solches beschehen, wäre das leidige Vermahnen wieder losgangen, doch da mein Töchterlein wie ihr unschuldi¬ ger Heiland für seinen ungerechten Richtern kein einzig Wörtlein Antwort geben, wäre Dn. Consul aufgestan¬ den und hätte dem langen Büttel Befehl gegeben sie nunmehro auf die Marterbank zu setzen.
Sie hätte gezittert wie ein Espenlaub, als er ihr die Füße und Hände festgebunden, und als er nunmehro ein alt garstig und köthigt Tuch, worin er den Tag Fische getragen, wie meine Magd gesehen, und worauf noch die hellen Schuppen bei Haufen gesessen, ihr umb ihre lieblichen Aeugeleins binden wöllen, wäre ichs gewahr worden und hätte mein seidin Halstuch abgelöset, bit¬ tende, er wölle dieses nehmen, welches er auch gethan. Hierauf wären ihr die Daumschrauben angeleget und sie nochmals im Guten befraget; doch sie hätte nur ihr blindes Haupt geschüttelt und mit ihrem sterbenden Hei¬ land geseufzet: Eli, Eli, lama sabachthani, und hierauf griechisch: thee mou ,thee mou, ina ti me egkatelipes. *) Darauf wäre Dn. Consul zurückgeprallet, und hätte ein Creuz geschlagen (denn dieweil er kein Griechisch ver¬ stunde, hätte er gegläubet, wie er nachgehends selbsten sagte, sie hätte den Teufel angerufen ihr zu helfen) und nunmehro mit lauter Stimmen dem Büttel zugeschrieen: schraubet!
ſolches beſchehen, wäre das leidige Vermahnen wieder losgangen, doch da mein Töchterlein wie ihr unſchuldi¬ ger Heiland für ſeinen ungerechten Richtern kein einzig Wörtlein Antwort geben, wäre Dn. Consul aufgeſtan¬ den und hätte dem langen Büttel Befehl gegeben ſie nunmehro auf die Marterbank zu ſetzen.
Sie hätte gezittert wie ein Espenlaub, als er ihr die Füße und Hände feſtgebunden, und als er nunmehro ein alt garſtig und köthigt Tuch, worin er den Tag Fiſche getragen, wie meine Magd geſehen, und worauf noch die hellen Schuppen bei Haufen geſeſſen, ihr umb ihre lieblichen Aeugeleins binden wöllen, wäre ichs gewahr worden und hätte mein ſeidin Halstuch abgelöſet, bit¬ tende, er wölle dieſes nehmen, welches er auch gethan. Hierauf wären ihr die Daumſchrauben angeleget und ſie nochmals im Guten befraget; doch ſie hätte nur ihr blindes Haupt geſchüttelt und mit ihrem ſterbenden Hei¬ land geſeufzet: Eli, Eli, lama ſabachthani, und hierauf griechiſch: ϑεέ μȣ ,ϑεέ μȣ, ἵνα τί με ἐγκατέλιπες. *) Darauf wäre Dn. Consul zurückgeprallet, und hätte ein Creuz geſchlagen (denn dieweil er kein Griechiſch ver¬ ſtunde, hätte er gegläubet, wie er nachgehends ſelbſten ſagte, ſie hätte den Teufel angerufen ihr zu helfen) und nunmehro mit lauter Stimmen dem Büttel zugeſchrieen: ſchraubet!
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0221"n="205"/>ſolches beſchehen, wäre das leidige Vermahnen wieder<lb/>
losgangen, doch da mein Töchterlein wie ihr unſchuldi¬<lb/>
ger Heiland für ſeinen ungerechten Richtern kein einzig<lb/>
Wörtlein Antwort geben, wäre <hirendition="#aq">Dn. Consul</hi> aufgeſtan¬<lb/>
den und hätte dem langen Büttel Befehl gegeben ſie<lb/>
nunmehro auf die Marterbank zu ſetzen.</p><lb/><p>Sie hätte gezittert wie ein Espenlaub, als er ihr<lb/>
die Füße und Hände feſtgebunden, und als er nunmehro<lb/>
ein alt garſtig und köthigt Tuch, worin er den Tag Fiſche<lb/>
getragen, wie meine Magd geſehen, und worauf noch<lb/>
die hellen Schuppen bei Haufen geſeſſen, ihr umb ihre<lb/>
lieblichen Aeugeleins binden wöllen, wäre ichs gewahr<lb/>
worden und hätte mein ſeidin Halstuch abgelöſet, bit¬<lb/>
tende, er wölle dieſes nehmen, welches er auch gethan.<lb/>
Hierauf wären ihr die Daumſchrauben angeleget und<lb/>ſie nochmals im Guten befraget; doch ſie hätte nur ihr<lb/>
blindes Haupt geſchüttelt und mit ihrem ſterbenden Hei¬<lb/>
land geſeufzet: Eli, Eli, lama ſabachthani, und hierauf<lb/>
griechiſch: ϑεέμȣ ,ϑεέμȣ, ἵνατίμεἐγκατέλιπες. <noteplace="foot"n="*)">Mein Gott, mein Gott, warum haſt du mich ver¬<lb/>
laſſen. Matth. 27, 46.</note><lb/>
Darauf wäre <hirendition="#aq">Dn. Consul</hi> zurückgeprallet, und hätte ein<lb/>
Creuz geſchlagen (denn dieweil er kein Griechiſch ver¬<lb/>ſtunde, hätte er gegläubet, wie er nachgehends ſelbſten<lb/>ſagte, ſie hätte den Teufel angerufen ihr zu helfen) und<lb/>
nunmehro mit lauter Stimmen dem Büttel zugeſchrieen:<lb/><hirendition="#g">ſchraubet</hi>!</p><lb/></div></body></text></TEI>
[205/0221]
ſolches beſchehen, wäre das leidige Vermahnen wieder
losgangen, doch da mein Töchterlein wie ihr unſchuldi¬
ger Heiland für ſeinen ungerechten Richtern kein einzig
Wörtlein Antwort geben, wäre Dn. Consul aufgeſtan¬
den und hätte dem langen Büttel Befehl gegeben ſie
nunmehro auf die Marterbank zu ſetzen.
Sie hätte gezittert wie ein Espenlaub, als er ihr
die Füße und Hände feſtgebunden, und als er nunmehro
ein alt garſtig und köthigt Tuch, worin er den Tag Fiſche
getragen, wie meine Magd geſehen, und worauf noch
die hellen Schuppen bei Haufen geſeſſen, ihr umb ihre
lieblichen Aeugeleins binden wöllen, wäre ichs gewahr
worden und hätte mein ſeidin Halstuch abgelöſet, bit¬
tende, er wölle dieſes nehmen, welches er auch gethan.
Hierauf wären ihr die Daumſchrauben angeleget und
ſie nochmals im Guten befraget; doch ſie hätte nur ihr
blindes Haupt geſchüttelt und mit ihrem ſterbenden Hei¬
land geſeufzet: Eli, Eli, lama ſabachthani, und hierauf
griechiſch: ϑεέ μȣ ,ϑεέ μȣ, ἵνα τί με ἐγκατέλιπες. *)
Darauf wäre Dn. Consul zurückgeprallet, und hätte ein
Creuz geſchlagen (denn dieweil er kein Griechiſch ver¬
ſtunde, hätte er gegläubet, wie er nachgehends ſelbſten
ſagte, ſie hätte den Teufel angerufen ihr zu helfen) und
nunmehro mit lauter Stimmen dem Büttel zugeſchrieen:
ſchraubet!
*) Mein Gott, mein Gott, warum haſt du mich ver¬
laſſen. Matth. 27, 46.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/221>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.