So leuchtet auch aus der scheinbar zufälligen Anhäufung von Stoff schließlich doch wieder die innere Einheit des Rechtsinstituts hervor und sein großer Zusammenhang mit dem Ganzen des Ver- waltungsrechts. --
Die einzelnen Anwendungsfälle des Begriffs der öffentlichen Sache gliedern sich übersichtlich in folgenden Gruppen.
1. An der Spitze stehen nach allgemeiner Auffassung diejenigen Sachen, welche bestimmt sind, dem Gemeingebrauch, dem usus publicus, zu dienen. Wir sehen dies ja sogar dahin übertrieben, daß der Gemeingebrauch als wesentliches Begriffsmerkmal alles öffentlichen Eigenthums bezeichnet wird, wenn man ihn nicht etwa geradezu zum eigentlichen Herrn dieser Sachen macht21.
In Wahrheit ist er nur die unverkennbarste Art der Bekundung, daß die Sache durch ihre Beschaffenheit geeignet ist, eine öffentliche Sache in dem festgestellten Begriffe zu sein. Der Eigentümer hat nichts zu thun, als sie dem Gemeingebrauch offen zu halten; dann dient sie diesem und damit dem öffentlichen Interesse von selbst, er aber übt durch sie unmittelbar die öffentliche Verwaltung, zu welcher er berufen ist22.
Wege, Plätze, Brücken, öffentliche Anlagen, öffentliche Flüsse, Schiffahrtskanäle bilden demgemäß die Hauptfälle des öffentlichen Eigentums.
2. Die selbständige Bedeutung der Sache für die öffentlichen Interessen kann aber auch dann noch genügend in den Vordergrund treten, wenn eine amtliche Thätigkeit dazwischen kommt, um ihre Leistung jedesmal zugänglich zu machen und zu vermitteln. Die Grenze wird da allerdings im voraus schwerer zu ziehen sein. Der eigentliche usus publicus ist jedenfalls bei dieser Art der Leistung nicht mehr gegeben.
Solche vermittelnde Thätigkeit erscheint in geringem Maße schon bei den oben erwähnten Schiffahrtskanälen, insofern die Schleusen- bedienung sie erst benutzbar macht. Das thut der Natur der öffentlichen Sache noch keinen Eintrag. Auch der usus publicus ist hier doch nur stellenweise unterbrochen.
Aber auch der Bahnkörper der Eisenbahn wird zum öffent-
die Anschwemmungen des Meeres. Die Wissenschaft und Rechtsprechung läßt das als eine "confusion" des Gesetzgebers einfach nicht gelten und behandelt diese Sachen als civilrechtliches Eigentum des Staates; Demolombe, cours de code Nap. IX n. 458; Theorie des Franz. V.R. S. 227.
21 Vgl. oben Note 4 u. 8.
22 Vgl. die ausführliche Lehre vom Gemeingebrauch unten § 37.
Das öffentliche Sachenrecht.
So leuchtet auch aus der scheinbar zufälligen Anhäufung von Stoff schließlich doch wieder die innere Einheit des Rechtsinstituts hervor und sein großer Zusammenhang mit dem Ganzen des Ver- waltungsrechts. —
Die einzelnen Anwendungsfälle des Begriffs der öffentlichen Sache gliedern sich übersichtlich in folgenden Gruppen.
1. An der Spitze stehen nach allgemeiner Auffassung diejenigen Sachen, welche bestimmt sind, dem Gemeingebrauch, dem usus publicus, zu dienen. Wir sehen dies ja sogar dahin übertrieben, daß der Gemeingebrauch als wesentliches Begriffsmerkmal alles öffentlichen Eigenthums bezeichnet wird, wenn man ihn nicht etwa geradezu zum eigentlichen Herrn dieser Sachen macht21.
In Wahrheit ist er nur die unverkennbarste Art der Bekundung, daß die Sache durch ihre Beschaffenheit geeignet ist, eine öffentliche Sache in dem festgestellten Begriffe zu sein. Der Eigentümer hat nichts zu thun, als sie dem Gemeingebrauch offen zu halten; dann dient sie diesem und damit dem öffentlichen Interesse von selbst, er aber übt durch sie unmittelbar die öffentliche Verwaltung, zu welcher er berufen ist22.
Wege, Plätze, Brücken, öffentliche Anlagen, öffentliche Flüsse, Schiffahrtskanäle bilden demgemäß die Hauptfälle des öffentlichen Eigentums.
2. Die selbständige Bedeutung der Sache für die öffentlichen Interessen kann aber auch dann noch genügend in den Vordergrund treten, wenn eine amtliche Thätigkeit dazwischen kommt, um ihre Leistung jedesmal zugänglich zu machen und zu vermitteln. Die Grenze wird da allerdings im voraus schwerer zu ziehen sein. Der eigentliche usus publicus ist jedenfalls bei dieser Art der Leistung nicht mehr gegeben.
Solche vermittelnde Thätigkeit erscheint in geringem Maße schon bei den oben erwähnten Schiffahrtskanälen, insofern die Schleusen- bedienung sie erst benutzbar macht. Das thut der Natur der öffentlichen Sache noch keinen Eintrag. Auch der usus publicus ist hier doch nur stellenweise unterbrochen.
Aber auch der Bahnkörper der Eisenbahn wird zum öffent-
die Anschwemmungen des Meeres. Die Wissenschaft und Rechtsprechung läßt das als eine „confusion“ des Gesetzgebers einfach nicht gelten und behandelt diese Sachen als civilrechtliches Eigentum des Staates; Demolombe, cours de code Nap. IX n. 458; Theorie des Franz. V.R. S. 227.
21 Vgl. oben Note 4 u. 8.
22 Vgl. die ausführliche Lehre vom Gemeingebrauch unten § 37.
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Das öffentliche Sachenrecht.
So leuchtet auch aus der scheinbar zufälligen Anhäufung von
Stoff schließlich doch wieder die innere Einheit des Rechtsinstituts
hervor und sein großer Zusammenhang mit dem Ganzen des Ver-
waltungsrechts. —
Die einzelnen Anwendungsfälle des Begriffs der öffentlichen Sache
gliedern sich übersichtlich in folgenden Gruppen.
1. An der Spitze stehen nach allgemeiner Auffassung diejenigen
Sachen, welche bestimmt sind, dem Gemeingebrauch, dem usus
publicus, zu dienen. Wir sehen dies ja sogar dahin übertrieben, daß
der Gemeingebrauch als wesentliches Begriffsmerkmal alles öffentlichen
Eigenthums bezeichnet wird, wenn man ihn nicht etwa geradezu zum
eigentlichen Herrn dieser Sachen macht 21.
In Wahrheit ist er nur die unverkennbarste Art der Bekundung,
daß die Sache durch ihre Beschaffenheit geeignet ist, eine öffentliche
Sache in dem festgestellten Begriffe zu sein. Der Eigentümer hat
nichts zu thun, als sie dem Gemeingebrauch offen zu halten; dann
dient sie diesem und damit dem öffentlichen Interesse von selbst, er
aber übt durch sie unmittelbar die öffentliche Verwaltung, zu welcher
er berufen ist 22.
Wege, Plätze, Brücken, öffentliche Anlagen, öffentliche Flüsse,
Schiffahrtskanäle bilden demgemäß die Hauptfälle des öffentlichen
Eigentums.
2. Die selbständige Bedeutung der Sache für die öffentlichen
Interessen kann aber auch dann noch genügend in den Vordergrund
treten, wenn eine amtliche Thätigkeit dazwischen kommt, um
ihre Leistung jedesmal zugänglich zu machen und zu vermitteln. Die
Grenze wird da allerdings im voraus schwerer zu ziehen sein. Der
eigentliche usus publicus ist jedenfalls bei dieser Art der Leistung
nicht mehr gegeben.
Solche vermittelnde Thätigkeit erscheint in geringem Maße schon
bei den oben erwähnten Schiffahrtskanälen, insofern die Schleusen-
bedienung sie erst benutzbar macht. Das thut der Natur der
öffentlichen Sache noch keinen Eintrag. Auch der usus publicus ist hier
doch nur stellenweise unterbrochen.
Aber auch der Bahnkörper der Eisenbahn wird zum öffent-
20
21 Vgl. oben Note 4 u. 8.
22 Vgl. die ausführliche Lehre vom Gemeingebrauch unten § 37.
20 die Anschwemmungen des Meeres. Die Wissenschaft und Rechtsprechung läßt
das als eine „confusion“ des Gesetzgebers einfach nicht gelten und behandelt diese
Sachen als civilrechtliches Eigentum des Staates; Demolombe, cours de code
Nap. IX n. 458; Theorie des Franz. V.R. S. 227.
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/88>, abgerufen am 16.02.2025.
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