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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Das Recht der juristischen Personen.
dem Wegfall dieses Substrates jedesmal die juristische Person erlischt17.
Das ist aber hier ebensowenig richtig wie dort. Die öffentliche Ge-
nossenschaft ist so wenig ein Verein, wie die Stiftung oder Anstalt
ein Vermögen. Sie ist eine juristische Person, welche die Bestimmung
hat, mit einem Verein ausgestattet zu sein. Ihr Verein kann unter
Umständen weggefallen sein, die eine stillschweigende Auflösung ent-
halten; soweit eine solche zulässig ist, ist die Frage alsdann durch
diese erledigt. Ist ihr sonst der Verein abhandengekommen, so liegt
darin ein Doppeltes. Einmal entbehrt sie dann der Einzelmenschen,
um deren willen sie als juristische Person da sein soll; sie ist insofern
in der gleichen Lage wie eine öffentliche Anstaltspersönlichkeit, die
noch auf Geber und Stifter wartet (oben § 57, II n. 1). Sodann aber,
das kommt hier noch dazu, ist sie in diesem Zustande unbrauchbar
für das öffentliche Interesse, für den öffentlichen Zweck, dem sie dienen
soll; denn im Gegensatz zur Anstalt oder Stiftung soll sie diesen
gerade durch die Mitarbeit und die Leistungen von Mitgliedern, von
Angehörigen erfüllen. Weder das eine, noch das andere aber macht
sie von selbst untergehen, es kann nur einen Grund abgeben für die
darüber gesetzte Obrigkeit, um ihre Endigung zu bewirken18. Bei
Aussichtslosigkeit der Sache wird sie schließen. Das kann ausdrück-
lich geschehen oder auch stillschweigend durch Maßregeln, die er-
griffen werden, um das Unternehmen zu liquidieren, das Vermögen
auseinanderzusetzen oder anderweit darüber zu verfügen. Sie muß
aber auch zuwarten können, ob der Mangel durch Eintritt neuer Mit-
glieder sich wieder heben möge. Zu diesem Zwecke wird sie nötigen-
falls eingreifen, um die Bestände beisammenzuhalten, die einstweilige
Fortführung des Unternehmens zu sichern; die Aufsichtsgewalt giebt
ihr die Rechte dazu. Bildet sich der Verein wieder, so gilt die Ge-
nossenschaft als nicht unterbrochen. Greift der Staat nicht ein, wo
es zur Erhaltung dieser Möglichkeit notwendig wäre, so liegt darin
der Schließungswille19.

17 Vgl. oben Note 3. Daß man statt eines Vereins auch das bekannte Eine
Mitglied genügen läßt, um den Fortbestand der juristischen Person zu sichern, ist
nicht folgerichtig; Pfeifer, Jur. Pers. S. 113.
18 Daß hier besondere Rücksichten hereinragen, ist schon bei Savigny,
System II S. 280, angedeutet: auch nach Verlust aller Mitglieder besteht die
Korporation dann fort, "wenn ihr ein dauernder Zweck von öffentlichem Interesse
zu Grunde liegt". Ähnlich Böhlau, Rechtssatz und Personenrolle S. 40.
19 Gierke, Gen.R. III S. 350, 497 ff., 745; ders., Gen.Theorie S. 834 ff.
Nach Gierke würde eine Genossenschaftsperson, die ihren Verein verloren hat
und deren der Staat sich annimmt, um die Sache einstweilen fortzuführen, in eine
"reine Anstalt" verwandelt. Stobbe, D. Pr.R. I § 54 Note 4, hält dem ent-

Das Recht der juristischen Personen.
dem Wegfall dieses Substrates jedesmal die juristische Person erlischt17.
Das ist aber hier ebensowenig richtig wie dort. Die öffentliche Ge-
nossenschaft ist so wenig ein Verein, wie die Stiftung oder Anstalt
ein Vermögen. Sie ist eine juristische Person, welche die Bestimmung
hat, mit einem Verein ausgestattet zu sein. Ihr Verein kann unter
Umständen weggefallen sein, die eine stillschweigende Auflösung ent-
halten; soweit eine solche zulässig ist, ist die Frage alsdann durch
diese erledigt. Ist ihr sonst der Verein abhandengekommen, so liegt
darin ein Doppeltes. Einmal entbehrt sie dann der Einzelmenschen,
um deren willen sie als juristische Person da sein soll; sie ist insofern
in der gleichen Lage wie eine öffentliche Anstaltspersönlichkeit, die
noch auf Geber und Stifter wartet (oben § 57, II n. 1). Sodann aber,
das kommt hier noch dazu, ist sie in diesem Zustande unbrauchbar
für das öffentliche Interesse, für den öffentlichen Zweck, dem sie dienen
soll; denn im Gegensatz zur Anstalt oder Stiftung soll sie diesen
gerade durch die Mitarbeit und die Leistungen von Mitgliedern, von
Angehörigen erfüllen. Weder das eine, noch das andere aber macht
sie von selbst untergehen, es kann nur einen Grund abgeben für die
darüber gesetzte Obrigkeit, um ihre Endigung zu bewirken18. Bei
Aussichtslosigkeit der Sache wird sie schließen. Das kann ausdrück-
lich geschehen oder auch stillschweigend durch Maßregeln, die er-
griffen werden, um das Unternehmen zu liquidieren, das Vermögen
auseinanderzusetzen oder anderweit darüber zu verfügen. Sie muß
aber auch zuwarten können, ob der Mangel durch Eintritt neuer Mit-
glieder sich wieder heben möge. Zu diesem Zwecke wird sie nötigen-
falls eingreifen, um die Bestände beisammenzuhalten, die einstweilige
Fortführung des Unternehmens zu sichern; die Aufsichtsgewalt giebt
ihr die Rechte dazu. Bildet sich der Verein wieder, so gilt die Ge-
nossenschaft als nicht unterbrochen. Greift der Staat nicht ein, wo
es zur Erhaltung dieser Möglichkeit notwendig wäre, so liegt darin
der Schließungswille19.

17 Vgl. oben Note 3. Daß man statt eines Vereins auch das bekannte Eine
Mitglied genügen läßt, um den Fortbestand der juristischen Person zu sichern, ist
nicht folgerichtig; Pfeifer, Jur. Pers. S. 113.
18 Daß hier besondere Rücksichten hereinragen, ist schon bei Savigny,
System II S. 280, angedeutet: auch nach Verlust aller Mitglieder besteht die
Korporation dann fort, „wenn ihr ein dauernder Zweck von öffentlichem Interesse
zu Grunde liegt“. Ähnlich Böhlau, Rechtssatz und Personenrolle S. 40.
19 Gierke, Gen.R. III S. 350, 497 ff., 745; ders., Gen.Theorie S. 834 ff.
Nach Gierke würde eine Genossenschaftsperson, die ihren Verein verloren hat
und deren der Staat sich annimmt, um die Sache einstweilen fortzuführen, in eine
„reine Anstalt“ verwandelt. Stobbe, D. Pr.R. I § 54 Note 4, hält dem ent-
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[444/0456] Das Recht der juristischen Personen. dem Wegfall dieses Substrates jedesmal die juristische Person erlischt 17. Das ist aber hier ebensowenig richtig wie dort. Die öffentliche Ge- nossenschaft ist so wenig ein Verein, wie die Stiftung oder Anstalt ein Vermögen. Sie ist eine juristische Person, welche die Bestimmung hat, mit einem Verein ausgestattet zu sein. Ihr Verein kann unter Umständen weggefallen sein, die eine stillschweigende Auflösung ent- halten; soweit eine solche zulässig ist, ist die Frage alsdann durch diese erledigt. Ist ihr sonst der Verein abhandengekommen, so liegt darin ein Doppeltes. Einmal entbehrt sie dann der Einzelmenschen, um deren willen sie als juristische Person da sein soll; sie ist insofern in der gleichen Lage wie eine öffentliche Anstaltspersönlichkeit, die noch auf Geber und Stifter wartet (oben § 57, II n. 1). Sodann aber, das kommt hier noch dazu, ist sie in diesem Zustande unbrauchbar für das öffentliche Interesse, für den öffentlichen Zweck, dem sie dienen soll; denn im Gegensatz zur Anstalt oder Stiftung soll sie diesen gerade durch die Mitarbeit und die Leistungen von Mitgliedern, von Angehörigen erfüllen. Weder das eine, noch das andere aber macht sie von selbst untergehen, es kann nur einen Grund abgeben für die darüber gesetzte Obrigkeit, um ihre Endigung zu bewirken 18. Bei Aussichtslosigkeit der Sache wird sie schließen. Das kann ausdrück- lich geschehen oder auch stillschweigend durch Maßregeln, die er- griffen werden, um das Unternehmen zu liquidieren, das Vermögen auseinanderzusetzen oder anderweit darüber zu verfügen. Sie muß aber auch zuwarten können, ob der Mangel durch Eintritt neuer Mit- glieder sich wieder heben möge. Zu diesem Zwecke wird sie nötigen- falls eingreifen, um die Bestände beisammenzuhalten, die einstweilige Fortführung des Unternehmens zu sichern; die Aufsichtsgewalt giebt ihr die Rechte dazu. Bildet sich der Verein wieder, so gilt die Ge- nossenschaft als nicht unterbrochen. Greift der Staat nicht ein, wo es zur Erhaltung dieser Möglichkeit notwendig wäre, so liegt darin der Schließungswille 19. 17 Vgl. oben Note 3. Daß man statt eines Vereins auch das bekannte Eine Mitglied genügen läßt, um den Fortbestand der juristischen Person zu sichern, ist nicht folgerichtig; Pfeifer, Jur. Pers. S. 113. 18 Daß hier besondere Rücksichten hereinragen, ist schon bei Savigny, System II S. 280, angedeutet: auch nach Verlust aller Mitglieder besteht die Korporation dann fort, „wenn ihr ein dauernder Zweck von öffentlichem Interesse zu Grunde liegt“. Ähnlich Böhlau, Rechtssatz und Personenrolle S. 40. 19 Gierke, Gen.R. III S. 350, 497 ff., 745; ders., Gen.Theorie S. 834 ff. Nach Gierke würde eine Genossenschaftsperson, die ihren Verein verloren hat und deren der Staat sich annimmt, um die Sache einstweilen fortzuführen, in eine „reine Anstalt“ verwandelt. Stobbe, D. Pr.R. I § 54 Note 4, hält dem ent-

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/456>, abgerufen am 22.11.2024.