Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.in ihrem späteren Leben begeisterte Anhänger des Militarismus Nur wahrhafte Blindheit für alle sozialen Zusammenhänge Unsinn auf Unsinn wird mit Tiefsinn vorgetragen: Da das Weib durch und durch Sexualität ist, kenne es in ihrem späteren Leben begeisterte Anhänger des Militarismus Nur wahrhafte Blindheit für alle sozialen Zusammenhänge Unsinn auf Unsinn wird mit Tiefsinn vorgetragen: Da das Weib durch und durch Sexualität ist, kenne es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0035" n="29"/> in ihrem späteren Leben begeisterte Anhänger des Militarismus<lb/> »bleiben« werden.<lb/></p> <p>Nur wahrhafte Blindheit für alle sozialen Zusammenhänge<lb/> konnte auch die unglaublich naive Frage stellen,<lb/> warum denn beim Weibe die Brautnacht eine so viel<lb/> größere Rolle spiele als beim Manne der erste geschlechtliche<lb/> Akt. Dio mio! Es soll ein Beweis der absoluten, alles andere<lb/> ausschließenden Sexualität von »W« sein, daß die Brautnacht<lb/> der Frau – ihre Defloration durch den Einzigen,<lb/> dem sie voraussichtlich angehören wird, mit dem sich ihr<lb/> ganzes Schicksal eng verbindet, – daß diese Nacht, die ein<lb/> aufwühlendes physisches und psychisches Erlebnis bringt,<lb/> nachdem schon der vorangegangene Tag ihr eine ganz<lb/> neue soziale Stellung, eine Umwälzung ihrer wirtschaftlichen<lb/> Existenz bezeichnete, – der Frau mehr bedeutet, als dem<lb/> Manne der Fall in die Arme der ersten Dirne, mit der ihn<lb/> eine Stunde später keine noch so flüchtige Beziehung mehr<lb/> verbindet! Und trotzdem wird auch dieses Erlebnis von<lb/> feinfühligeren Männern als aufwühlendes, aufregendes und<lb/> lange nachwirkendes Geschehnis empfunden, – weil eben<lb/> physiologische Veränderungen jeden Organismus auch<lb/> psychisch erschüttern.<lb/></p> <p>Unsinn auf Unsinn wird mit Tiefsinn vorgetragen:<lb/><hi rendition="#g">nur</hi> beim Weibe sei die Sexualität »diffus« ausgebreitet<lb/> über den ganzen Körper, jede Berührung an welcher Stelle<lb/> immer errege sie sexuell. Ist das nicht gerade umgekehrt<lb/><hi rendition="#g">beim Manne</hi> der Fall – und die Möglichkeit, sexuell erregt<lb/> zu werden, bei »M« nichts weniger als »streng lokalisiert?!«<lb/></p> <p>Da das Weib durch und durch Sexualität ist, kenne es<lb/> natürlich überhaupt keine andern Begriffe; ja es könne überhaupt<lb/> keinen Begriff bewußt erfassen, <hi rendition="#g">es fehle ihm die<lb/> Bewußtheit</hi>, es könne nur in verschwommenen Vorstellungen,<lb/> »in Heniden« denken – daher sei ihm selbst<lb/> ein »intellegibles Ich« abzusprechen, – eine Seele! »Darum«<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0035]
in ihrem späteren Leben begeisterte Anhänger des Militarismus
»bleiben« werden.
Nur wahrhafte Blindheit für alle sozialen Zusammenhänge
konnte auch die unglaublich naive Frage stellen,
warum denn beim Weibe die Brautnacht eine so viel
größere Rolle spiele als beim Manne der erste geschlechtliche
Akt. Dio mio! Es soll ein Beweis der absoluten, alles andere
ausschließenden Sexualität von »W« sein, daß die Brautnacht
der Frau – ihre Defloration durch den Einzigen,
dem sie voraussichtlich angehören wird, mit dem sich ihr
ganzes Schicksal eng verbindet, – daß diese Nacht, die ein
aufwühlendes physisches und psychisches Erlebnis bringt,
nachdem schon der vorangegangene Tag ihr eine ganz
neue soziale Stellung, eine Umwälzung ihrer wirtschaftlichen
Existenz bezeichnete, – der Frau mehr bedeutet, als dem
Manne der Fall in die Arme der ersten Dirne, mit der ihn
eine Stunde später keine noch so flüchtige Beziehung mehr
verbindet! Und trotzdem wird auch dieses Erlebnis von
feinfühligeren Männern als aufwühlendes, aufregendes und
lange nachwirkendes Geschehnis empfunden, – weil eben
physiologische Veränderungen jeden Organismus auch
psychisch erschüttern.
Unsinn auf Unsinn wird mit Tiefsinn vorgetragen:
nur beim Weibe sei die Sexualität »diffus« ausgebreitet
über den ganzen Körper, jede Berührung an welcher Stelle
immer errege sie sexuell. Ist das nicht gerade umgekehrt
beim Manne der Fall – und die Möglichkeit, sexuell erregt
zu werden, bei »M« nichts weniger als »streng lokalisiert?!«
Da das Weib durch und durch Sexualität ist, kenne es
natürlich überhaupt keine andern Begriffe; ja es könne überhaupt
keinen Begriff bewußt erfassen, es fehle ihm die
Bewußtheit, es könne nur in verschwommenen Vorstellungen,
»in Heniden« denken – daher sei ihm selbst
ein »intellegibles Ich« abzusprechen, – eine Seele! »Darum«
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML.
(2012-11-06T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
Austrian Literature Online: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-06T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |