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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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der Amtshaubtmann es gestern Abend mit ihr gemacht,
als sie kaum angekommen, und wäre er nunmehro auch
zum erstenmale frisch mit der Sprache herfürgerückt, weil
er gläube, sie in seiner Gewalt zu haben. Ja er wäre
selbsten diese Nacht wieder ins Gefängnüß zu ihr kom¬
men und hätte ihr abermals die Unzucht angetragen,
und wölle er sie schon frei machen, wenn sie seinen Wil¬
len thäte. Da sie ihn aber abgestoßen, habe er mit ihr
gerungen, wobei sie ein laut Geschrei erhoben, und ihne
an der Nasen gekratzet, wie annoch zu sehen wäre, wor¬
auf er sie verlassen. Darumb könne sie den Amtshaubt¬
mann nicht vor ihren Richter anerkennen, und hoffe zu
Gott, daß er sie retten würd aus der Hand ihrer Feinde,
wie weiland er die keusche Susanna gerettet. --

Als sie hierauf mit lautem Schluchzen schwiege, sprang
Dn. Consul auf nachdem er den Amtshaubtmann, wie
wir alle, nach der Nasen gesehen, und alldorten auch die
Schramme befunden und rief wie verstürzet: Sprech Er,
umb Gotteswillen, sprech Er, was muß ich von Sr. Ge¬
strengen hören? worauf der Amtshaubtmann, ohne sich
zu verfärben, also zur Antwort gab: daß er zwar nicht
nöthig habe vor Sr. Edlen zu sprechen, angesehen er das
Oberhaupt vom Gericht wäre, und aus zahllosen in¬
diciis
herfürgehe, daß Rea eine boshafte Hexe sei, und
darumb kein Zeugnüß gegen ihn oder männiglich able¬
gen könne, daß er aber dennoch sprechen wölle umb
dem Gericht keine Aergernüß zu geben. Alle Anschuldi¬
gungen so diese Person gegen ihn herfürgebracht wären

der Amtshaubtmann es geſtern Abend mit ihr gemacht,
als ſie kaum angekommen, und wäre er nunmehro auch
zum erſtenmale friſch mit der Sprache herfürgerückt, weil
er gläube, ſie in ſeiner Gewalt zu haben. Ja er wäre
ſelbſten dieſe Nacht wieder ins Gefängnüß zu ihr kom¬
men und hätte ihr abermals die Unzucht angetragen,
und wölle er ſie ſchon frei machen, wenn ſie ſeinen Wil¬
len thäte. Da ſie ihn aber abgeſtoßen, habe er mit ihr
gerungen, wobei ſie ein laut Geſchrei erhoben, und ihne
an der Naſen gekratzet, wie annoch zu ſehen wäre, wor¬
auf er ſie verlaſſen. Darumb könne ſie den Amtshaubt¬
mann nicht vor ihren Richter anerkennen, und hoffe zu
Gott, daß er ſie retten würd aus der Hand ihrer Feinde,
wie weiland er die keuſche Suſanna gerettet. —

Als ſie hierauf mit lautem Schluchzen ſchwiege, ſprang
Dn. Consul auf nachdem er den Amtshaubtmann, wie
wir alle, nach der Naſen geſehen, und alldorten auch die
Schramme befunden und rief wie verſtürzet: Sprech Er,
umb Gotteswillen, ſprech Er, was muß ich von Sr. Ge¬
ſtrengen hören? worauf der Amtshaubtmann, ohne ſich
zu verfärben, alſo zur Antwort gab: daß er zwar nicht
nöthig habe vor Sr. Edlen zu ſprechen, angeſehen er das
Oberhaupt vom Gericht wäre, und aus zahlloſen in¬
diciis
herfürgehe, daß Rea eine boshafte Hexe ſei, und
darumb kein Zeugnüß gegen ihn oder männiglich able¬
gen könne, daß er aber dennoch ſprechen wölle umb
dem Gericht keine Aergernüß zu geben. Alle Anſchuldi¬
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[136/0152] der Amtshaubtmann es geſtern Abend mit ihr gemacht, als ſie kaum angekommen, und wäre er nunmehro auch zum erſtenmale friſch mit der Sprache herfürgerückt, weil er gläube, ſie in ſeiner Gewalt zu haben. Ja er wäre ſelbſten dieſe Nacht wieder ins Gefängnüß zu ihr kom¬ men und hätte ihr abermals die Unzucht angetragen, und wölle er ſie ſchon frei machen, wenn ſie ſeinen Wil¬ len thäte. Da ſie ihn aber abgeſtoßen, habe er mit ihr gerungen, wobei ſie ein laut Geſchrei erhoben, und ihne an der Naſen gekratzet, wie annoch zu ſehen wäre, wor¬ auf er ſie verlaſſen. Darumb könne ſie den Amtshaubt¬ mann nicht vor ihren Richter anerkennen, und hoffe zu Gott, daß er ſie retten würd aus der Hand ihrer Feinde, wie weiland er die keuſche Suſanna gerettet. — Als ſie hierauf mit lautem Schluchzen ſchwiege, ſprang Dn. Consul auf nachdem er den Amtshaubtmann, wie wir alle, nach der Naſen geſehen, und alldorten auch die Schramme befunden und rief wie verſtürzet: Sprech Er, umb Gotteswillen, ſprech Er, was muß ich von Sr. Ge¬ ſtrengen hören? worauf der Amtshaubtmann, ohne ſich zu verfärben, alſo zur Antwort gab: daß er zwar nicht nöthig habe vor Sr. Edlen zu ſprechen, angeſehen er das Oberhaupt vom Gericht wäre, und aus zahlloſen in¬ diciis herfürgehe, daß Rea eine boshafte Hexe ſei, und darumb kein Zeugnüß gegen ihn oder männiglich able¬ gen könne, daß er aber dennoch ſprechen wölle umb dem Gericht keine Aergernüß zu geben. Alle Anſchuldi¬ gungen ſo dieſe Perſon gegen ihn herfürgebracht wären

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/152>, abgerufen am 21.11.2024.