Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.Das öffentliche Sachenrecht. der Fall sein, wenn das Unternehmen, wegen dessen die Enteignungstattfand, nicht durchgeführt wird oder thatsächlich dieses Grundstückes doch nicht bedarf. Von selbst wird dadurch die Enteignung nicht rückgängig. Aber es können durch gesetzliche Bestimmung Mittel geschaffen werden, um ihre Wirkung zu Gunsten des Enteigneten wieder zu beseitigen45. Das geschieht in zwei Formen. Die eine ist die Gewährung eines einfachen gesetzlichen Daneben steht das Rückerwerbsrecht i. e. S., die Rück- 45 G. Meyer, R. der Expropr. S. 264, nimmt unter diesen Voraussetzungen ein selbstverständliches Rückerwerbsrecht an: "Dieses Rückforderungsrecht geht aus dem Expropriationsrecht selbst hervor und braucht daher nicht ausdrücklich durch die Partikulargesetzgebung festgestellt zu werden." Ähnlich Grünhut, Ent.R. S. 162 ff. Schelcher, Rechtswirkungen S. 176, giebt ein Rechtsinstitut der "staatlichen Wiederaufhebung der Enteignung", wonach der Staat dem Unter- nehmer, der das enteignete Grundstück nicht braucht, "kraft seines Hoheitsrechtes" das Eigentum wieder absprechen kann, um es dem Enteigneten, der es wieder zu haben wünscht, zurück zu übertragen. Auch das soll selbstverständlich sein und wird demgemäß für Sachsen ohne weiteres als geltendes Recht beansprucht (a. a. O. S. 180). Das sind aber doch alles höchstens gute Ideen de lege ferenda. 46 Beispiele solcher Vorkaufsrechte im Bad. Enteignungsges. v. 1835 § 80; Sächs. Enteignungsges. v. 1855 § 7; Preuß. Enteignungsges. v. 1874 § 57. G. Meyer, R. der Expropr. S. 269: "Es ist dies kein Recht, was unmittelbar aus den allgemeinen Grundsätzen der Expropriation folgt; dasselbe kann deshalb auch bloß dann als vorhanden angenommen werden, wenn die Partikulargesetzgebung es ausdrücklich zugesteht." 47 Thiel, Das Expropr.R. S. 61 ff., nennt das ein Recht der Reexpropria-
tion oder Wiederaneignung, Seydel, Bayr. St.R. III S. 642, ein Wiederenteig- nungsrecht. -- Es kommen hier vor allem in Betracht das Bayr. Enteignungsges. Art. XII Abs. 4 und das Franz. Ges v. 1841 Art. 62. Letzteres giebt eine um- fassendere Anwendung des bereits im Enteignungsges. v. 7. Juli 1833 ausgesprochenen Grundsatzes. Grünhut, Ent.R. S. 162 ff., behandelt diese ganze Lehre sehr aus- Das öffentliche Sachenrecht. der Fall sein, wenn das Unternehmen, wegen dessen die Enteignungstattfand, nicht durchgeführt wird oder thatsächlich dieses Grundstückes doch nicht bedarf. Von selbst wird dadurch die Enteignung nicht rückgängig. Aber es können durch gesetzliche Bestimmung Mittel geschaffen werden, um ihre Wirkung zu Gunsten des Enteigneten wieder zu beseitigen45. Das geschieht in zwei Formen. Die eine ist die Gewährung eines einfachen gesetzlichen Daneben steht das Rückerwerbsrecht i. e. S., die Rück- 45 G. Meyer, R. der Expropr. S. 264, nimmt unter diesen Voraussetzungen ein selbstverständliches Rückerwerbsrecht an: „Dieses Rückforderungsrecht geht aus dem Expropriationsrecht selbst hervor und braucht daher nicht ausdrücklich durch die Partikulargesetzgebung festgestellt zu werden.“ Ähnlich Grünhut, Ent.R. S. 162 ff. Schelcher, Rechtswirkungen S. 176, giebt ein Rechtsinstitut der „staatlichen Wiederaufhebung der Enteignung“, wonach der Staat dem Unter- nehmer, der das enteignete Grundstück nicht braucht, „kraft seines Hoheitsrechtes“ das Eigentum wieder absprechen kann, um es dem Enteigneten, der es wieder zu haben wünscht, zurück zu übertragen. Auch das soll selbstverständlich sein und wird demgemäß für Sachsen ohne weiteres als geltendes Recht beansprucht (a. a. O. S. 180). Das sind aber doch alles höchstens gute Ideen de lege ferenda. 46 Beispiele solcher Vorkaufsrechte im Bad. Enteignungsges. v. 1835 § 80; Sächs. Enteignungsges. v. 1855 § 7; Preuß. Enteignungsges. v. 1874 § 57. G. Meyer, R. der Expropr. S. 269: „Es ist dies kein Recht, was unmittelbar aus den allgemeinen Grundsätzen der Expropriation folgt; dasselbe kann deshalb auch bloß dann als vorhanden angenommen werden, wenn die Partikulargesetzgebung es ausdrücklich zugesteht.“ 47 Thiel, Das Expropr.R. S. 61 ff., nennt das ein Recht der Reexpropria-
tion oder Wiederaneignung, Seydel, Bayr. St.R. III S. 642, ein Wiederenteig- nungsrecht. — Es kommen hier vor allem in Betracht das Bayr. Enteignungsges. Art. XII Abs. 4 und das Franz. Ges v. 1841 Art. 62. Letzteres giebt eine um- fassendere Anwendung des bereits im Enteignungsges. v. 7. Juli 1833 ausgesprochenen Grundsatzes. Grünhut, Ent.R. S. 162 ff., behandelt diese ganze Lehre sehr aus- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0070" n="58"/><fw place="top" type="header">Das öffentliche Sachenrecht.</fw><lb/> der Fall sein, wenn das Unternehmen, wegen dessen die Enteignung<lb/> stattfand, nicht durchgeführt wird oder thatsächlich dieses Grundstückes<lb/> doch nicht bedarf. Von selbst wird dadurch die Enteignung nicht<lb/> rückgängig. Aber es können durch gesetzliche Bestimmung Mittel<lb/> geschaffen werden, um ihre Wirkung zu Gunsten des Enteigneten wieder<lb/> zu beseitigen<note place="foot" n="45">G. <hi rendition="#g">Meyer,</hi> R. der Expropr. S. 264, nimmt unter diesen Voraussetzungen<lb/> ein selbstverständliches Rückerwerbsrecht an: „Dieses Rückforderungsrecht geht<lb/> aus dem Expropriationsrecht selbst hervor und braucht daher nicht ausdrücklich<lb/> durch die Partikulargesetzgebung festgestellt zu werden.“ Ähnlich <hi rendition="#g">Grünhut,</hi><lb/> Ent.R. S. 162 ff. <hi rendition="#g">Schelcher,</hi> Rechtswirkungen S. 176, giebt ein Rechtsinstitut<lb/> der „staatlichen Wiederaufhebung der Enteignung“, wonach der Staat dem Unter-<lb/> nehmer, der das enteignete Grundstück nicht braucht, „kraft seines Hoheitsrechtes“<lb/> das Eigentum wieder absprechen kann, um es dem Enteigneten, der es wieder zu<lb/> haben wünscht, zurück zu übertragen. Auch das soll selbstverständlich sein und<lb/> wird demgemäß für Sachsen ohne weiteres als geltendes Recht beansprucht<lb/> (a. a. O. S. 180). Das sind aber doch alles höchstens gute Ideen de lege ferenda.</note>. Das geschieht in zwei Formen.</p><lb/> <p>Die eine ist die Gewährung eines einfachen <hi rendition="#g">gesetzlichen<lb/> Vorkaufsrechtes</hi>. Voraussetzung ist, daß der Unternehmer, der<lb/> des Grundstückes nicht bedarf, dazu übergeht, es zu veräußern, also<lb/> einen civilrechtlichen Verkauf darüber abzuschließen. Da kann dann<lb/> der frühere Eigentümer oder, wer an seine Stelle getreten ist als<lb/> Erbe oder Einzelrechtsnachfolger in das Eigentum des Restgrundstückes,<lb/> von welchem ein Stück wegenteignet worden war, in den Vertrag als<lb/> Käufer eintreten. Das richtet sich ganz nach den Regeln sonstiger<lb/> civilrechtlicher Vorkaufsrechte. Die stattgehabte Enteignung selbst<lb/> wird nicht mehr davon berührt, sie bildet nur eine thatsächliche Vor-<lb/> aussetzung für die Anwendbarkeit des Vorkaufsanspruches<note place="foot" n="46">Beispiele solcher Vorkaufsrechte im Bad. Enteignungsges. v. 1835 § 80;<lb/> Sächs. Enteignungsges. v. 1855 § 7; Preuß. Enteignungsges. v. 1874 § 57.<lb/> G. <hi rendition="#g">Meyer,</hi> R. der Expropr. S. 269: „Es ist dies kein Recht, was unmittelbar aus<lb/> den allgemeinen Grundsätzen der Expropriation folgt; dasselbe kann deshalb auch<lb/> bloß dann als vorhanden angenommen werden, wenn die Partikulargesetzgebung<lb/> es ausdrücklich zugesteht.“</note>.</p><lb/> <p>Daneben steht das Rückerwerbsrecht i. e. S., die <hi rendition="#g">Rück-<lb/> enteignung</hi>. Es bedeutet ein Recht, die Wiederaufhebung der Ent-<lb/> eignung zu bewirken, gehört also dem Kreise dieses Rechtsinstitutes<lb/> an und steht mit ihm ganz auf öffentlichrechtlichem Boden<note xml:id="seg2pn_19_1" next="#seg2pn_19_2" place="foot" n="47"><hi rendition="#g">Thiel,</hi> Das Expropr.R. S. 61 ff., nennt das ein Recht der Reexpropria-<lb/> tion oder Wiederaneignung, <hi rendition="#g">Seydel,</hi> Bayr. St.R. III S. 642, ein Wiederenteig-<lb/> nungsrecht. — Es kommen hier vor allem in Betracht das Bayr. Enteignungsges.<lb/> Art. XII Abs. 4 und das Franz. Ges v. 1841 Art. 62. Letzteres giebt eine um-<lb/> fassendere Anwendung des bereits im Enteignungsges. v. 7. Juli 1833 ausgesprochenen<lb/> Grundsatzes. <hi rendition="#g">Grünhut,</hi> Ent.R. S. 162 ff., behandelt diese ganze Lehre sehr aus-</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0070]
Das öffentliche Sachenrecht.
der Fall sein, wenn das Unternehmen, wegen dessen die Enteignung
stattfand, nicht durchgeführt wird oder thatsächlich dieses Grundstückes
doch nicht bedarf. Von selbst wird dadurch die Enteignung nicht
rückgängig. Aber es können durch gesetzliche Bestimmung Mittel
geschaffen werden, um ihre Wirkung zu Gunsten des Enteigneten wieder
zu beseitigen 45. Das geschieht in zwei Formen.
Die eine ist die Gewährung eines einfachen gesetzlichen
Vorkaufsrechtes. Voraussetzung ist, daß der Unternehmer, der
des Grundstückes nicht bedarf, dazu übergeht, es zu veräußern, also
einen civilrechtlichen Verkauf darüber abzuschließen. Da kann dann
der frühere Eigentümer oder, wer an seine Stelle getreten ist als
Erbe oder Einzelrechtsnachfolger in das Eigentum des Restgrundstückes,
von welchem ein Stück wegenteignet worden war, in den Vertrag als
Käufer eintreten. Das richtet sich ganz nach den Regeln sonstiger
civilrechtlicher Vorkaufsrechte. Die stattgehabte Enteignung selbst
wird nicht mehr davon berührt, sie bildet nur eine thatsächliche Vor-
aussetzung für die Anwendbarkeit des Vorkaufsanspruches 46.
Daneben steht das Rückerwerbsrecht i. e. S., die Rück-
enteignung. Es bedeutet ein Recht, die Wiederaufhebung der Ent-
eignung zu bewirken, gehört also dem Kreise dieses Rechtsinstitutes
an und steht mit ihm ganz auf öffentlichrechtlichem Boden 47.
45 G. Meyer, R. der Expropr. S. 264, nimmt unter diesen Voraussetzungen
ein selbstverständliches Rückerwerbsrecht an: „Dieses Rückforderungsrecht geht
aus dem Expropriationsrecht selbst hervor und braucht daher nicht ausdrücklich
durch die Partikulargesetzgebung festgestellt zu werden.“ Ähnlich Grünhut,
Ent.R. S. 162 ff. Schelcher, Rechtswirkungen S. 176, giebt ein Rechtsinstitut
der „staatlichen Wiederaufhebung der Enteignung“, wonach der Staat dem Unter-
nehmer, der das enteignete Grundstück nicht braucht, „kraft seines Hoheitsrechtes“
das Eigentum wieder absprechen kann, um es dem Enteigneten, der es wieder zu
haben wünscht, zurück zu übertragen. Auch das soll selbstverständlich sein und
wird demgemäß für Sachsen ohne weiteres als geltendes Recht beansprucht
(a. a. O. S. 180). Das sind aber doch alles höchstens gute Ideen de lege ferenda.
46 Beispiele solcher Vorkaufsrechte im Bad. Enteignungsges. v. 1835 § 80;
Sächs. Enteignungsges. v. 1855 § 7; Preuß. Enteignungsges. v. 1874 § 57.
G. Meyer, R. der Expropr. S. 269: „Es ist dies kein Recht, was unmittelbar aus
den allgemeinen Grundsätzen der Expropriation folgt; dasselbe kann deshalb auch
bloß dann als vorhanden angenommen werden, wenn die Partikulargesetzgebung
es ausdrücklich zugesteht.“
47 Thiel, Das Expropr.R. S. 61 ff., nennt das ein Recht der Reexpropria-
tion oder Wiederaneignung, Seydel, Bayr. St.R. III S. 642, ein Wiederenteig-
nungsrecht. — Es kommen hier vor allem in Betracht das Bayr. Enteignungsges.
Art. XII Abs. 4 und das Franz. Ges v. 1841 Art. 62. Letzteres giebt eine um-
fassendere Anwendung des bereits im Enteignungsges. v. 7. Juli 1833 ausgesprochenen
Grundsatzes. Grünhut, Ent.R. S. 162 ff., behandelt diese ganze Lehre sehr aus-
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