Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.§ 36. Die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums. § 36. Fortsetzung; die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums. In Gemäßheit des aufgestellten Begriffs des öffentlichen Eigen- I. Die Entstehung des öffentlichen Eigentums, d. h. der Be- 1. Die eine Voraussetzung ist, daß eine öffentliche Sache Dazu ist erforderlich, daß die Sache selbst die entsprechende Zu dieser Indienststellung genügt also nicht eine darauf gerichtete Andererseits ist aber auch die volle Geeignetheit der Sache und 1 In diesem Sinne O.Tr. 12. Nov. 1867 (Str. 69, S. 73): die Bestimmung zum Gottesdienste macht das Gebäude nicht zur res sacra, es muß auch die thatsäch- liche Verwendung hinzutreten. 2 O.V.G. 20. Febr. 1889 (Samml. XVIII, S. 321): ein Weg wird nicht öffent-
lich lediglich durch die Thatsache seiner Unentbehrlichkeit und seiner allgemeinen § 36. Die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums. § 36. Fortsetzung; die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums. In Gemäßheit des aufgestellten Begriffs des öffentlichen Eigen- I. Die Entstehung des öffentlichen Eigentums, d. h. der Be- 1. Die eine Voraussetzung ist, daß eine öffentliche Sache Dazu ist erforderlich, daß die Sache selbst die entsprechende Zu dieser Indienststellung genügt also nicht eine darauf gerichtete Andererseits ist aber auch die volle Geeignetheit der Sache und 1 In diesem Sinne O.Tr. 12. Nov. 1867 (Str. 69, S. 73): die Bestimmung zum Gottesdienste macht das Gebäude nicht zur res sacra, es muß auch die thatsäch- liche Verwendung hinzutreten. 2 O.V.G. 20. Febr. 1889 (Samml. XVIII, S. 321): ein Weg wird nicht öffent-
lich lediglich durch die Thatsache seiner Unentbehrlichkeit und seiner allgemeinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0097" n="85"/> <fw place="top" type="header">§ 36. Die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums.</fw><lb/> <div n="4"> <head>§ 36.<lb/><hi rendition="#b">Fortsetzung; die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums.</hi></head><lb/> <p>In Gemäßheit des aufgestellten Begriffs des öffentlichen Eigen-<lb/> tums entfaltet sich nun die Rechtsordnung, die es umgiebt, im einzelnen.<lb/> Anfang und Ende seiner Wirksamkeit und worin diese selbst sich<lb/> äußert, ist danach zu bestimmen.</p><lb/> <p>I. Die <hi rendition="#g">Entstehung</hi> des öffentlichen Eigentums, d. h. der Be-<lb/> ginn des rechtlichen Zustandes, den wir so nennen, tritt ein mit dem<lb/> Augenblick, in welchem seine begriffsgemäßen Voraussetzungen erfüllt<lb/> sind: Eigentum und öffentliche Verwaltung durch die damit beherrschte<lb/> Sache müssen zusammentreffen.</p><lb/> <p>1. Die eine Voraussetzung ist, daß eine <hi rendition="#g">öffentliche Sache</hi><lb/> vorliege, eine Sache, durch welche das Rechtssubjekt, dem sie zugehört,<lb/> öffentliche Verwaltung führt, einen bestimmten öffentlichen Zweck un-<lb/> mittelbar verwirklicht.</p><lb/> <p>Dazu ist erforderlich, daß die Sache selbst die entsprechende<lb/> äußerliche <hi rendition="#g">Beschaffenheit</hi> habe, von Natur oder durch Bearbeitung,<lb/> und sodann, daß ihr Herr sie thatsächlich für diesen Zweck <hi rendition="#g">verwende</hi>.<lb/> Der Zeitpunkt der Entstehung der öffentlichen Sache ist da, wo diese<lb/><hi rendition="#g">Indienststellung</hi> der Sache erfolgt.</p><lb/> <p>Zu dieser Indienststellung genügt also nicht eine darauf gerichtete<lb/> Willenserklärung des Herrn der Sache. Das ist wirkungslos, wenn<lb/> die Sache thatsächlich noch nicht zu seiner Verfügung steht, er also<lb/> noch nicht Herr der Sache in diesem Sinne ist, und ebenso wenn sie<lb/> noch die nötige Beschaffenheit nicht hat, um ihren Dienst zu leisten;<lb/> es wäre unter diesen Umständen nur die Äußerung einer Absicht an-<lb/> zunehmen bezüglich dessen, was künftig geschehen soll<note place="foot" n="1">In diesem Sinne O.Tr. 12. Nov. 1867 (Str. 69, S. 73): die Bestimmung zum<lb/> Gottesdienste macht das Gebäude nicht zur res sacra, es muß auch die thatsäch-<lb/> liche Verwendung hinzutreten.</note>.</p><lb/> <p>Andererseits ist aber auch die volle Geeignetheit der Sache und<lb/> ihre thatsächliche Dienstleistung für den Zweck nicht genügend, selbst<lb/> dann nicht, wenn sie einem zu öffentlicher Verwaltung befähigten<lb/> Rechtssubjekte zugehört. Es muß <hi rendition="#g">mit dem Willen</hi> ihres Herrn<lb/> geschehen, daß sie dem öffentlichen Zwecke dient; nur dann trifft das<lb/> zu, was wir als das Wesen der öffentlichen Sache erkannt haben: daß<lb/> öffentliche Verwaltung durch sie geführt wird<note xml:id="seg2pn_27_1" next="#seg2pn_27_2" place="foot" n="2">O.V.G. 20. Febr. 1889 (Samml. XVIII, S. 321): ein Weg wird nicht öffent-<lb/> lich lediglich durch die Thatsache seiner Unentbehrlichkeit und seiner allgemeinen</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0097]
§ 36. Die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums.
§ 36.
Fortsetzung; die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums.
In Gemäßheit des aufgestellten Begriffs des öffentlichen Eigen-
tums entfaltet sich nun die Rechtsordnung, die es umgiebt, im einzelnen.
Anfang und Ende seiner Wirksamkeit und worin diese selbst sich
äußert, ist danach zu bestimmen.
I. Die Entstehung des öffentlichen Eigentums, d. h. der Be-
ginn des rechtlichen Zustandes, den wir so nennen, tritt ein mit dem
Augenblick, in welchem seine begriffsgemäßen Voraussetzungen erfüllt
sind: Eigentum und öffentliche Verwaltung durch die damit beherrschte
Sache müssen zusammentreffen.
1. Die eine Voraussetzung ist, daß eine öffentliche Sache
vorliege, eine Sache, durch welche das Rechtssubjekt, dem sie zugehört,
öffentliche Verwaltung führt, einen bestimmten öffentlichen Zweck un-
mittelbar verwirklicht.
Dazu ist erforderlich, daß die Sache selbst die entsprechende
äußerliche Beschaffenheit habe, von Natur oder durch Bearbeitung,
und sodann, daß ihr Herr sie thatsächlich für diesen Zweck verwende.
Der Zeitpunkt der Entstehung der öffentlichen Sache ist da, wo diese
Indienststellung der Sache erfolgt.
Zu dieser Indienststellung genügt also nicht eine darauf gerichtete
Willenserklärung des Herrn der Sache. Das ist wirkungslos, wenn
die Sache thatsächlich noch nicht zu seiner Verfügung steht, er also
noch nicht Herr der Sache in diesem Sinne ist, und ebenso wenn sie
noch die nötige Beschaffenheit nicht hat, um ihren Dienst zu leisten;
es wäre unter diesen Umständen nur die Äußerung einer Absicht an-
zunehmen bezüglich dessen, was künftig geschehen soll 1.
Andererseits ist aber auch die volle Geeignetheit der Sache und
ihre thatsächliche Dienstleistung für den Zweck nicht genügend, selbst
dann nicht, wenn sie einem zu öffentlicher Verwaltung befähigten
Rechtssubjekte zugehört. Es muß mit dem Willen ihres Herrn
geschehen, daß sie dem öffentlichen Zwecke dient; nur dann trifft das
zu, was wir als das Wesen der öffentlichen Sache erkannt haben: daß
öffentliche Verwaltung durch sie geführt wird 2.
1 In diesem Sinne O.Tr. 12. Nov. 1867 (Str. 69, S. 73): die Bestimmung zum
Gottesdienste macht das Gebäude nicht zur res sacra, es muß auch die thatsäch-
liche Verwendung hinzutreten.
2 O.V.G. 20. Febr. 1889 (Samml. XVIII, S. 321): ein Weg wird nicht öffent-
lich lediglich durch die Thatsache seiner Unentbehrlichkeit und seiner allgemeinen
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