Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.Abschied nehmen, was ich ihr aber wehrete und sprach: Solches hätte heute Morgen schon der Schäfer von Doch ehender ihr mein Töchterlein noch danken kunnte, *) Buch Ruth 1, v. 16.
Abſchied nehmen, was ich ihr aber wehrete und ſprach: Solches hätte heute Morgen ſchon der Schäfer von Doch ehender ihr mein Töchterlein noch danken kunnte, *) Buch Ruth 1, v. 16.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0256" n="240"/> Abſchied nehmen, was ich ihr aber wehrete und ſprach:<lb/> nicht alſo, du weißt was du mir verſprochen, wo du<lb/> hingeheſt, da will ich auch hingehen, wo du bleibeſt, da<lb/> bleibe ich auch, wo du ſtirbſt, da ſterbe ich auch<note place="foot" n="*)">Buch Ruth 1, v. 16.</note>,<lb/> ſo anders der Herr, wie ich hoffe, die brünſtigen Seuf¬<lb/> zer meiner armen Seelen erhöret. Darumb ließ ſie mich<lb/> fahren und umbhalſete nur die alte Magd und dankete<lb/> ihr für alles Gute, ſo ſie ihr von Jugend auf gethan,<lb/> und bate, daß ſie nicht mitgehen und ihr ihren Tod<lb/> durch ihr Geſchreie noch mehr verbittern wölle. Die<lb/> alte treue Perſon kunnte lange nicht für ihren Thrä¬<lb/> nen zu Worte kommen. Letzlich aber bat ſie mein arm<lb/> Töchterlein um Vergebung daß ſie ſelbige auch unwiſ¬<lb/> ſend angeklaget und ſagte, daß ſie ihr für ihr Lohn an<lb/> die 5 Ließpfund Flachs gekaufet, damit ſie bald von ih¬<lb/> rem Leben käm.</p><lb/> <p>Solches hätte heute Morgen ſchon der Schäfer von<lb/> Pudgla mit gen Coſerow genommen und ſölle ſie es<lb/> ſich recht dicht umb ihren Leib legen, dieweil ſie geſe¬<lb/> hen, daß die alte Schurnſche ſo in der Liepen gebrennet<lb/> wäre, viele Qual ausgeſtanden von wegen dem naßen<lb/> Holz ehebevor ſie zu Tode kommen.</p><lb/> <p>Doch ehender ihr mein Töchterlein noch danken kunnte,<lb/> begunnte das erſchröckliche Blutgeſchrei im Gerichtszim¬<lb/> mer: denn eine Stimme ſchriee ſo laut ſie konnte: „Zeter<lb/> über die vermaledeyete Hexe Maria Schweidlerin, daß<lb/> ſie von dem lebendigen Gotte abgefallen!“ und alles<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [240/0256]
Abſchied nehmen, was ich ihr aber wehrete und ſprach:
nicht alſo, du weißt was du mir verſprochen, wo du
hingeheſt, da will ich auch hingehen, wo du bleibeſt, da
bleibe ich auch, wo du ſtirbſt, da ſterbe ich auch *),
ſo anders der Herr, wie ich hoffe, die brünſtigen Seuf¬
zer meiner armen Seelen erhöret. Darumb ließ ſie mich
fahren und umbhalſete nur die alte Magd und dankete
ihr für alles Gute, ſo ſie ihr von Jugend auf gethan,
und bate, daß ſie nicht mitgehen und ihr ihren Tod
durch ihr Geſchreie noch mehr verbittern wölle. Die
alte treue Perſon kunnte lange nicht für ihren Thrä¬
nen zu Worte kommen. Letzlich aber bat ſie mein arm
Töchterlein um Vergebung daß ſie ſelbige auch unwiſ¬
ſend angeklaget und ſagte, daß ſie ihr für ihr Lohn an
die 5 Ließpfund Flachs gekaufet, damit ſie bald von ih¬
rem Leben käm.
Solches hätte heute Morgen ſchon der Schäfer von
Pudgla mit gen Coſerow genommen und ſölle ſie es
ſich recht dicht umb ihren Leib legen, dieweil ſie geſe¬
hen, daß die alte Schurnſche ſo in der Liepen gebrennet
wäre, viele Qual ausgeſtanden von wegen dem naßen
Holz ehebevor ſie zu Tode kommen.
Doch ehender ihr mein Töchterlein noch danken kunnte,
begunnte das erſchröckliche Blutgeſchrei im Gerichtszim¬
mer: denn eine Stimme ſchriee ſo laut ſie konnte: „Zeter
über die vermaledeyete Hexe Maria Schweidlerin, daß
ſie von dem lebendigen Gotte abgefallen!“ und alles
*) Buch Ruth 1, v. 16.
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