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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 60. Selbstverwaltungslasten und Ausgleichungen.

Art und Umfang der danach zu stellenden Anforderungen giebt
der Zweck der Genossenschaft oder ausdrückliches Gesetz. Das
Statut bestimmt innerhalb dieses Rahmens das Genauere; nachträg-
liche statutenmäßige Satzungen fügen noch Weiteres hinzu18. Die Ein-
haltung gewisser Grenzen überwacht die Aufsichtsgewalt. Eine Rechts-
grenze besteht dafür gegenüber dem einzelnen Mitglied an dem Maße
der Freiheitsminderung, das durch den Eintritt in die Genossenschaft
begründet ist und den Umfang des Gewaltverhältnisses bestimmt hat.

Die Anwendung des Statuts im Einzelfall geschieht durch den
Vorstand, indem er die entsprechende Pflicht auferlegt. Gemäß der
bekannten Eigentümlichkeit des Gewaltverhältnisses gehen auch hier
wieder rechtsverbindliche Akte von einer Stelle aus, die keine Be-
hörde im gewöhnlichen Sinne ist (oben S. 235 Note 3).

Als Zwangsmittel dienen gesetzliche oder statutenmäßige Ord-
nungsstrafen, Ausschluß von Vorteilen der Genossenschaft, administra-
tive Zwangsbeitreibung19. Dahinter steht als Rechtsschutz für beide

Schwierigkeit willen, in der Lehre von den öffentlichrechtlichen Rechtsverhält-
nissen zunächst nur im allgemeinen umschrieben (Bd. I S. 108 Note 13), dürfte
inzwischen durch die verschiedenen Anwendungen, in welchen er aufzuweisen war,
eine genügende Bestimmtheit erhalten haben (Bd. I S. 438 ff.; Bd. II S. 234 ff.,
S. 309 ff., S. 335 ff.).
18 Über den Gegensatz zu den gesetzvertretenden Statuten vgl. Bd. I S. 128 ff.
Als Statut wird auch der Akt bezeichnet, der im Einzelfall einer juristischen Person
(Genossenschaft oder Anstalt) die Verfassung bestimmt (oben S. 390). Dieses Statut
kann zugleich wichtig werden für die Dritten, welche mit den Unternehmungen
der juristischen Person zu thun haben, als "Privatnorm" für das einzugehende
Verhältnis (oben S. 391 Note 5), und ebenso kann es, bei der Genossenschaft
wenigstens, die hier besprochenen Generalverfügungen enthalten zur Ausübung der
Vereinsgewalt. Wenn solche Privatnormen oder Generalverfügungen nachträglich
für sich allein aufgestellt werden, nennt man das auch noch Statut. Also wieder
ein Ausdruck, der mit Vorsicht zu behandeln ist.
19 Über die Frage, ob den reichsrechtlichen Krankenkassen das Recht zu-
stehe, in ihren Statuten Ordnungsstrafen anzudrehen, hat in: Arbeiter-Versorgung
Bd. 6 S. 273, 493 und 525, Bd. 7 S. 130 ff. ein interessanter Meinungsaustausch
stattgefunden zwischen Mugdan, Köhne und Rosin. Die Behauptung, daß
alle Strafgewalt nur entweder auf einer staatlichen Übertragung oder auf Vertrag
beruhen könne (Bd. 6 S. 494), läßt unsere öffentlichrechtliche Vereinsgewalt außer
Ansatz. Da diese die nämliche ist gegenüber freiwilligen wie gezwungenen Mit-
gliedern, fällt auch die unnatürliche Unterscheidung hinweg, wonach die Straf-
drohung nur zulässig wäre gegen jene, und gegen diese nicht (Bd. 6 S. 275). Die
Befürchtung, daß die Kassen dadurch die Freiheit ungebührlich beschränken
könnten, hat Rosin (ebenda Bd. 7 S. 133) richtig widerlegt durch den Hinweis
auf den Zweck der Kasse, der eine Grenze steckt. Diese Grenze steckt er eben
dadurch, daß nur nach dem Maße dieses Zweckes das Gewaltverhältnis durch die
Binding, Handbuch. VI. 2: Otto Mayer, Verwaltungsr. II. 28
§ 60. Selbstverwaltungslasten und Ausgleichungen.

Art und Umfang der danach zu stellenden Anforderungen giebt
der Zweck der Genossenschaft oder ausdrückliches Gesetz. Das
Statut bestimmt innerhalb dieses Rahmens das Genauere; nachträg-
liche statutenmäßige Satzungen fügen noch Weiteres hinzu18. Die Ein-
haltung gewisser Grenzen überwacht die Aufsichtsgewalt. Eine Rechts-
grenze besteht dafür gegenüber dem einzelnen Mitglied an dem Maße
der Freiheitsminderung, das durch den Eintritt in die Genossenschaft
begründet ist und den Umfang des Gewaltverhältnisses bestimmt hat.

Die Anwendung des Statuts im Einzelfall geschieht durch den
Vorstand, indem er die entsprechende Pflicht auferlegt. Gemäß der
bekannten Eigentümlichkeit des Gewaltverhältnisses gehen auch hier
wieder rechtsverbindliche Akte von einer Stelle aus, die keine Be-
hörde im gewöhnlichen Sinne ist (oben S. 235 Note 3).

Als Zwangsmittel dienen gesetzliche oder statutenmäßige Ord-
nungsstrafen, Ausschluß von Vorteilen der Genossenschaft, administra-
tive Zwangsbeitreibung19. Dahinter steht als Rechtsschutz für beide

Schwierigkeit willen, in der Lehre von den öffentlichrechtlichen Rechtsverhält-
nissen zunächst nur im allgemeinen umschrieben (Bd. I S. 108 Note 13), dürfte
inzwischen durch die verschiedenen Anwendungen, in welchen er aufzuweisen war,
eine genügende Bestimmtheit erhalten haben (Bd. I S. 438 ff.; Bd. II S. 234 ff.,
S. 309 ff., S. 335 ff.).
18 Über den Gegensatz zu den gesetzvertretenden Statuten vgl. Bd. I S. 128 ff.
Als Statut wird auch der Akt bezeichnet, der im Einzelfall einer juristischen Person
(Genossenschaft oder Anstalt) die Verfassung bestimmt (oben S. 390). Dieses Statut
kann zugleich wichtig werden für die Dritten, welche mit den Unternehmungen
der juristischen Person zu thun haben, als „Privatnorm“ für das einzugehende
Verhältnis (oben S. 391 Note 5), und ebenso kann es, bei der Genossenschaft
wenigstens, die hier besprochenen Generalverfügungen enthalten zur Ausübung der
Vereinsgewalt. Wenn solche Privatnormen oder Generalverfügungen nachträglich
für sich allein aufgestellt werden, nennt man das auch noch Statut. Also wieder
ein Ausdruck, der mit Vorsicht zu behandeln ist.
19 Über die Frage, ob den reichsrechtlichen Krankenkassen das Recht zu-
stehe, in ihren Statuten Ordnungsstrafen anzudrehen, hat in: Arbeiter-Versorgung
Bd. 6 S. 273, 493 und 525, Bd. 7 S. 130 ff. ein interessanter Meinungsaustausch
stattgefunden zwischen Mugdan, Köhne und Rosin. Die Behauptung, daß
alle Strafgewalt nur entweder auf einer staatlichen Übertragung oder auf Vertrag
beruhen könne (Bd. 6 S. 494), läßt unsere öffentlichrechtliche Vereinsgewalt außer
Ansatz. Da diese die nämliche ist gegenüber freiwilligen wie gezwungenen Mit-
gliedern, fällt auch die unnatürliche Unterscheidung hinweg, wonach die Straf-
drohung nur zulässig wäre gegen jene, und gegen diese nicht (Bd. 6 S. 275). Die
Befürchtung, daß die Kassen dadurch die Freiheit ungebührlich beschränken
könnten, hat Rosin (ebenda Bd. 7 S. 133) richtig widerlegt durch den Hinweis
auf den Zweck der Kasse, der eine Grenze steckt. Diese Grenze steckt er eben
dadurch, daß nur nach dem Maße dieses Zweckes das Gewaltverhältnis durch die
Binding, Handbuch. VI. 2: Otto Mayer, Verwaltungsr. II. 28
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[433/0445] § 60. Selbstverwaltungslasten und Ausgleichungen. Art und Umfang der danach zu stellenden Anforderungen giebt der Zweck der Genossenschaft oder ausdrückliches Gesetz. Das Statut bestimmt innerhalb dieses Rahmens das Genauere; nachträg- liche statutenmäßige Satzungen fügen noch Weiteres hinzu 18. Die Ein- haltung gewisser Grenzen überwacht die Aufsichtsgewalt. Eine Rechts- grenze besteht dafür gegenüber dem einzelnen Mitglied an dem Maße der Freiheitsminderung, das durch den Eintritt in die Genossenschaft begründet ist und den Umfang des Gewaltverhältnisses bestimmt hat. Die Anwendung des Statuts im Einzelfall geschieht durch den Vorstand, indem er die entsprechende Pflicht auferlegt. Gemäß der bekannten Eigentümlichkeit des Gewaltverhältnisses gehen auch hier wieder rechtsverbindliche Akte von einer Stelle aus, die keine Be- hörde im gewöhnlichen Sinne ist (oben S. 235 Note 3). Als Zwangsmittel dienen gesetzliche oder statutenmäßige Ord- nungsstrafen, Ausschluß von Vorteilen der Genossenschaft, administra- tive Zwangsbeitreibung 19. Dahinter steht als Rechtsschutz für beide 17 18 Über den Gegensatz zu den gesetzvertretenden Statuten vgl. Bd. I S. 128 ff. Als Statut wird auch der Akt bezeichnet, der im Einzelfall einer juristischen Person (Genossenschaft oder Anstalt) die Verfassung bestimmt (oben S. 390). Dieses Statut kann zugleich wichtig werden für die Dritten, welche mit den Unternehmungen der juristischen Person zu thun haben, als „Privatnorm“ für das einzugehende Verhältnis (oben S. 391 Note 5), und ebenso kann es, bei der Genossenschaft wenigstens, die hier besprochenen Generalverfügungen enthalten zur Ausübung der Vereinsgewalt. Wenn solche Privatnormen oder Generalverfügungen nachträglich für sich allein aufgestellt werden, nennt man das auch noch Statut. Also wieder ein Ausdruck, der mit Vorsicht zu behandeln ist. 19 Über die Frage, ob den reichsrechtlichen Krankenkassen das Recht zu- stehe, in ihren Statuten Ordnungsstrafen anzudrehen, hat in: Arbeiter-Versorgung Bd. 6 S. 273, 493 und 525, Bd. 7 S. 130 ff. ein interessanter Meinungsaustausch stattgefunden zwischen Mugdan, Köhne und Rosin. Die Behauptung, daß alle Strafgewalt nur entweder auf einer staatlichen Übertragung oder auf Vertrag beruhen könne (Bd. 6 S. 494), läßt unsere öffentlichrechtliche Vereinsgewalt außer Ansatz. Da diese die nämliche ist gegenüber freiwilligen wie gezwungenen Mit- gliedern, fällt auch die unnatürliche Unterscheidung hinweg, wonach die Straf- drohung nur zulässig wäre gegen jene, und gegen diese nicht (Bd. 6 S. 275). Die Befürchtung, daß die Kassen dadurch die Freiheit ungebührlich beschränken könnten, hat Rosin (ebenda Bd. 7 S. 133) richtig widerlegt durch den Hinweis auf den Zweck der Kasse, der eine Grenze steckt. Diese Grenze steckt er eben dadurch, daß nur nach dem Maße dieses Zweckes das Gewaltverhältnis durch die 17 Schwierigkeit willen, in der Lehre von den öffentlichrechtlichen Rechtsverhält- nissen zunächst nur im allgemeinen umschrieben (Bd. I S. 108 Note 13), dürfte inzwischen durch die verschiedenen Anwendungen, in welchen er aufzuweisen war, eine genügende Bestimmtheit erhalten haben (Bd. I S. 438 ff.; Bd. II S. 234 ff., S. 309 ff., S. 335 ff.). Binding, Handbuch. VI. 2: Otto Mayer, Verwaltungsr. II. 28

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/445>, abgerufen am 22.11.2024.