Merk-
mal dazwischenträte, das uns die besondere rechtliche Natur der Abordnung selbst
liefert. Sie sind bestellt für einen bestimmten Kreis von Geschäften der öffent-
lichen Verwaltung, in dauernder Weise, um namens des Selbstverwaltungskörpers
darin thätig zu sein, und stehen dabei in öffentlichrechtlichem Verhältnisse zu
diesem. Was zum Begriffe des öffentlichen Beamten bei ihnen fehlt, ist einzig
die öffentliche Dienstpflicht. Diese ist wesentlich zum Begriff des Beamten (oben
§ 42 S. 200), und diese haben sie nicht.
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[403/0415] § 58. Das Recht der Vertreterschaft. Zum Unterschied von der Genossenschaft, welche ordentlicher- weise ihre ganze Vertretung in diesen Formen zu erhalten vermag, schneidet aber mit solchen Überwachungsausschüssen die Vertretungs- macht der Gemeindeangehörigkeit ab, um für die eigentliche Führung der Geschäfte dem Gemeindeamte Platz zu machen. II. Neben der auf Angehörigkeit zum Selbstverwaltungskörper beruhenden Vertreterschaft finden wir als zweite Art die amtliche Vertretung. Statt des subjektiven Rechtes steht hier die Pflicht voran. Das Amt ist ein mit öffentlicher Dienstpflicht zu führender Kreis von Geschäften öffentlicher Verwaltung (oben § 42, II). Insofern diese Geschäfte darauf gehen, den Selbstverwaltungskörper zu ver- treten, um seine Handlungsfähigkeit verfassungsmäßig herzustellen, nennen wir es ein Vertretungsamt. Ein solches Amt kann ge- führt werden im Dienst- und Pflichtverhältnis zu dem vertretenen Selbstverwaltungskörper selbst, aber auch im Dienst- und Pflicht- verhältnis zu einem anderen Gemeinwesen, das dem Selbstverwaltungs- körper mit seinem Amte den Vertreter stellt, zum Staat oder einem oberen Selbstverwaltungskörper. 1. Eigne Vertretungsämter des Selbstverwaltungskörpers finden wir vor allem ausgebildet bei der Gemeinde und zwar der Ortsgemeinde. Wo sie sonst noch vorkommen, richten sie sich im wesentlichen nach den gleichen Regeln. Sie sind teils Ehrenämter, teils Berufsämter gemäß den oben § 43 und 44 genauer festgestellten Begriffen. Die ersteren über- 13 13 für die Herbeiführung der Zwecke des Staates berufenes Organ der Staatsgewalt“. Vgl. auch Schwarze in Sächs. Gerichtszeitung XXII 8. 209, 290. Dann sucht man wieder das entscheidende Merkmal in der Behördeneigenschaft des Kollegiums: bildet dieses eine Behörde, so sind auch die Mitglieder öffentliche Beamte. So O.Tr. 5. Mai 1869 (Oppenhoff, Rspr. X S. 288): Rosin, Arb.Vers. I S. 651; Piloty, Unf.Vers.R II S. 434. Danach müßte aber z. B. auch der Schöffe Be- amter sein. — Möller, Preuß. Stadt-R. S. 85, meint vielleicht den richtigen Gegensatz, wenn er sagt: „Dagegen haben die einzelnen Stadtverordneten nicht die Eigenschaft öffentlicher Beamten; sie sind bloße Repräsentanten der Stadt- gemeinden“. — Die Anerkennung der Gemeinderatsmitglieder, ebenso wie der ab- geordneten Vorstände der unbedeutendsten öffentlichen Genossenschaft, als öffent- licher Beamter ließe sich garnicht umgehen, wenn nicht das entscheidende Merk- mal dazwischenträte, das uns die besondere rechtliche Natur der Abordnung selbst liefert. Sie sind bestellt für einen bestimmten Kreis von Geschäften der öffent- lichen Verwaltung, in dauernder Weise, um namens des Selbstverwaltungskörpers darin thätig zu sein, und stehen dabei in öffentlichrechtlichem Verhältnisse zu diesem. Was zum Begriffe des öffentlichen Beamten bei ihnen fehlt, ist einzig die öffentliche Dienstpflicht. Diese ist wesentlich zum Begriff des Beamten (oben § 42 S. 200), und diese haben sie nicht. 26*

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/415>, abgerufen am 22.11.2024.