der Amtshaubtmann es gestern Abend mit ihr gemacht, als sie kaum angekommen, und wäre er nunmehro auch zum erstenmale frisch mit der Sprache herfürgerückt, weil er gläube, sie in seiner Gewalt zu haben. Ja er wäre selbsten diese Nacht wieder ins Gefängnüß zu ihr kom¬ men und hätte ihr abermals die Unzucht angetragen, und wölle er sie schon frei machen, wenn sie seinen Wil¬ len thäte. Da sie ihn aber abgestoßen, habe er mit ihr gerungen, wobei sie ein laut Geschrei erhoben, und ihne an der Nasen gekratzet, wie annoch zu sehen wäre, wor¬ auf er sie verlassen. Darumb könne sie den Amtshaubt¬ mann nicht vor ihren Richter anerkennen, und hoffe zu Gott, daß er sie retten würd aus der Hand ihrer Feinde, wie weiland er die keusche Susanna gerettet. --
Als sie hierauf mit lautem Schluchzen schwiege, sprang Dn. Consul auf nachdem er den Amtshaubtmann, wie wir alle, nach der Nasen gesehen, und alldorten auch die Schramme befunden und rief wie verstürzet: Sprech Er, umb Gotteswillen, sprech Er, was muß ich von Sr. Ge¬ strengen hören? worauf der Amtshaubtmann, ohne sich zu verfärben, also zur Antwort gab: daß er zwar nicht nöthig habe vor Sr. Edlen zu sprechen, angesehen er das Oberhaupt vom Gericht wäre, und aus zahllosen in¬ diciis herfürgehe, daß Rea eine boshafte Hexe sei, und darumb kein Zeugnüß gegen ihn oder männiglich able¬ gen könne, daß er aber dennoch sprechen wölle umb dem Gericht keine Aergernüß zu geben. Alle Anschuldi¬ gungen so diese Person gegen ihn herfürgebracht wären
der Amtshaubtmann es geſtern Abend mit ihr gemacht, als ſie kaum angekommen, und wäre er nunmehro auch zum erſtenmale friſch mit der Sprache herfürgerückt, weil er gläube, ſie in ſeiner Gewalt zu haben. Ja er wäre ſelbſten dieſe Nacht wieder ins Gefängnüß zu ihr kom¬ men und hätte ihr abermals die Unzucht angetragen, und wölle er ſie ſchon frei machen, wenn ſie ſeinen Wil¬ len thäte. Da ſie ihn aber abgeſtoßen, habe er mit ihr gerungen, wobei ſie ein laut Geſchrei erhoben, und ihne an der Naſen gekratzet, wie annoch zu ſehen wäre, wor¬ auf er ſie verlaſſen. Darumb könne ſie den Amtshaubt¬ mann nicht vor ihren Richter anerkennen, und hoffe zu Gott, daß er ſie retten würd aus der Hand ihrer Feinde, wie weiland er die keuſche Suſanna gerettet. —
Als ſie hierauf mit lautem Schluchzen ſchwiege, ſprang Dn. Consul auf nachdem er den Amtshaubtmann, wie wir alle, nach der Naſen geſehen, und alldorten auch die Schramme befunden und rief wie verſtürzet: Sprech Er, umb Gotteswillen, ſprech Er, was muß ich von Sr. Ge¬ ſtrengen hören? worauf der Amtshaubtmann, ohne ſich zu verfärben, alſo zur Antwort gab: daß er zwar nicht nöthig habe vor Sr. Edlen zu ſprechen, angeſehen er das Oberhaupt vom Gericht wäre, und aus zahlloſen in¬ diciis herfürgehe, daß Rea eine boshafte Hexe ſei, und darumb kein Zeugnüß gegen ihn oder männiglich able¬ gen könne, daß er aber dennoch ſprechen wölle umb dem Gericht keine Aergernüß zu geben. Alle Anſchuldi¬ gungen ſo dieſe Perſon gegen ihn herfürgebracht wären
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0152"n="136"/>
der Amtshaubtmann es geſtern Abend mit ihr gemacht,<lb/>
als ſie kaum angekommen, und wäre er nunmehro auch<lb/>
zum erſtenmale friſch mit der Sprache herfürgerückt, weil<lb/>
er gläube, ſie in ſeiner Gewalt zu haben. Ja er wäre<lb/>ſelbſten dieſe Nacht wieder ins Gefängnüß zu ihr kom¬<lb/>
men und hätte ihr abermals die Unzucht angetragen,<lb/>
und wölle er ſie ſchon frei machen, wenn ſie ſeinen Wil¬<lb/>
len thäte. Da ſie ihn aber abgeſtoßen, habe er mit ihr<lb/>
gerungen, wobei ſie ein laut Geſchrei erhoben, und ihne<lb/>
an der Naſen gekratzet, wie annoch zu ſehen wäre, wor¬<lb/>
auf er ſie verlaſſen. Darumb könne ſie den Amtshaubt¬<lb/>
mann nicht vor ihren Richter anerkennen, und hoffe zu<lb/>
Gott, daß er ſie retten würd aus der Hand ihrer Feinde,<lb/>
wie weiland er die keuſche Suſanna gerettet. —</p><lb/><p>Als ſie hierauf mit lautem Schluchzen ſchwiege, ſprang<lb/><hirendition="#aq">Dn. Consul</hi> auf nachdem er den Amtshaubtmann, wie<lb/>
wir alle, nach der Naſen geſehen, und alldorten auch die<lb/>
Schramme befunden und rief wie verſtürzet: Sprech Er,<lb/>
umb Gotteswillen, ſprech Er, was muß ich von Sr. Ge¬<lb/>ſtrengen hören? worauf der Amtshaubtmann, ohne ſich<lb/>
zu verfärben, alſo zur Antwort gab: daß er zwar nicht<lb/>
nöthig habe vor Sr. Edlen zu ſprechen, angeſehen er das<lb/>
Oberhaupt vom Gericht wäre, und aus zahlloſen <hirendition="#aq">in¬<lb/>
diciis</hi> herfürgehe, daß <hirendition="#aq">Rea</hi> eine boshafte Hexe ſei, und<lb/>
darumb kein Zeugnüß gegen ihn oder männiglich able¬<lb/>
gen könne, daß er aber dennoch ſprechen wölle umb<lb/>
dem Gericht keine Aergernüß zu geben. Alle Anſchuldi¬<lb/>
gungen ſo dieſe Perſon gegen ihn herfürgebracht wären<lb/></p></div></body></text></TEI>
[136/0152]
der Amtshaubtmann es geſtern Abend mit ihr gemacht,
als ſie kaum angekommen, und wäre er nunmehro auch
zum erſtenmale friſch mit der Sprache herfürgerückt, weil
er gläube, ſie in ſeiner Gewalt zu haben. Ja er wäre
ſelbſten dieſe Nacht wieder ins Gefängnüß zu ihr kom¬
men und hätte ihr abermals die Unzucht angetragen,
und wölle er ſie ſchon frei machen, wenn ſie ſeinen Wil¬
len thäte. Da ſie ihn aber abgeſtoßen, habe er mit ihr
gerungen, wobei ſie ein laut Geſchrei erhoben, und ihne
an der Naſen gekratzet, wie annoch zu ſehen wäre, wor¬
auf er ſie verlaſſen. Darumb könne ſie den Amtshaubt¬
mann nicht vor ihren Richter anerkennen, und hoffe zu
Gott, daß er ſie retten würd aus der Hand ihrer Feinde,
wie weiland er die keuſche Suſanna gerettet. —
Als ſie hierauf mit lautem Schluchzen ſchwiege, ſprang
Dn. Consul auf nachdem er den Amtshaubtmann, wie
wir alle, nach der Naſen geſehen, und alldorten auch die
Schramme befunden und rief wie verſtürzet: Sprech Er,
umb Gotteswillen, ſprech Er, was muß ich von Sr. Ge¬
ſtrengen hören? worauf der Amtshaubtmann, ohne ſich
zu verfärben, alſo zur Antwort gab: daß er zwar nicht
nöthig habe vor Sr. Edlen zu ſprechen, angeſehen er das
Oberhaupt vom Gericht wäre, und aus zahlloſen in¬
diciis herfürgehe, daß Rea eine boshafte Hexe ſei, und
darumb kein Zeugnüß gegen ihn oder männiglich able¬
gen könne, daß er aber dennoch ſprechen wölle umb
dem Gericht keine Aergernüß zu geben. Alle Anſchuldi¬
gungen ſo dieſe Perſon gegen ihn herfürgebracht wären
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/152>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.