Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Das öffentliche Sachenrecht. einweisung habe. Sie hat diese Wirkung aber auch ohne solcheausdrückliche Erklärung. Das Gesetz kann einen besonderen be- hördlichen Ausspruch der Besitzeinweisung verlangen; dann ist die Wirkung bedingt durch die Erfüllung dieser Form17. Umgekehrt kann diese Wirkung der Enteignung auch vorweg ge- nommen werden durch eine vorläufige Besitzeinweisung (unten n. 2); dann ist dieses Selbsthülferecht für sich allein be- gründet, vor vollendeter Enteignung und ohne Eigentumsübergang. Die Selbsthülfe geschieht durch thatsächliche Besitzergreifung von Gewaltsame Verhinderung der Besitzergreifung ist rechtswidrig; 17 Preuß. Enteignungsges. § 32 Abs. 2: "Die Enteignungserklärung schließt, sofern nichts anders dabei vorbehalten wird, die Einweisung in den Besitz in sich." Das Bayr. Ausf.Ges. zur C.Pr.O. Art. 51 bezeichnet umgekehrt mit dem Ausdruck "Einweisung in den Besitz" zugleich die Enteignungserklärung, aus der sie folgt; Hartmann, Ges. über die Zwangsabtretung S. 80 Anm. 4. Das Franz. Ges. v. 1841 Art. 41 läßt den Richterkommissär, der das Entschädigungsverfahren leitet, am Schlusse den envoi en possession aussprechen und damit wird die Besitz- ergreifung zulässig (de Lalleau, traite de l'expropr. I n. 628). -- G. Meyer, R. der Expropr. S. 240, erklärt sich gegen solche "analoge Anwendung der missio in possessionem", da selbst, wo der Staat als Unternehmer auftritt, der Grundsatz maßgebend sei, "daß derselbe in vermögensrechtlicher Beziehung als Privatperson betrachtet wird". Das öffentliche Unternehmen ist aber eben nicht so schlechthin bloß eine vermögensrechtliche Beziehung. Es handelt sich bei jenen Bestim- mungen über Besitzeinweisung durchaus nicht um privilegia fisci. 18 O.Tr. 20. Jan. 1865 (Str. 58 S. 102) läßt eine Besitzstörungsklage gegen den Unternehmer deshalb zu, weil bei seiner Besitzergreifung die Bedingungen der Wirksamkeit der Enteignung noch nicht erfüllt waren. Andernfalls wäre also die Selbsthülfe zulässig gewesen. Vgl. auch O.Tr. 23. Mai 1873 (Str. 90 S. 197). 19 F. Seydel, Preuß. Enteignungsges. S. 107. Die zur Anwendung der
polizeilichen Zwangsmittel berufene allgemeine Polizeibehörde ist hier zugleich die Das öffentliche Sachenrecht. einweisung habe. Sie hat diese Wirkung aber auch ohne solcheausdrückliche Erklärung. Das Gesetz kann einen besonderen be- hördlichen Ausspruch der Besitzeinweisung verlangen; dann ist die Wirkung bedingt durch die Erfüllung dieser Form17. Umgekehrt kann diese Wirkung der Enteignung auch vorweg ge- nommen werden durch eine vorläufige Besitzeinweisung (unten n. 2); dann ist dieses Selbsthülferecht für sich allein be- gründet, vor vollendeter Enteignung und ohne Eigentumsübergang. Die Selbsthülfe geschieht durch thatsächliche Besitzergreifung von Gewaltsame Verhinderung der Besitzergreifung ist rechtswidrig; 17 Preuß. Enteignungsges. § 32 Abs. 2: „Die Enteignungserklärung schließt, sofern nichts anders dabei vorbehalten wird, die Einweisung in den Besitz in sich.“ Das Bayr. Ausf.Ges. zur C.Pr.O. Art. 51 bezeichnet umgekehrt mit dem Ausdruck „Einweisung in den Besitz“ zugleich die Enteignungserklärung, aus der sie folgt; Hartmann, Ges. über die Zwangsabtretung S. 80 Anm. 4. Das Franz. Ges. v. 1841 Art. 41 läßt den Richterkommissär, der das Entschädigungsverfahren leitet, am Schlusse den envoi en possession aussprechen und damit wird die Besitz- ergreifung zulässig (de Lalleau, traité de l’expropr. I n. 628). — G. Meyer, R. der Expropr. S. 240, erklärt sich gegen solche „analoge Anwendung der missio in possessionem“, da selbst, wo der Staat als Unternehmer auftritt, der Grundsatz maßgebend sei, „daß derselbe in vermögensrechtlicher Beziehung als Privatperson betrachtet wird“. Das öffentliche Unternehmen ist aber eben nicht so schlechthin bloß eine vermögensrechtliche Beziehung. Es handelt sich bei jenen Bestim- mungen über Besitzeinweisung durchaus nicht um privilegia fisci. 18 O.Tr. 20. Jan. 1865 (Str. 58 S. 102) läßt eine Besitzstörungsklage gegen den Unternehmer deshalb zu, weil bei seiner Besitzergreifung die Bedingungen der Wirksamkeit der Enteignung noch nicht erfüllt waren. Andernfalls wäre also die Selbsthülfe zulässig gewesen. Vgl. auch O.Tr. 23. Mai 1873 (Str. 90 S. 197). 19 F. Seydel, Preuß. Enteignungsges. S. 107. Die zur Anwendung der
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Das öffentliche Sachenrecht.
einweisung habe. Sie hat diese Wirkung aber auch ohne solche
ausdrückliche Erklärung. Das Gesetz kann einen besonderen be-
hördlichen Ausspruch der Besitzeinweisung verlangen;
dann ist die Wirkung bedingt durch die Erfüllung dieser Form 17.
Umgekehrt kann diese Wirkung der Enteignung auch vorweg ge-
nommen werden durch eine vorläufige Besitzeinweisung
(unten n. 2); dann ist dieses Selbsthülferecht für sich allein be-
gründet, vor vollendeter Enteignung und ohne Eigentumsübergang.
Die Selbsthülfe geschieht durch thatsächliche Besitzergreifung von
dem Gegenstand der Enteignung. Eine Besitzstörungsklage steht dem
Enteigneten dagegen nicht zu und ebensowenig einem Dritten, der
nichtberücksichtigte Rechte an der Sache behauptet: die Enteignung,
wie die selbständige Besitzeinweisung wirken allgemein, ursprünglich,
gegen jedermann 18.
Gewaltsame Verhinderung der Besitzergreifung ist rechtswidrig;
Angriffe auf den Besitzergreifenden werden mit rechtmäßiger Selbst-
verteidigung abgewiesen. Etwa notwendige Gewaltmaßregeln gegen
Personen und Sachen zur Erlangung und Verteidigung des Besitzes
geschehen in den Formen des Polizeizwangs: die Vorenthaltung
des für das Unternehmen erforderlichen und rechtmäßig ihm zu-
kommenden Grundstückes ist eine Störung der eignen Thätigkeit der
öffentlichen Verwaltung (Bd. I § 24, I n. 1); die ordentliche Polizei-
behörde leiht die Zwangsmittel 19.
17 Preuß. Enteignungsges. § 32 Abs. 2: „Die Enteignungserklärung schließt,
sofern nichts anders dabei vorbehalten wird, die Einweisung in den Besitz in sich.“
Das Bayr. Ausf.Ges. zur C.Pr.O. Art. 51 bezeichnet umgekehrt mit dem Ausdruck
„Einweisung in den Besitz“ zugleich die Enteignungserklärung, aus der sie folgt;
Hartmann, Ges. über die Zwangsabtretung S. 80 Anm. 4. Das Franz. Ges. v.
1841 Art. 41 läßt den Richterkommissär, der das Entschädigungsverfahren leitet,
am Schlusse den envoi en possession aussprechen und damit wird die Besitz-
ergreifung zulässig (de Lalleau, traité de l’expropr. I n. 628). — G. Meyer,
R. der Expropr. S. 240, erklärt sich gegen solche „analoge Anwendung der missio
in possessionem“, da selbst, wo der Staat als Unternehmer auftritt, der Grundsatz
maßgebend sei, „daß derselbe in vermögensrechtlicher Beziehung als Privatperson
betrachtet wird“. Das öffentliche Unternehmen ist aber eben nicht so schlechthin
bloß eine vermögensrechtliche Beziehung. Es handelt sich bei jenen Bestim-
mungen über Besitzeinweisung durchaus nicht um privilegia fisci.
18 O.Tr. 20. Jan. 1865 (Str. 58 S. 102) läßt eine Besitzstörungsklage gegen
den Unternehmer deshalb zu, weil bei seiner Besitzergreifung die Bedingungen der
Wirksamkeit der Enteignung noch nicht erfüllt waren. Andernfalls wäre also die
Selbsthülfe zulässig gewesen. Vgl. auch O.Tr. 23. Mai 1873 (Str. 90 S. 197).
19 F. Seydel, Preuß. Enteignungsges. S. 107. Die zur Anwendung der
polizeilichen Zwangsmittel berufene allgemeine Polizeibehörde ist hier zugleich die
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