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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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würde. Hierzwischen aber kam ein langer Blitzstrahl
für uns in das Wasser niedergefahren, welchem ein Don¬
ner also plötzlich und greulich folgete daß die ganze Brücke
erbebete, und den Amtshaubtmann sein Pferd (unsere
Pferde wurden aber stille) einige Schritte zurückpral¬
lete, worauf es den Boden verlohr, und mit dem Amts¬
haubtmann kopfüber auf das große Mühlenrad hinunter
schoß, daß sich ein ungeheuer Geschrei von allen Men¬
schen erhub, so hinter uns an der Brücken stunden. Und
war eine Zeitlang vor dem weißen Schaum Nichtes zu
sehen, bis den Amtshaubtmann seine Beine mit dem Rad
in die Höhe kamen, und hierauf auch der Rumpf, aber
der Kopf steckete zwischen den Schaufeln des Rades, und
also lief er, erschröcklich anzusehen mit selbigem immer
rundum. Seinem Schimmel aber fehlete nichts, sondern
schwamm selbiger hinten im Mühlenteich. Als ich sol¬
ches sahe, ergriff ich die Hand meines Lämmeleins und
rief: siehstu Maria unser Herr Gott lebet noch, und
fähret annoch heute auf dem Cherub, und fliegt daher
und schwebt auf den Fittigen des Windes und will un¬
sere Feinde zustoßen wie Staub vor dem Winde, und
will sie wegräumen wie den Koth auf den Gassen *).
Da schaue nieder was der allmächtige Gott gethan. Als
sie hierauf ihre Augen seufzend gen Himmel erhub, hör¬
ten wir Dn. Consulem so laut hinter uns schreien, als
er kunnte; da aber Niemand nicht für den grausamen
Wetter und Tumult des Gewässers ihn verstunde, sprung

*) Psalm 18, 11. 43.

würde. Hierzwiſchen aber kam ein langer Blitzſtrahl
für uns in das Waſſer niedergefahren, welchem ein Don¬
ner alſo plötzlich und greulich folgete daß die ganze Brücke
erbebete, und den Amtshaubtmann ſein Pferd (unſere
Pferde wurden aber ſtille) einige Schritte zurückpral¬
lete, worauf es den Boden verlohr, und mit dem Amts¬
haubtmann kopfüber auf das große Mühlenrad hinunter
ſchoß, daß ſich ein ungeheuer Geſchrei von allen Men¬
ſchen erhub, ſo hinter uns an der Brücken ſtunden. Und
war eine Zeitlang vor dem weißen Schaum Nichtes zu
ſehen, bis den Amtshaubtmann ſeine Beine mit dem Rad
in die Höhe kamen, und hierauf auch der Rumpf, aber
der Kopf ſteckete zwiſchen den Schaufeln des Rades, und
alſo lief er, erſchröcklich anzuſehen mit ſelbigem immer
rundum. Seinem Schimmel aber fehlete nichts, ſondern
ſchwamm ſelbiger hinten im Mühlenteich. Als ich ſol¬
ches ſahe, ergriff ich die Hand meines Lämmeleins und
rief: ſiehſtu Maria unſer Herr Gott lebet noch, und
fähret annoch heute auf dem Cherub, und fliegt daher
und ſchwebt auf den Fittigen des Windes und will un¬
ſere Feinde zuſtoßen wie Staub vor dem Winde, und
will ſie wegräumen wie den Koth auf den Gaſſen *).
Da ſchaue nieder was der allmächtige Gott gethan. Als
ſie hierauf ihre Augen ſeufzend gen Himmel erhub, hör¬
ten wir Dn. Consulem ſo laut hinter uns ſchreien, als
er kunnte; da aber Niemand nicht für den grauſamen
Wetter und Tumult des Gewäſſers ihn verſtunde, ſprung

*) Pſalm 18, 11. 43.
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[254/0270] würde. Hierzwiſchen aber kam ein langer Blitzſtrahl für uns in das Waſſer niedergefahren, welchem ein Don¬ ner alſo plötzlich und greulich folgete daß die ganze Brücke erbebete, und den Amtshaubtmann ſein Pferd (unſere Pferde wurden aber ſtille) einige Schritte zurückpral¬ lete, worauf es den Boden verlohr, und mit dem Amts¬ haubtmann kopfüber auf das große Mühlenrad hinunter ſchoß, daß ſich ein ungeheuer Geſchrei von allen Men¬ ſchen erhub, ſo hinter uns an der Brücken ſtunden. Und war eine Zeitlang vor dem weißen Schaum Nichtes zu ſehen, bis den Amtshaubtmann ſeine Beine mit dem Rad in die Höhe kamen, und hierauf auch der Rumpf, aber der Kopf ſteckete zwiſchen den Schaufeln des Rades, und alſo lief er, erſchröcklich anzuſehen mit ſelbigem immer rundum. Seinem Schimmel aber fehlete nichts, ſondern ſchwamm ſelbiger hinten im Mühlenteich. Als ich ſol¬ ches ſahe, ergriff ich die Hand meines Lämmeleins und rief: ſiehſtu Maria unſer Herr Gott lebet noch, und fähret annoch heute auf dem Cherub, und fliegt daher und ſchwebt auf den Fittigen des Windes und will un¬ ſere Feinde zuſtoßen wie Staub vor dem Winde, und will ſie wegräumen wie den Koth auf den Gaſſen *). Da ſchaue nieder was der allmächtige Gott gethan. Als ſie hierauf ihre Augen ſeufzend gen Himmel erhub, hör¬ ten wir Dn. Consulem ſo laut hinter uns ſchreien, als er kunnte; da aber Niemand nicht für den grauſamen Wetter und Tumult des Gewäſſers ihn verſtunde, ſprung *) Pſalm 18, 11. 43.

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/270>, abgerufen am 24.11.2024.