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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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sich annoch geruhsam verhielten, als wir fürüber gin¬
gen. Meldeten uns also wieder bei dem Jäger (sei¬
nen Namen habe ich niemals behalten mügen, dieweil
er ein Polacke war, doch war er ein anderer, als der
Kerl, welcher mein Töchterlein freien sollte, und den der
Amtshaubtmann wegkgejaget) welcher uns auch alsofort
in ein schön, groß Zimmer brachte, wohin mein Töch¬
terlein schon aus dem Gefängnüß abgehohlet war. Auch
hatte die Magd sie allbereits geputzet, und war sie so
schön als ein Engel anzusehen. Hatte die güldene Ket¬
tin mit dem Conterfett wieder umb ihren Hals item
den Kranz in ihren Haaren, und lächelte als wir hin¬
eintraten sagende: "ich bin bereit!" -- Hiefür entsatzte
sich aber Ehre Martinus und sprach: "ei du gottlos
Weibsbild, nun sage mir Niemand mehr von deiner Un¬
schuld! du willt zum Nachtmahl und nachgehends zum
Tode gehen, und stolzierest einher, als ein Weltkind, so
auf den Tanzboden trottiret?" Hierauf gab sie zur Ant¬
wort: verdenk Ers mir nicht Herr Päte, daß ich in dem¬
selbigen Putz, in welchem ich letzlich für den guten schwe¬
dischen König getreten, auch will für meinen guten himm¬
lischen König treten. Solches stärket mein schwaches
und verzagtes Fleisch, angesehen ich hoffe, daß der treue
Heiland mich auch so an sein Herz nehmen und mir sein
Conterfett umbhängen wird, wenn ich demüthig die Hände
zu ihm ausstrecke und ihm mein carmen aufsage, wel¬
ches lautet: "o Lamm Gottes unschuldig, am Stamm
des Kreuzes geschlachtet, gieb mir deinen Frieden o Jesu."

ſich annoch geruhſam verhielten, als wir fürüber gin¬
gen. Meldeten uns alſo wieder bei dem Jäger (ſei¬
nen Namen habe ich niemals behalten mügen, dieweil
er ein Polacke war, doch war er ein anderer, als der
Kerl, welcher mein Töchterlein freien ſollte, und den der
Amtshaubtmann wegkgejaget) welcher uns auch alſofort
in ein ſchön, groß Zimmer brachte, wohin mein Töch¬
terlein ſchon aus dem Gefängnüß abgehohlet war. Auch
hatte die Magd ſie allbereits geputzet, und war ſie ſo
ſchön als ein Engel anzuſehen. Hatte die güldene Ket¬
tin mit dem Conterfett wieder umb ihren Hals item
den Kranz in ihren Haaren, und lächelte als wir hin¬
eintraten ſagende: „ich bin bereit!“ — Hiefür entſatzte
ſich aber Ehre Martinus und ſprach: „ei du gottlos
Weibsbild, nun ſage mir Niemand mehr von deiner Un¬
ſchuld! du willt zum Nachtmahl und nachgehends zum
Tode gehen, und ſtolziereſt einher, als ein Weltkind, ſo
auf den Tanzboden trottiret?“ Hierauf gab ſie zur Ant¬
wort: verdenk Ers mir nicht Herr Päte, daß ich in dem¬
ſelbigen Putz, in welchem ich letzlich für den guten ſchwe¬
diſchen König getreten, auch will für meinen guten himm¬
liſchen König treten. Solches ſtärket mein ſchwaches
und verzagtes Fleiſch, angeſehen ich hoffe, daß der treue
Heiland mich auch ſo an ſein Herz nehmen und mir ſein
Conterfett umbhängen wird, wenn ich demüthig die Hände
zu ihm ausſtrecke und ihm mein carmen aufſage, wel¬
ches lautet: „o Lamm Gottes unſchuldig, am Stamm
des Kreuzes geſchlachtet, gieb mir deinen Frieden o Jeſu.“

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[237/0253] ſich annoch geruhſam verhielten, als wir fürüber gin¬ gen. Meldeten uns alſo wieder bei dem Jäger (ſei¬ nen Namen habe ich niemals behalten mügen, dieweil er ein Polacke war, doch war er ein anderer, als der Kerl, welcher mein Töchterlein freien ſollte, und den der Amtshaubtmann wegkgejaget) welcher uns auch alſofort in ein ſchön, groß Zimmer brachte, wohin mein Töch¬ terlein ſchon aus dem Gefängnüß abgehohlet war. Auch hatte die Magd ſie allbereits geputzet, und war ſie ſo ſchön als ein Engel anzuſehen. Hatte die güldene Ket¬ tin mit dem Conterfett wieder umb ihren Hals item den Kranz in ihren Haaren, und lächelte als wir hin¬ eintraten ſagende: „ich bin bereit!“ — Hiefür entſatzte ſich aber Ehre Martinus und ſprach: „ei du gottlos Weibsbild, nun ſage mir Niemand mehr von deiner Un¬ ſchuld! du willt zum Nachtmahl und nachgehends zum Tode gehen, und ſtolziereſt einher, als ein Weltkind, ſo auf den Tanzboden trottiret?“ Hierauf gab ſie zur Ant¬ wort: verdenk Ers mir nicht Herr Päte, daß ich in dem¬ ſelbigen Putz, in welchem ich letzlich für den guten ſchwe¬ diſchen König getreten, auch will für meinen guten himm¬ liſchen König treten. Solches ſtärket mein ſchwaches und verzagtes Fleiſch, angeſehen ich hoffe, daß der treue Heiland mich auch ſo an ſein Herz nehmen und mir ſein Conterfett umbhängen wird, wenn ich demüthig die Hände zu ihm ausſtrecke und ihm mein carmen aufſage, wel¬ ches lautet: „o Lamm Gottes unſchuldig, am Stamm des Kreuzes geſchlachtet, gieb mir deinen Frieden o Jeſu.“

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/253>, abgerufen am 24.11.2024.