würde. Hierzwischen aber kam ein langer Blitzstrahl für uns in das Wasser niedergefahren, welchem ein Don¬ ner also plötzlich und greulich folgete daß die ganze Brücke erbebete, und den Amtshaubtmann sein Pferd (unsere Pferde wurden aber stille) einige Schritte zurückpral¬ lete, worauf es den Boden verlohr, und mit dem Amts¬ haubtmann kopfüber auf das große Mühlenrad hinunter schoß, daß sich ein ungeheuer Geschrei von allen Men¬ schen erhub, so hinter uns an der Brücken stunden. Und war eine Zeitlang vor dem weißen Schaum Nichtes zu sehen, bis den Amtshaubtmann seine Beine mit dem Rad in die Höhe kamen, und hierauf auch der Rumpf, aber der Kopf steckete zwischen den Schaufeln des Rades, und also lief er, erschröcklich anzusehen mit selbigem immer rundum. Seinem Schimmel aber fehlete nichts, sondern schwamm selbiger hinten im Mühlenteich. Als ich sol¬ ches sahe, ergriff ich die Hand meines Lämmeleins und rief: siehstu Maria unser Herr Gott lebet noch, und fähret annoch heute auf dem Cherub, und fliegt daher und schwebt auf den Fittigen des Windes und will un¬ sere Feinde zustoßen wie Staub vor dem Winde, und will sie wegräumen wie den Koth auf den Gassen *). Da schaue nieder was der allmächtige Gott gethan. Als sie hierauf ihre Augen seufzend gen Himmel erhub, hör¬ ten wir Dn. Consulem so laut hinter uns schreien, als er kunnte; da aber Niemand nicht für den grausamen Wetter und Tumult des Gewässers ihn verstunde, sprung
*) Psalm 18, 11. 43.
würde. Hierzwiſchen aber kam ein langer Blitzſtrahl für uns in das Waſſer niedergefahren, welchem ein Don¬ ner alſo plötzlich und greulich folgete daß die ganze Brücke erbebete, und den Amtshaubtmann ſein Pferd (unſere Pferde wurden aber ſtille) einige Schritte zurückpral¬ lete, worauf es den Boden verlohr, und mit dem Amts¬ haubtmann kopfüber auf das große Mühlenrad hinunter ſchoß, daß ſich ein ungeheuer Geſchrei von allen Men¬ ſchen erhub, ſo hinter uns an der Brücken ſtunden. Und war eine Zeitlang vor dem weißen Schaum Nichtes zu ſehen, bis den Amtshaubtmann ſeine Beine mit dem Rad in die Höhe kamen, und hierauf auch der Rumpf, aber der Kopf ſteckete zwiſchen den Schaufeln des Rades, und alſo lief er, erſchröcklich anzuſehen mit ſelbigem immer rundum. Seinem Schimmel aber fehlete nichts, ſondern ſchwamm ſelbiger hinten im Mühlenteich. Als ich ſol¬ ches ſahe, ergriff ich die Hand meines Lämmeleins und rief: ſiehſtu Maria unſer Herr Gott lebet noch, und fähret annoch heute auf dem Cherub, und fliegt daher und ſchwebt auf den Fittigen des Windes und will un¬ ſere Feinde zuſtoßen wie Staub vor dem Winde, und will ſie wegräumen wie den Koth auf den Gaſſen *). Da ſchaue nieder was der allmächtige Gott gethan. Als ſie hierauf ihre Augen ſeufzend gen Himmel erhub, hör¬ ten wir Dn. Consulem ſo laut hinter uns ſchreien, als er kunnte; da aber Niemand nicht für den grauſamen Wetter und Tumult des Gewäſſers ihn verſtunde, ſprung
*) Pſalm 18, 11. 43.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0270"n="254"/>
würde. Hierzwiſchen aber kam ein langer Blitzſtrahl<lb/>
für uns in das Waſſer niedergefahren, welchem ein Don¬<lb/>
ner alſo plötzlich und greulich folgete daß die ganze Brücke<lb/>
erbebete, und den Amtshaubtmann ſein Pferd (unſere<lb/>
Pferde wurden aber ſtille) einige Schritte zurückpral¬<lb/>
lete, worauf es den Boden verlohr, und mit dem Amts¬<lb/>
haubtmann kopfüber auf das große Mühlenrad hinunter<lb/>ſchoß, daß ſich ein ungeheuer Geſchrei von allen Men¬<lb/>ſchen erhub, ſo hinter uns an der Brücken ſtunden. Und<lb/>
war eine Zeitlang vor dem weißen Schaum Nichtes zu<lb/>ſehen, bis den Amtshaubtmann ſeine Beine mit dem Rad<lb/>
in die Höhe kamen, und hierauf auch der Rumpf, aber<lb/>
der Kopf ſteckete zwiſchen den Schaufeln des Rades, und<lb/>
alſo lief er, erſchröcklich anzuſehen mit ſelbigem immer<lb/>
rundum. Seinem Schimmel aber fehlete nichts, ſondern<lb/>ſchwamm ſelbiger hinten im Mühlenteich. Als ich ſol¬<lb/>
ches ſahe, ergriff ich die Hand meines Lämmeleins und<lb/>
rief: ſiehſtu Maria unſer Herr Gott lebet noch, und<lb/>
fähret annoch heute auf dem Cherub, und fliegt daher<lb/>
und ſchwebt auf den Fittigen des Windes und will un¬<lb/>ſere Feinde zuſtoßen wie Staub vor dem Winde, und<lb/>
will ſie wegräumen wie den Koth auf den Gaſſen <noteplace="foot"n="*)">Pſalm 18, 11. 43.</note>.<lb/>
Da ſchaue nieder was der allmächtige Gott gethan. Als<lb/>ſie hierauf ihre Augen ſeufzend gen Himmel erhub, hör¬<lb/>
ten wir <hirendition="#aq">Dn. Consulem</hi>ſo laut hinter uns ſchreien, als<lb/>
er kunnte; da aber Niemand nicht für den grauſamen<lb/>
Wetter und Tumult des Gewäſſers ihn verſtunde, ſprung<lb/></p></div></body></text></TEI>
[254/0270]
würde. Hierzwiſchen aber kam ein langer Blitzſtrahl
für uns in das Waſſer niedergefahren, welchem ein Don¬
ner alſo plötzlich und greulich folgete daß die ganze Brücke
erbebete, und den Amtshaubtmann ſein Pferd (unſere
Pferde wurden aber ſtille) einige Schritte zurückpral¬
lete, worauf es den Boden verlohr, und mit dem Amts¬
haubtmann kopfüber auf das große Mühlenrad hinunter
ſchoß, daß ſich ein ungeheuer Geſchrei von allen Men¬
ſchen erhub, ſo hinter uns an der Brücken ſtunden. Und
war eine Zeitlang vor dem weißen Schaum Nichtes zu
ſehen, bis den Amtshaubtmann ſeine Beine mit dem Rad
in die Höhe kamen, und hierauf auch der Rumpf, aber
der Kopf ſteckete zwiſchen den Schaufeln des Rades, und
alſo lief er, erſchröcklich anzuſehen mit ſelbigem immer
rundum. Seinem Schimmel aber fehlete nichts, ſondern
ſchwamm ſelbiger hinten im Mühlenteich. Als ich ſol¬
ches ſahe, ergriff ich die Hand meines Lämmeleins und
rief: ſiehſtu Maria unſer Herr Gott lebet noch, und
fähret annoch heute auf dem Cherub, und fliegt daher
und ſchwebt auf den Fittigen des Windes und will un¬
ſere Feinde zuſtoßen wie Staub vor dem Winde, und
will ſie wegräumen wie den Koth auf den Gaſſen *).
Da ſchaue nieder was der allmächtige Gott gethan. Als
ſie hierauf ihre Augen ſeufzend gen Himmel erhub, hör¬
ten wir Dn. Consulem ſo laut hinter uns ſchreien, als
er kunnte; da aber Niemand nicht für den grauſamen
Wetter und Tumult des Gewäſſers ihn verſtunde, ſprung
*) Pſalm 18, 11. 43.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/270>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.