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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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terlein?" worauf sie mir zur Antwort gäbe: "ich esse
Vater." was mir erst recht die Thränen herfürtrieb, so
daß ich anfing sie zu loben, daß sie die arme Seele spei¬
ßen wöllt, da sie es nicht ihren armen Leib künnte. Hatte
aber noch nit viel gesprochen, als sie aufschriee, daß ich
das große Wunderwerk doch betrachten söllte, so sich aus
der Sehe herfürthät, und allbereits über der Höhlen her¬
einbrach. Denn siehe, eine Wolke, ganz wie ein Kreuz
geformiret, kam über uns und ließ dicke schwere Tropfen
bei einer guten Erbsen groß und drüber auf uns nie¬
derfallen, worauf sie alsbald hinter das Gehäge sank.

Alle Bürger dieses Landes *) leben nur von einem Brod. -- Hungrig stets und stets gesättigt, trübt ihr Sehnen keine
Noth,

Fühlen nie der Sattheit Ekel, auch die Qual des Hun¬
gers nie,

Athmend essen sie beständig, ha und essend athmen sie!
Ewig blüht die Rosenknospe hier im ew'gen Frühling auch
Weiß die Lilie, roth der Krokus, duftend träuft der Bal¬
samstrauch,

Grün die Wiesen, grün die Saaten, und von Honig rinnt
der Bach.

Das Aroma süßer Blumen haucht und duftet tausendfach.
Blühnde Wälder tragen Aepfel, deren Stengel nimmer
bricht.

Und nicht Sonne, Mond noch Sterne wechseln dorten
mehr ihr Licht.

Denn ihr Licht, das nimmer schwindet, ist des Lammes
Angesicht.
*) Es war von den Engeln und Seelen der Heiligen die Rede.
2 *

terlein?“ worauf ſie mir zur Antwort gäbe: „ich eſſe
Vater.“ was mir erſt recht die Thränen herfürtrieb, ſo
daß ich anfing ſie zu loben, daß ſie die arme Seele ſpei¬
ßen wöllt, da ſie es nicht ihren armen Leib künnte. Hatte
aber noch nit viel geſprochen, als ſie aufſchriee, daß ich
das große Wunderwerk doch betrachten ſöllte, ſo ſich aus
der Sehe herfürthät, und allbereits über der Höhlen her¬
einbrach. Denn ſiehe, eine Wolke, ganz wie ein Kreuz
geformiret, kam über uns und ließ dicke ſchwere Tropfen
bei einer guten Erbſen groß und drüber auf uns nie¬
derfallen, worauf ſie alsbald hinter das Gehäge ſank.

Alle Bürger dieſes Landes *) leben nur von einem Brod. — Hungrig ſtets und ſtets geſättigt, trübt ihr Sehnen keine
Noth,

Fühlen nie der Sattheit Ekel, auch die Qual des Hun¬
gers nie,

Athmend eſſen ſie beſtändig, ha und eſſend athmen ſie!
Ewig blüht die Roſenknospe hier im ew'gen Frühling auch
Weiß die Lilie, roth der Krokus, duftend träuft der Bal¬
ſamſtrauch,

Grün die Wieſen, grün die Saaten, und von Honig rinnt
der Bach.

Das Aroma ſüßer Blumen haucht und duftet tauſendfach.
Blühnde Wälder tragen Aepfel, deren Stengel nimmer
bricht.

Und nicht Sonne, Mond noch Sterne wechſeln dorten
mehr ihr Licht.

Denn ihr Licht, das nimmer ſchwindet, iſt des Lammes
Angeſicht.
*) Es war von den Engeln und Seelen der Heiligen die Rede.
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[19/0035] terlein?“ worauf ſie mir zur Antwort gäbe: „ich eſſe Vater.“ was mir erſt recht die Thränen herfürtrieb, ſo daß ich anfing ſie zu loben, daß ſie die arme Seele ſpei¬ ßen wöllt, da ſie es nicht ihren armen Leib künnte. Hatte aber noch nit viel geſprochen, als ſie aufſchriee, daß ich das große Wunderwerk doch betrachten ſöllte, ſo ſich aus der Sehe herfürthät, und allbereits über der Höhlen her¬ einbrach. Denn ſiehe, eine Wolke, ganz wie ein Kreuz geformiret, kam über uns und ließ dicke ſchwere Tropfen bei einer guten Erbſen groß und drüber auf uns nie¬ derfallen, worauf ſie alsbald hinter das Gehäge ſank. **) **) Alle Bürger dieſes Landes *) leben nur von einem Brod. — Hungrig ſtets und ſtets geſättigt, trübt ihr Sehnen keine Noth, Fühlen nie der Sattheit Ekel, auch die Qual des Hun¬ gers nie, Athmend eſſen ſie beſtändig, ha und eſſend athmen ſie! Ewig blüht die Roſenknospe hier im ew'gen Frühling auch Weiß die Lilie, roth der Krokus, duftend träuft der Bal¬ ſamſtrauch, Grün die Wieſen, grün die Saaten, und von Honig rinnt der Bach. Das Aroma ſüßer Blumen haucht und duftet tauſendfach. Blühnde Wälder tragen Aepfel, deren Stengel nimmer bricht. Und nicht Sonne, Mond noch Sterne wechſeln dorten mehr ihr Licht. Denn ihr Licht, das nimmer ſchwindet, iſt des Lammes Angeſicht. *) Es war von den Engeln und Seelen der Heiligen die Rede. 2 *

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/35>, abgerufen am 21.11.2024.