das Papier. Denn da die Fenster mit Brettern ver¬ spundet waren, ware das Zimmer tunkel und nur ein wenig Licht kam durch zwei kleine Scheiblein Glas, so ich aus der Kirchen gebrochen, und hineingesetzet. Sol¬ liches mochte wohl die Ursache sein, daß ich mich nit besser fürsah. Da ich aber kein neues Stücklein Papier mehr auftreiben kunnte, ließ ich es passiren, und befahle der Magd, so ich mit dem Brieflein gen Pudgla sandte, solliches bei Sr. Gestrengen, dem Herrn Ambtshaubtmann zu entschuldigen, welches sie auch zu thun versprach; an¬ gesehen ich selbsten kein Wörtlein mehr auf dem Pa¬ pier beisetzen kunnte, dieweil alles beschrieben war. Sie¬ geln thät ich es, wie vorbemeldet.
Allein die arme Person kehrete zitternd für Angst und weinend zurücke, und sprach: Seine Gestrengen hätte sie mit dem Fuß aus der Schloßpforten gestoßen und gedräuet, sie in den Ganten *) setzen zu lassen, so sie wiederumb vor ihn käme. Ob der Pfaffe gläube, daß ihm das Geld so loose säß, wie mir die Tinte, hätte ja Wasser genug das Abendmahl zu halten. Denn hätte Gottes Sohn einmal das Wasser in Wein gewandelt, könnt er's auch öftermalen. Hätt' ich keinen Kelch sollt ich meine Schaaf aus einem Eimer tränken, wie er's auch thät, und was solcher Gotteslästerungen mehr wa¬ ren, so er mir nachgehends auch selbsten schriebe, und wovor ich mich, wie leicht abzunehmen, auf das erschröck¬
*) Schandpfahl.
das Papier. Denn da die Fenſter mit Brettern ver¬ ſpundet waren, ware das Zimmer tunkel und nur ein wenig Licht kam durch zwei kleine Scheiblein Glas, ſo ich aus der Kirchen gebrochen, und hineingeſetzet. Sol¬ liches mochte wohl die Urſache ſein, daß ich mich nit beſſer fürſah. Da ich aber kein neues Stücklein Papier mehr auftreiben kunnte, ließ ich es paſſiren, und befahle der Magd, ſo ich mit dem Brieflein gen Pudgla ſandte, ſolliches bei Sr. Geſtrengen, dem Herrn Ambtshaubtmann zu entſchuldigen, welches ſie auch zu thun verſprach; an¬ geſehen ich ſelbſten kein Wörtlein mehr auf dem Pa¬ pier beiſetzen kunnte, dieweil alles beſchrieben war. Sie¬ geln thät ich es, wie vorbemeldet.
Allein die arme Perſon kehrete zitternd für Angſt und weinend zurücke, und ſprach: Seine Geſtrengen hätte ſie mit dem Fuß aus der Schloßpforten geſtoßen und gedräuet, ſie in den Ganten *) ſetzen zu laſſen, ſo ſie wiederumb vor ihn käme. Ob der Pfaffe gläube, daß ihm das Geld ſo looſe ſäß, wie mir die Tinte, hätte ja Waſſer genug das Abendmahl zu halten. Denn hätte Gottes Sohn einmal das Waſſer in Wein gewandelt, könnt er’s auch öftermalen. Hätt’ ich keinen Kelch ſollt ich meine Schaaf aus einem Eimer tränken, wie er’s auch thät, und was ſolcher Gottesläſterungen mehr wa¬ ren, ſo er mir nachgehends auch ſelbſten ſchriebe, und wovor ich mich, wie leicht abzunehmen, auf das erſchröck¬
*) Schandpfahl.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0047"n="31"/>
das Papier. Denn da die Fenſter mit Brettern ver¬<lb/>ſpundet waren, ware das Zimmer tunkel und nur ein<lb/>
wenig Licht kam durch zwei kleine Scheiblein Glas, ſo<lb/>
ich aus der Kirchen gebrochen, und hineingeſetzet. Sol¬<lb/>
liches mochte wohl die Urſache ſein, daß ich mich nit<lb/>
beſſer fürſah. Da ich aber kein neues Stücklein Papier<lb/>
mehr auftreiben kunnte, ließ ich es paſſiren, und befahle<lb/>
der Magd, ſo ich mit dem Brieflein gen Pudgla ſandte,<lb/>ſolliches bei Sr. Geſtrengen, dem Herrn Ambtshaubtmann<lb/>
zu entſchuldigen, welches ſie auch zu thun verſprach; an¬<lb/>
geſehen ich ſelbſten kein Wörtlein mehr auf dem Pa¬<lb/>
pier beiſetzen kunnte, dieweil alles beſchrieben war. Sie¬<lb/>
geln thät ich es, wie vorbemeldet.</p><lb/><p>Allein die arme Perſon kehrete zitternd für Angſt<lb/>
und weinend zurücke, und ſprach: Seine Geſtrengen hätte<lb/>ſie mit dem Fuß aus der Schloßpforten geſtoßen und<lb/>
gedräuet, ſie in den Ganten <noteplace="foot"n="*)">Schandpfahl.</note>ſetzen zu laſſen, ſo ſie<lb/>
wiederumb vor ihn käme. Ob der Pfaffe gläube, daß<lb/>
ihm das Geld ſo looſe ſäß, wie mir die Tinte, hätte<lb/>
ja Waſſer genug das Abendmahl zu halten. Denn hätte<lb/>
Gottes Sohn einmal das Waſſer in Wein gewandelt,<lb/>
könnt er’s auch öftermalen. Hätt’ ich keinen Kelch ſollt<lb/>
ich meine Schaaf aus einem <hirendition="#g">Eimer</hi> tränken, wie er’s<lb/>
auch thät, und was ſolcher Gottesläſterungen mehr wa¬<lb/>
ren, ſo er mir nachgehends auch ſelbſten ſchriebe, und<lb/>
wovor ich mich, wie leicht abzunehmen, auf das erſchröck¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[31/0047]
das Papier. Denn da die Fenſter mit Brettern ver¬
ſpundet waren, ware das Zimmer tunkel und nur ein
wenig Licht kam durch zwei kleine Scheiblein Glas, ſo
ich aus der Kirchen gebrochen, und hineingeſetzet. Sol¬
liches mochte wohl die Urſache ſein, daß ich mich nit
beſſer fürſah. Da ich aber kein neues Stücklein Papier
mehr auftreiben kunnte, ließ ich es paſſiren, und befahle
der Magd, ſo ich mit dem Brieflein gen Pudgla ſandte,
ſolliches bei Sr. Geſtrengen, dem Herrn Ambtshaubtmann
zu entſchuldigen, welches ſie auch zu thun verſprach; an¬
geſehen ich ſelbſten kein Wörtlein mehr auf dem Pa¬
pier beiſetzen kunnte, dieweil alles beſchrieben war. Sie¬
geln thät ich es, wie vorbemeldet.
Allein die arme Perſon kehrete zitternd für Angſt
und weinend zurücke, und ſprach: Seine Geſtrengen hätte
ſie mit dem Fuß aus der Schloßpforten geſtoßen und
gedräuet, ſie in den Ganten *) ſetzen zu laſſen, ſo ſie
wiederumb vor ihn käme. Ob der Pfaffe gläube, daß
ihm das Geld ſo looſe ſäß, wie mir die Tinte, hätte
ja Waſſer genug das Abendmahl zu halten. Denn hätte
Gottes Sohn einmal das Waſſer in Wein gewandelt,
könnt er’s auch öftermalen. Hätt’ ich keinen Kelch ſollt
ich meine Schaaf aus einem Eimer tränken, wie er’s
auch thät, und was ſolcher Gottesläſterungen mehr wa¬
ren, ſo er mir nachgehends auch ſelbſten ſchriebe, und
wovor ich mich, wie leicht abzunehmen, auf das erſchröck¬
*) Schandpfahl.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/47>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.